Erfahrungen mit dem 2. Arbeitsmarkt

  • Hallo ihr,

    ich mache eine Maßnahme vom Arbeitsamt, die mich vor der Behindertenwerkstatt bewahren soll, aber ich finde entweder nichts Passendes oder werde wegen meiner Verhaltensstörungen gefeuert (wie auch heute). Natürlich arbeite ich hart an mir, aber wohl nicht hart genug. Mein Traum ist es (ungelogen), beim vollständigen Scheitern der Maßnahme in der WfbM unterzukommen, weil ich unbedingt arbeiten will und auch arbeitsfähig bin, nur das Soziale ist nicht mein Ding. Ich habe gegoogelt, dass man auch aus einer WfbM rausfliegen kann, wenn die Werkstattfähigkeit nicht mehr gegeben ist. Und davor habe ich Angst. Ist diese Angst so unrealistisch, wie ich sie einschätze? Oder kann man auch zu "gestört" für eine Behindertenwerkstatt sein?

    Arbeitet/hat jemand von euch mal in einer solchen Einrichtung gearbeitet? Gibt es auch Tätigkeiten, die den Rücken nicht zu stark belasten? Und kann man dort auch hin, wenn man einen Grad der Behinderung unter 50% hat?

    Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht...

  • Hallo Meteora,


    also zu dem ganzen erfahrungsmäßigen Zeug kann ich leider nichts sagen, aber ich denke auf jeden Fall, dass deine Angst so unrealistisch ist, wie du sie einschätzt. Dazu ein paar meiner Gedanken:


    1. Du hast geschrieben, dass du arbeitsfähig bist, aber meiner Meinung nach viel wichtiger, dass du arbeiten WILLST. Es ist doch klar, dass man in der WfbM nicht so hohe Erwartungen haben kann, wie bei anderen Firmen und das meine ich überhaupt nicht diskriminierend. Aber Fakt ist, dass Personen, die dort arbeiten, physisch oder psychisch nicht so viel abliefern können, wie vielleicht andere. Ist das schlimm? Nein. Es zählt doch viel mehr, dass man überhaupt etwas macht.


    2. Du hast erkannt, dass das Soziale nicht dein Ding ist, die WfbM aber vielleicht genau das Richtige sein könnte. Ich kann mir kaum vorstellen, dass du dann gefeuert werden solltest, wenn ein paar mal etwas schief läuft, schließlich sind Fehler absolut menschlich. Erst recht, wenn der Arbeitgeber weiß, mit was man zu kämpfen hat.


    3. Wenn man immer wieder gefeuert wird, obwohl man an sich arbeitet, entsteht schnell das Gefühl, dass das, was man macht, eben nicht genug ist. Auch das ist ein absolut typischer Gedankengang, der allerdings nicht immer richtig ist, ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass er in den wenigsten Fällen richtig ist. Das klingt jetzt etwas dumm, aber man kann eben nicht mehr geben, als man geben kann. Und von dem, was du berichtest, wie du schreibst, schließe ich folgendes: Du arbeitest verdammt hart an dir. Trotz ständiger Rückschläge gibst du nicht auf, hast ein gewisses Ziel vor Augen und kämpfst dafür. Was sollst du denn noch mehr machen?

    Ich weiß nicht, ob das jetzt unbedingt so hilfreich war, aber na ja. Mich beeindruckt auf jeden Fall dein Wille, den ich ganz klar aus deiner Nachricht erkennen kann.

  • Ich habe in solch einer Einrichtung gearbeitet, aber auf der anderen Seite. Also in der Betreuung.


    Das ist natürlich sehr komplex dieses Thema, aber man kann auch zu gestört für die Werkstatt sein. Ich habe jetzt nicht auf dem Schirm was genau Deine Problematik ist und danach richtet sich auch ein bisschen, ob ein Rausfliegen realistisch ist.

    Es gibt ja meist verschiedene Bereiche in einer Werkstatt. Zum Beispiel Montage, teilweise auch Kreativbereiche, Wäscherei, Gastronomie.. das ist vielfältig und kommt auf die jeweilige Werkstatt an, welche Bereiche sie anbietet.


    Ein Beispiel für zu krank für die Werkstatt wäre zum Beispiel, wenn Du mehr fehlst, als dass Du da bist und sich das auf längere Sicht nicht in den Griff kriegen lässt.

