Ruhig ist es in den letzten Jahren geworden. Nur ein zwischenzeitliches Tief, oder notwendige Gesundschrumpfung? Wie empfindet Ihr es selbst? Was hat sich für Euch persönlich geändert?
Gibt es noch eine echte Szene?
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Ich merke es hier in meiner Stamm Diskothek mehr als deutlich. Gerade Gothic ist oft eine Modeerscheinung geprägt durch Kommerziellen Quatsch. Übrig geblieben sind die, die sich wirklich damit auseinandersetzen, sich Gedanken machen und zu dem Schluss kommen das es einfach zu einem passt, aber das sind wirklich nur eine handvoll Leute. Ich muss aber auch sagen das mich das nicht weiter stört, ich verbringe lieber Zeit mit 2 - 3 Leuten die tatsächlich Ahnung haben als mit 20 Leuten wo nur heiße Luft bei rum kommt.
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*ausgräbt & ausmottet*
Hallo! Den folgenden Text habe ich 2006 verfasst und es ist seitdem nicht besser geworden, meiner Information nach. Mittlerweile schäme ich mich oft fremd, wen ich in Galerien der schwarzen Megaevents stöbere, allen voran das WGT, das mich irgendwie an "Ballermann in schwarz" erinnert. Vielleicht werde ich auch einfach nur alt. Schon im alten Rom haben die alten Säcke über die jungen Hüpfer abgestunken und den Untergang vorausgesagt, was im Falle Rom so falsch auch nicht war. Ähnliches findet sich bei den alten Griechen und es wird einen Grund haben, warum es das höchste Vergnügen der ZEN-Meister war, ihre Schüler gnadenlos zu foppen. Wie auch immer, hier erstmal der Text:
Zitat von Moonlight
es könnte an meinem fortschreitenden altern liegen, daß es mir aktuell fast
peinlich ist, was sich in der sogenannten szene abspielt. folglich ist
es mir ebenso unangenehm, mich vorbehaltlos dieser szene zuzuordnen,
denn es fühlt sich keineswegs stimmig an. sicherlich könnte es auch an
meiner allgemein sich manifestierenden rückzugstendenz im sozialbereich
liegen, daß es mich nicht mehr hinzieht, in die mitte meiner
seelenverwandten, wie ich es in früheren zeiten empfand und auch
benannte. erstmalig stellt sich mir die frage, was es eigentlich ist,
das mich noch hält in einem lebensbereich, der sich immer mehr dadurch
auszuzeichnen scheint, daß psychische defekte in erheblichen ausmaßen,
zur tagesordnung gehören? generell ist ein anstieg der psychotischen
erkrankungen in der gesellschaft zu beobachten. nichtsdestotrotz
scheint sich dieser anteil im bereich der schwarzen szene regelrecht zu
ballen. persönlich finde ich es beängstigend, daß zum beispiel
selbstverletzendes verhalten, bereits zu einer art künstlerischer
ausdrucksform avanciert. in diversen magazinen und im i-net stehenden
galerien, werden kunstwerke zu dieser thematik vorgestellt, von denen
ich mir nicht sicher bin, ob sie diesen namen überhaupt verdienen.
gothic scheint in erster linie die kultivierung der verschiedenen
formen von dekadentem sein zu beinhalten. erkrankt am überfluss,
übersättigt des lebens, wird nach immer neuen und extremeren
ausdrucksformen gestrebt, wobei morbidität nicht selten missverstanden
wird, im sinne der hedonistisch verbrämten dekadenz.sicherlich ist es ein hang zu schweren gedanken, zum düsteren und morbiden,
welcher die geister verbindet. allein die umsetzung bereitet mir
kopfzerbrechen. womöglich ist der hype den die szene erlebte, in
unmittelbarem kontext zum allgemeinzustand der gesellschaft zu sehen.
die zeiten werden schwieriger, die menschen nachdenklicher und
vermutlich auch ernüchtert. allerdings habe ich eher den eindruck, daß
auch in diesem falle der trend dahin geht, daß fluchtwege gesucht
werden, vor eben dieser schwere und ernüchterung. also wird aus der not
eine tugend, und das elend im inneren selbst, mutiert zur
extrovertierten selbstdarstellung. was will man auch anderes erwarten
in einem system, in dem von kindesbeinen an gelehrt wird, daß es, um
das leben zu meistern, von höchster wichtigkeit wäre, seine haut
gekonnt zu markte zu tragen? eine welt, in der allein der gewinnen
kann, der die gabe der selbstdarstellung perfekt beherrscht. der
schluss liegt nahe, daß ein degenerierter eigenhass-narzissmus, sei er
auch noch so aufgesetzt, als geeignetes mittel angesehen wird, um eine
verzweiflung und hoffnungslosigkeit zu übertünchen, die in einem auf
reine funktion und leistung ausgerichteten alltag fast zwangsläufig
entsteht.alles scheint dem kommerzialisierten zeitgeist
unterworfen. und im falle der gothic-szene, bezieht sich diese
kommerzialisierung auf blut, trauer, tod und tränen. ein bisschen
grusel, horror, bdsm und mystik werden als weitere, würzende
ingredienzien beigemengt, um so als homogener marketingbrei problemlos
verfüttert werden zu können. bin das noch ich; schwarz? ist es das;
schwarz?
