Täterfreundliche Gesellschaft/ einfach Wut rauslassen.

  • Ich weiß gar nicht, wo ich ansetzen soll, aber ich muss hier einfach mal meine Gedanken rauslassen. Mein Kopf fühlt sich so an, als müsse er bald platzen. Ich empfinde unsere Gesellschaft und vor allem die Justiz derart täterfreundlich, dass ich es kaum noch aushalten kann. Mittlerweile kann ich nicht mehr differenzieren, ob ich mich einfach in den falschen Kreisen bewege, oder ob die Mehrheit der Gesellschaft tatsächlich so tickt.

    Durch die Universität habe ich viele Menschen kennengelernt, die sich viel mit gesellschaftskritischen Themen beschäftigen und das mache ich ja auch..aber eher auf eine andere Art und Weise oder aus einer anderen Perspektive. Viele meiner "Freunde" kennen die negativen Seiten des Lebens nur aus irgendwelchen soziologischen Theorien und sind im realen Kontakt wenig einfühlsam. Sie denken schon danach, wie man die Gesellschaft verbessern könnte, aber urteilen derart von oben herab über Menschen, die Probleme haben, die sie sich nicht mal vorstellen können. Vieles ist auch von einer Doppelmoral geprägt, die mich einfach fertig macht.

    Eine Freundin von mir weiß, dass ich Missbrauchserfahrungen gemacht habe und regt sich vor mir ständig über Triggerwarnungen für Missbrauchsopfer auf. Mir ist natürlich klar, dass man Triggern nicht überall aus dem Weg gehen kann/sollte, aber ihre Worte waren "dann hat das Missbrauchsopfer halt Pech und darf nicht mehr rausgehen“. Gleichzeitig philosophiert sie jedoch vor mir darüber, wie man Sexualstraftätern besser helfen kann und dass diese es ja sicherlich (per se) sehr schwer in ihrer Kindheit hatten und dann auch nicht wirklich etwas dafür könnten.

    Alleine dieser Punkt ist für mich schwer erträglich, allerdings stört mich diese Doppelmoral so sehr. Für Opfer wenig Verständnis und kaum ein Stück Rücksichtnahme aber so stark darüber nachdenken, wie man Tätern helfen soll und ob diese überhaupt etwas für ihre Taten könnten?

    Ganz beliebt ist neuerdings auch die Debatte, ob Gefängnisse noch zeitgemäß sind und ob man Straftäter überhaupt bestrafen solle oder ob allein die Resozialisierung im Vordergrund stehen sollte. Viele aus meinem Bekanntenkreis sind sich einig: Gefängnisstrafen abschaffen. Wie das Opfer sich auf der anderen Seite fühlt kann dabei nicht beachtet werden, weil ein Urteil nicht emotional sein darf. Daran ist natürlich nicht alles falsch aber man kann in einem Rechtsstaat die Bedürfnisse der Opfer nicht einfach ignorieren, auf jeden Fall nicht, wenn man Selbstjustiz verhindern oder in einer friedlichen Gesellschaft leben möchte.

    Mir fällt sowas ständig in der Gesellschaft auf..Straftaten werden verharmlost, entschuldigt durch eine schwere Kindheit des Täters. Mit der Aussage "das ist keine Entschuldigung sondern nur eine Erklärung". Der Täter wird nachher dennoch so behandelt, als sei die Tat entschuldigt.

    Ich hatte es auch auch schwer aber trotzdem greife ich keine anderen Menschen an.

    Was aber strikt verurteilt wird, ist Selbstjustiz. Ich bin auch nicht für Selbstjustiz aber kann sie in einem System verstehen, das Tätern eine riesige Bühne und den Opfern kaum Schutz, Hilfe oder gar Genugtuung (in einem gesunden Rahmen) bietet. Selbstjustiz ist dann plötzlich primitiv und gehört hart bestraft aber der Konsum von Kindesmissbrauchsdarstellungen oder gar Missbrauch nicht? So hört es sich für mich oft an..

    In den Medien wird ellenlang von der schlimmen Vergangenheit des Täters berichtet und das Opfer mit nur einem Nebensatz erwähnt. Man bietet ihnen in Dokumentationen auf YouTube eine Bühne, auf der sie sich möglichst positiv darstellen können und werden dann in den Kommentaren teilweise als „Helden“ gelobt, weil sie sich so mutig präsentieren. Täter, die ihre bzw. die Geschichte ihrer Opfer vermarkten und dann schwafeln, dass sie sich ja geändert haben und dann damit noch Geld verdienen wollen..und alle hören gespannt zu, weil sie katastrophengeil sind.

