Die meisten Menschen sind gefühlskalt und verhalten sich nihilistisch.

  • Hier eine Sache, die mir wieder aufzeigt, wie nihilistisch meine Welt im Kern ist:


    Fühle mich irgendwie traurig. Bei mir in der Behindertenwerkstatt für psychisch Kranke hatten wir eine Mitarbeiterin, die sich sehr für uns engagiert hatte. Sie sprengte den Ordnungsrahmen, den die anderen Mitarbeiter sich auferlegt hatten. Sie spendete viel aus ihrem privaten Budget, also kaufte immer mal Kaffee, Essen und so, und griff uns auch bei Bedarf finanziell unter die Arme. Sie hielt auch mit uns privaten Kontakt über Whatsapp und telefonisch. Das ist eigentlich in unserer Werkstatt verboten. Irgendwie passte das Ganze den anderen Mitarbeitern nicht, und so wurden ihr falsche Vorwürfe gemacht, sie würde nicht ordentlich arbeiten, hätte Sachen kaputt gemacht und so. Letzten Endes wurde sie aus der Werkstatt gemobbt. Uns als Klienten wurde verschwiegen, dass ihr gekündigt wurde. Jetzt ist sie beurlaubt und ihr Arbeitsvertrag läuft offiziell am Ende des Jahres aus. Sie darf offiziell keinen Kontakt mit uns aufnehmen, da sie sonst ihren Gehaltsanspruch verliert. Und sie hat auch Angst, wie ihr Arbeitszeugnis ausfallen wird. Immerhin muss sie sich damit ja bei einer neuen Stelle bewerben. Sie ist emotional sehr sensibel, ich habe Angst, dass sie an der Sache innerlich zerbrechen könnte.


    Ich frage mich nun, wie es überhaupt zu diesem Ereignis kommen konnte. Versuche mich in die Psyche ihrer Mitarbeiter einzudenken. Es ist schwierig. Ich verstehe nicht richtig, warum jemand wie sie so gemobbt wurde. Denke mir dazu aber folgendes:


    Ich nehme mal an, dass ihre Art und Weise mit uns Klienten umzugehen bei den anderen Mitarbeitern Angst verursacht hat. Wahrscheinlich haben sie so etwas wie eine strukturelle Ordnung in ihren Köpfen, eine Schablone, oder ein festes Schema im Umgang mit uns, bei dem sie denken, dass es helfen würde, 'chaotische' Zustände zu vermeiden. Einen geordneten Rahmen aufrecht zu erhalten. Sie haben wahrscheinlich Angst, uns auf menschlicher Ebene zu begegnen. Weil sie hierarchisch denken. Für sie sind wir wahrscheinlich ähnlich wie Vieh in einem Stall. Also z.B. wie Kühe oder so. Die werden gefüttert und gemolken. Aber es wird versucht, keine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen. Aus Angst, es könnte irgend etwas vorfallen, dass dann zu stark negativ emotional auf die Mitarbeiter einwirkt.


    Meine Welt ist steril und kalt. Oberflächlich, ohne Tiefe, billig und von Angst vor einer Raserei auf der Autobahn des Lebens beherrscht, die unweigerlich irgendwann an einer Mauer enden wird. Ich will aussteigen, auf die Mauer klettern, mich hinsetzen und die Beine lässig von ihr herunterbaumeln lassen..

    Der Tod ist ein liebevoller Meister.

  • Hallo Hugo


    Ich wollte sagen das ich dich gelesen habe.

    Und kann erahnen was diese Situation in dir ausgelöst haben muss.


    Leider ist meine Sicht etwas anderes auf die Situation und ich hoffe das du es mir nicht allzu übel nimmst das ich dir schreibe was ich denke.


    Natürlich ist es menschlich total toll wenn jemand so etwas tut also Geld geben / ausleihen privat Kontakt halten und so weiter.

    Ich denke aber auch das Distanz wahren ein sehr wichtiger Faktor in der Arbeit als Betreuer ist.


    Wenn sie immer sehr viel privat finanziert hat sogar Geld ausgeliehen hat hat sie dann nicht auch irgendwie Abhängigkeiten aufgebaut?


    Ich denke auch es wird seine Gründe haben warum der private Kontakt zwischen Betreuer und Betreuten verboten ist.

    Also ich würde auch keinen privaten Kontakt zu meiner Therapeutin wollen.


    Für mich ist auch ihre Motivation hinter dem ganzen auffällig, natürlich könnte es sein das sie ein herzensguter Mensch ist, der das mit der vorgeschrieben Distanz nicht ernst nimmt. Aber ich habe schon oft erlebt das es auch ganz andere Gründe gibt warum Menschen so sind. Altruistisch oder ein Helfersyndrom könnten auch dahinter stehen.


    Wo ich aber sehr dagegen bin ist die ganze Lage wie damit umgegangen wurde. Das war menschlich nicht in Ordnung. Mobbing zeigt nicht gerade einen guten Umgang im Team, man hätte diese Dinge auch direkt ansprechen können und Lösungen erarbeiten können. Es ist für mich kein erwachsenes Verhalten wie damit umgegangen wurde.


    Es ist für mich ein schwieriges Thema ich denke nicht das emotionale Bindung nicht erlaubt ist in so einem Kontext. Aber wenn eine sehr tiefe Beziehung da ist um so weniger kann man eine neutrale Einschätzung von Situationen haben.

    Ich denke das ist ähnlich wie wenn man verliebt ist da sieht man teilweise auch nicht klar. Und wenn da eine tiefe Freundschaft da ist sieht man vielleicht auch über Dinge hinweg die man besser hätte ansprechen sollen.



    Ich glaube dir das du dir Sorgen machst das die daran zerbrechen könnte, da ist ja auch wahrscheinlich sehr viel Beziehung entstanden.

    Wie geht es dir im Moment mit der Situation hat sich den etwas Neues ergeben?

  • Hallo Sternenkind


    sorry dass ich erst jetzt - nach über zwei Jahren - antworte. Ich möchte mal schreiben, wie sich die Situation für die Mitarbeiterin weiter entwickelte. Einfach, um Dir nicht eine Antwort schuldig zu bleiben.


    Die Mitarbeiterin ist nach ihrer Kündigung in Depression gestürzt. Zum Glück konnte sie sich dank guter Unterstützung ihres Familien und Freundeskreises wieder aus ihrem psychischen Loch kommen. Sie konnte danach wieder in einer anderen Behindertenwerkstatt Fuß fassen.


    Ich habe immer noch guten Kontakt zu ihr. Manchmal treffen wir uns auf nen Kaffee.

    Der Tod ist ein liebevoller Meister.

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