    Gibt natürlich noch viele andere Gründe.

    Demnach ist es realistisch und besonders in dem Bereich, in dem ich gearbeitet habe, hatten wir viele Klienten, die einfach noch nicht wieder in der Lage waren regelmäßig einer Arbeit und auch in der Stundenform nachzugehen.

    Und dann wurden die Maßnahmen auch immer wieder mal unterbrochen und nach ein paar Monaten wurde es erneut versucht.


    Bevor Du richtig in der Werkstatt untergebracht bist, musst Du normalerweise durch den Berufsbildungsbereich und dort wird dann erstmal über ca. 18 Monate durchschnittlich geschaut, wo Du eigentlich hingehörst.

    Also auf den ersten oder zweiten Arbeitsmarkt. Direkt in die Werkstatt oder vielleicht in eine Außenstelle in einem Unternehmen, aber trotzdem eben zweiter Arbeitsmarkt, weil unter der Schirmherrschaft der Werkstatt.

    Die Möglichkeiten sind da vielfältig, aber vielleicht auch von Werkstatt zu Werkstatt unterschiedlich.


    Wenn Du aber diesesn Berufsbildungsbereich absolviert hast und das Ergebnis ist, dass Du dauerhaft in der Werkstatt unterkommen willst, dann läuft das normal auch. So leicht fliegt es sich da jetzt auch nicht raus.

    Der Tod ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. (Goethe)

  • Mit häufigen Fehlzeiten wird es kein Problem geben, ich werde als sehr zuverlässig bezeichnet. Ich bin eher der Typ, der krank zur Arbeit kommen würde. Was ich habe, sind soziale Schwierigkeiten (Blickkontakt nicht lang halten können, ungewollte Unhöflichkeit) und Verhaltensstörungen (mir rutscht manchmal raus, dass ich dumm bin). Ich kann viel arbeiten, man muss mich eher an die Pause erinnern. Ich bin vom Tempo sogar zu schnell für viele. Aber meine Störungen haben auf dem ersten Arbeitsmarkt immer schwerer gewogen als die Stärken. Deshalb mache ich mir Sorgen, dass es auch auf dem zweiten so weitergeht.

    Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht...

  • Meteora wie äußert sich denn ungewollte Unhöflichkeit?

    Fehlender Blickkontakt wird sicher kein Problem sein.

    Probleme sind, wenn Klienten sich nicht an Absprachen halten bspw. bei der Bedienung von Geräten und Arbeitsabläufen, Pöbeleien und Beschimpfungen oder sogar Gewalt werden nicht toleriert.


    Aber sowas ist mir auch in der ganzen Zeit nicht begegnet. Eher mal, dass Klienten gegenseitig sich nicht so grün waren und man dann auch mal eingreifen musste, weil Einer den Anderen disste mit Worten, aber auf eher harmlosen Niveau, was aber den Anderen vielleicht trotzdem verletzte.


    Für mich klingt das eher so, als könntest Du da für Dich einen Schutzraum finden, wo Du arbeiten kannst und keine Angst vor Jobverlust oder Diskriminierung aufgrund Deiner Auffälligkeiten haben musst. Alle dort haben eine psychische Erkrankung und ihre persönlichen Auffälligkeiten und Einschränkungen!

    Der Tod ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. (Goethe)

  • Man sagt mir immer, dass ich manchmal "patzig" reagiere oder "trotzig". Ich habe wohl unabsichtlich den falschen Tonfall. Ich gebe mir immer große Mühe, normal zu wirken und gut zu arbeiten, aber spätestens am 2. Tag merkt jeder, dass ich anders bin. Danke für deine Erfahrungen! Ich freue mich jetzt auf den 2. Arbeitsmarkt (falls es auf dem ersten nichts für mich gibt).

    Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht...

  • Kann eine WfbM einen zur Therapie zwingen? In meinem Maßnahmenvertrag ist das so vorgeschrieben (ich muss alles der Gesundheit Förderliche tun). Ich fände es furchtbar stressig, mein Leben lang Therapie machen zu müssen. Ich weiß, es ist gut gemeint, aber ich will es einfach nicht.

    Hoffen wider alle Hoffnung, glauben, dass es dennoch weitergeht...

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