    Ich weiß nicht, ob meine Wahrnehmung mich täuscht aber ich habe mittlerweile so eine Wut in mir, dass ich körperliche Schmerzen bekomme. Ich bin so enttäuscht von meinen "Freunden“ weil sie derart empathielos in meinen Augen sind. Wir haben uns zu Beginn des Studium so gut verstanden und ich habe ihnen so vertraut. Bis ich mehr und mehr ihre Haltungen mitbekommen habe. Ich bin tot traurig und weiß momentan einfach nicht wohin in dieser Welt..ich habe in meinem Umfeld aber auch niemanden mit dem ich darüber sprechen kann, weil man mich dann als übermotionalen, irrationalen Menschen abstempelt, den man eh als Betroffene nicht ernst kann.

    Ich habe solche Angst, dass mir in Zukunft wieder etwas passieren könnte und ich dann von niemandem Unterstützung bekomme. Von der Justiz ja schon gar nicht aber auch nicht von meinem Umfeld..ich habe mich innerlich von vielen schon distanziert. Seitdem geht es mir etwas besser weil ich nicht ständig mit solchen Äußerungen konfrontiert bin, aber bin auch sehr alleine.

  • Enemy, ich stimme dir zu 100% zu.

    Es ist schon ein Kreuz mit unserer Polizei und Justiz. Wenn du mal mit dem Hinterreifen auf dem Bordstein parkst, wirst du mit der vollen Härte des Gesetzes bestraft, aber wenn du Hilfe von der Staatsmacht brauchst, ist sie nicht da. Unlängst habe ich die Polizei angefordert, wegen einer Schlägerei in meinem Zug, sie haben mit Sirene 20 Minuten gebraucht, obwohl die Wache nur 500m entfernt war. Der Schläger schlug wahllos auf mehrere Frauen ein und verletzte sich selbst beim Aussteigen. Ihm wird, wenn überhaupt, eine milde Strafe drohen, weil er ja besoffen war.


    Es ist eine Schande. Ich hatte auch eine schwere Kindheit, aber trotzdem vergehe ich mich nicht an anderen.


    Einmal wurde ich zu Unrecht beschuldigt, jemand hängte mir aus verletzter Eitelkeit einfach eine Körperverletzung an. Ich hatte die größten Probleme, die Schuld von mir abzuwenden.

    Mit den richtigen Anwälten kann man sich scheibar alles erlauben. Gut, die Anwälte tun auch nur ihren Job, aber das Problem scheint eher in unserer Gesellschaft zu liegen, dem Rechtsstaat, dem Sozialstaat.

    Ich würde mir für einige Verbrechen drakonischere Strafen wünschen, aber Pranger und körperliche Züchtigung wurden bei uns als barbarisch abgetan. Die einzige Möglichkeit, einem Täter Schmerzen zuzufügen ist heutzutage nur noch im Rahmen der Notwehr zulässig, d.h. wenn ein Angriff unmittelbar bevorsteht oder gerade stattfindet. Und das muss man dem Gericht dann auch erstmal glaubhaft beweisen, vor Allem unter dem Aspekt, daß der Täter jetzt plötzlich als Opfer dasteht.

    Aber es liegt wie gesagt an unserer Gesellschaft, hatte früher ein Lehrer seinem ungezogenen Schüler einfach eine gescheuert, so müsste er heute seinen Hut nehmen, wenn er das täte. Und das ist in allen Bereichen unserer Kultur so.

    Mit dem Elend habe ich mich abgefunden,
    es ist die Hoffnung, die mich fertig macht.

  • Wie kann es sein das jemand mit 6 Vorstrafen wegen Kindesmisshandlung das 7. Mal wegen Kindesmisshandlung vor Gericht steht?


    Bei der Evaluation der Verjährung von Kindesmisshandlung keine Betroffenen dabei sind?


    Wie es Jahrelang auf dem Campingplatz passieren konnte? Trotz diverser Hinweise?


    Ich das noch Stunden fortsetzen könnte?

    "Freundschaft bedeutet wenig wenn diese nur bequem ist!"

  • Wie kann es sein das jemand mit 6 Vorstrafen wegen Kindesmisshandlung das 7. Mal wegen Kindesmisshandlung vor Gericht steht?

    ...Ich weiß nicht, ob das hier als rhetorische Frage gestellt ist oder ob du darauf eine wirkliche Antwort willst...


    Soweit wie ich es nämlich begreife, hat das, glaube ich, etwas damit zu tun wie das Strafrecht in der BRD in dem Punkt beschaffen ist, und wie in früheren Tagen die Rechtsprechung der Gerichte gewesen ist.

    Da war, meines Eindrucks nach, folgende vereinfachte Darstellung Konsens: Kind = 1/2 Erwachsener = 1/2 Strafe = "nicht so schlimm wie wenn an einem Erwachsenen ausgeübt" ----> (daraus folgt) die recht geringe Strafe im Vergleich zum angerichteten Schaden.