Ich haderte also bereits 2006 damit herum. Heute, über ein Jahrzehnt später, renne ich zwar noch immer bevorzugt in Düsterklamotten durch die Gegend, mag die Dinge, die ich früher mochte zum Großteil noch immer, kann aber mit der Szene nicht mehr groß etwas anfangen. Das ganze Getue und die schrillen Attitüden sind mir mittlerweile zu grell und laut und irgendwie vollkommen fremd geworden.Gruß!
Moon -
Schöner Text, @Moonlight!
Mir geht es mit der Metalszene ganz ähnlich. Kommerzialisierung wohin man nur schaut. Allerdings ist der Underground noch ziemlich lebendig und gesund. Wenn ich mir aber Festivals wie Wacken anschaue, frage ich mich was das noch mit der Subkultur Metal zu tun haben soll.
Auf jeden Fall fand ich es mal schön, über den Tellerrand hinaus, eine mir weitestgehend fremde Szene durchleuchtet zu bekommen.
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Allerdings ist der Underground noch ziemlich lebendig und gesund.
Ich kann das im Falle der Gothicszene gar nicht mehr beurteilen, dazu bin ich schon zu lange raus. Mich haben diese mAn unguten Tendenzen, sich quasi über die eigene psychische Zerstörtheit zu definieren und diese dann plakativ darzustellen und abzufeiern, irgendwann so abgestoßen, dass ich Abstand nahm. Mich zog es eher dahin, zu schauen, wo es eine gesunde Art von "Tiefsinn" (eines der früheren Schlagworte, wider der bunten Oberflächlichkeit) noch zu finden gäbe. Ich landete dann in der Natur und ziemlich weit weg von den Menschen.Aber diese "Ich bin soooo psycho Attitüde", die ging bis in den tiefsten Unterground der Gothic-Szene. Eigentlich war der Terminus Gothic schon eine Art Untergang des früheren New Wave, als wir noch zu U2, Sisters of Mercy, Cure u. ä. herumzappelten.
ZitatAuf jeden Fall fand ich es mal schön, über den Tellerrand hinaus, eine mir weitestgehend fremde Szene durchleuchtet zu bekommen.
Ach watt, ich bin auch nur ne alternde Haarsprayblinse und keinesfalls repräsentativ.Gruß!
Moon -
Die Gothicszene wird wirklich eher eine Modeerscheinung. Die Leute sind all dressed by EMP, extrem abgehoben und haben großenteils keine Ahnung wo das herkommt was sie da so anpreisen. Ich find es schade, dass es keine Jugendszenen im Stil des klassischen Dark Waves der 80er mehr gibt.. Daher fühl ich mich seit einiger Zeit im Power Electronics Bereich relativ wohl, die Ursprungsform des Industrials: Noise. Und das ganze ohne bunte Kabelknicklichthampelmänner die zu schräger Musik abdancen (Ja, ich rede von den "Cybergoths"). Es handelt sich dabei um ein musikalisches Jargon das in der Produktion ganz anders verläuft, man experimentiert mit Geräuschen und Frequenzen statt klassisch eben Melodieen und Rhythmiken zu komponieren. Und es ist jetzt wieder ziemlich am aufkommen, bereits im Untergrund sind so viele Künstler zu finden.. Da empfehle ich jedem Interessierten mal Grunt, Clinic Of Torture, Nicole 12, Gulaggh und Weena Morloch. Aber Achtung.. Alle können Trigger enthalten.