    Richter können zum Teil auch nicht anders entscheiden, weil das Recht nur solche dementsprechenden Strafrahmen vorsieht (Gesetze kann man im Netz ja schließich selbst nachlesen).


    Und, etwas, was ich dem auch noch hinzufügen würde: So was wie "Sicherungsverwahrung" und dergleichen... so lang wie es das schon gibt und im Gesetz verankert ist... Es ist, schlichtweg, nur vorgesehen bei "großen" Verbrechen. Bei Sexualstraftaten, Mord, sexuellen Perversionen, die großen menschlichen Schaden anrichten, Terrorismus, wiederholten Straftaten mit politischem Hintergrund (insofern die großen materiellen oder menschlichen Schaden angerichtet haben).

    Man sperrt nicht die Wiederholungstäter in die Forensik weg, die es einfach nur nicht schaffen, "sauber" zu bleiben. Man sperrt nicht die weg, die schon zum 10ten Mal jemandem auf die Fresse gehauen haben (insofern dabei keine Waffe und keine illegalen Gegenstände zum Einsatz kamen).

    Nicht die Kleinkriminellen, die immer wieder irgendwas "kleines" machen, was vor Gericht landet (obwohl man eine gewisse Delinquenz dann durchaus nahe legen könnte und dass aus einer psychischen Störung heraus immer wieder Delikte begangen werden).

    "Wiederholung" allein sieht der Gesetzgeber nicht als Grund an, die Allgemeinheit vor jemandem schützen zu müssen (so lang dabei nicht um eirgendwelch Kapitaldelikte dabei sind). - Obwohl es in bestimt nicht wenigen Fällen öfter auch "affig" ist. (Ein Kleptomane, der schon mehrmals erwischt wurde, hat offensichtlich auch ein behandlungsbedürftiges mentales Problem, ohne dass er immer wieder stehlen wird.)


    Und... was ich finde, was auch so ist: Man sperrt keine Täter ein, die augenscheinlich in die Gesellschaft integriert sind.

    Das macht man nur mit so komischen Käuzen und Alleingängern, wo man nicht den Eindruck hat, ihrer Denk- und Funktionsweise folgen zu können. Die auch, wegen der mangelnden Integration, so gesehen werden, als dass sie keine positiven Faktoren aufweisen, die sie voraussichtlich von der Begehung neuer Delikte abhalten werden. (Völlig egal, ob eine Familie z. B. nur noch Schein ist oder ob sie intern eigentlich nur dysfunktional läuft. Es wird nur auf das "Haben" geschaut.)

    Hinzu kommen die bekannten Komponenten Vitamin B, Seilschafen, Bekanntschaften in den richtigen Berufen und Positionen, die alle mithelfen "ehrbare Bürger" aus dem Gefängnis fernzuhalten, auch wenn sie dort dahingehören würden...


    ...Was ich aus dem "eigenen Funfus" hier auch noch anfügen würde - allgemein beim vielbesagten Thema "Täterschutz" (auch wenn das einige recht verstimmen könnte, weil illusion-nehmend): Wenn du in die Kerbe der "größeren" Delikte schlägst, egal, ob du schon was gemacht hast, oder es bisher noch "nur" die Ambition im Raum steht - dann ist es mit dem Täterschutz auch vorbei. Körperverletzung ohne Waffen und sonstige Werkzeuge (z. B. Auto), sexuelle Belästigung oder Nötigung - kannst du 100 Mal begehen, verhält man sich lang nicht so alarmiert wie wenn 1 Mal etwas größeres im Raum steht, wo es um eine unbekannt Anzahl an potentiellen Opfern geht.

    Stehen große Delikte im Raum, gerade wenn sie irgendwas bedienen, was in den Medien stets starke Aufmerksamkeit erregt, wird gern "draufgeschlagen". - Wie als wenn man etwas nachholen müsste.

    Ganz besonders bei der Fülle von Gewaltdelikten oder Straftaten mit poltischem Unterton/Hintergund, deren Arten erst in den letzten 20 Jahren entstanden bzw. zum Thema geworden sind.


    Noch mehr macht es auch ein Unterschied, wenn der Täter noch ein intaktes Gewissen hat oder wenn er aller Dreistigkeit freien Lauf lässt und auf jedes erdenkliche Recht pocht, was er gesetzlich verbrieft hat.


    Um es da evtl. kurz zu fassen: Die Dreisten landen im mildesten Vollzug und kriegen die mildesten Strafen. Nicht die, die echte Reue erkennen lassen und sich einen Kopf darum machen, was sie angerichet haben oder anrichten wollten.

    Eher sind diese sogar noch "in den Arsch gekniffen", weil diese über ihre Seite der Dinge mit niemandem reden können (weil ja vemeintlich "böse") - den Dreisten werden hingegen immer wieder Therapieangebote gemacht, die auf Jahre nichts bringen, weil sie gut zu täuschen wissen.

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