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Zitat
alles scheint dem kommerzialisierten zeitgeist
unterworfen. und im falle der gothic-szene, bezieht sich diese
kommerzialisierung auf blut, trauer, tod und tränen. ein bisschen
grusel, horror, bdsm und mystik werden als weitere, würzende
ingredienzien beigemengt, um so als homogener marketingbrei problemlos
verfüttert werden zu können. bin das noch ich; schwarz? ist es das;
schwarz?ich renne weder in schwarzen klamotten rum, noch würde ich mich der gothic szene zugehörig einstufen. ich fühle mich lediglich einigen/mehreren aspekten sehr verbunden. aber irgendwie habe ich wohl den weg vom new wave in die gothic szene nie gefunden, als wenn mir da einfach ein teil fehlt, ich ausgeknockt war oder so.
früher wusste ich nicht, dass diese aspekte dann in der gothic-szene anzutreffen sind, bis mir das wer mal sagte. darauf hin habe ich mich etwas schlau machen wollen und auf was ich traf war das was moonlight schreibt, allerdings war das schon vor mehr als 10 jahren.
ich hatte das gefühl, dass da sowas wie ein wettbewerb herrscht. hauptsache man verletzt sich selbst oder ist suizidgefährdet (selbst wenn man nur davon redet, wie toll das wäre *augenroll, aber eigentlich diese sehnsucht gar nicth wirklich kennt) ich habe menschen getroffen, die dachten, dass satan ihr gott wäre, ohne überhaupt zu wissen, was ein gott ist und geschweige denn wer lucifer ist. hauptsache man kann so tun als ob tieropfer und blut etwas cooles wären.
und ich habe menschen getroffen, die denken dass schwarze klamotten tragen sie schon zu gothics macht.iwie konnte ich damit nichts anfangen und habe mich wieder abgewandt.. den underground habe ich also nie kennengelernt
damals hatte ich nicht das gefühl von kommerz, mehr von show und gefake, dieses "ach was sind wir so cool, wenn wir nur ganz düster tun"
ausserdem zieht mich dieses permanente "null bock auf leben"getue runter.
ZitatMich haben diese mAn unguten Tendenzen, sich quasi über die eigene psychische Zerstörtheit zu definieren und diese dann plakativ darzustellen und abzufeiern
sehr gut formuliert, treffender hätte ich es nicht können...
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Aber es gibt doch noch diese "Oldschool-Musik" im Sinne von Joy Divsion, Psychedelic Furs, Minimal Electronics oder Coldwave.
So z.B. Kalean Mikla, Brandenburg, Pleasure Symbols, Selofan, Lebanon Hanover (sind in ihrem Metier relativ bekannt), Void Vision, Hante etc...Man muss nur lange genug suchen, dann findet man auch das Passende.
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Für alle aus der Gothic Szene,
es gibt einen Block, von einem Gothic der selbst die Szene von damals und Heute,
dokumentiert und vergleicht.
Dieser Block heißt SPONTIS und ist eine wahre Fundgrube.Facetten der Gothic-Szene | Spontis
LG Lestat
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was heißt den eigentlich Szene?
das waren doch Ansammlungen von anderen,
die sich in erster Linie von der aktuellen öffentlichen Gesellschafft distanzierten,
sich ihren Bereich schufen auch zum Ausdruck brachten sich nicht anpassen zu wollen.als ich das erste mal mit den Kids in so ein Gof- oder Gothic-Treffen rutschte- ich hab davon nicht die kleinste Ahnung von-
da kamen schon Sprüche wie, "na Papa, hast dich wohl verlaufen". Dabei wollte ich mit den Kids nur ein bissel Spaß auf einem öffentl. Fest haben.
Aber wir sahen schon irgendwie anders aus, gegen über Klientel was da feierte...
heute jedoch ist alles bunter, gemischter,
man könnte befürchten dass es mal so endet wie bei der Luve-Parade,
sie begann im kleinen Rahmen und endete in der Katastrophe.
Solang die in Berlin war, war ich immer dabei, allerdings nicht als Teilnehmer, ehr zur Sicherheit....und als hier das erste Ritterfest stattfand, auch schon 10 Jahre her,
es war gediegen und nicht überlaufen...
heute, da stürmen Massen auf die Märkte und so kommerziell,
dass das ursprüngliche mich am Sinn zweifeln lässt....buddl1, die Zeit läuft schneller ab, je älter man auch wird. … damals als man die Nase rümpfte, als man in der Gruft bei Goethe und Schiller, eine Kerze entündete
und man sofort einen Totenkopf hinzudichtete.... dabei wollten sie nur anders sein.... -
*etwas Staub vom Thread pustet* Hier mal ein kleiner Text zu dem Thema, den ich sehr interessant fand: https://www.spontis.de/schwarz…ne-ahnung-was-gothic-ist/
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Zum Glück lösen sich diese Szenen mittlerweile recht auf. Dadurch kann mehr Individualität entstehen und die Intoleranz zwischen den verschiedenen Gruppen reduzieren sich. Ein echtes Verbundenheitsgefühl existiert eh nichtmehr, weil fast jeder sich präsentieren will und fast ausschließlich an sich selbst denkt. Schade finde ich nur, dass es die Emoszene nichtmehr gibt. Ich habe mich nie dieser Szene anhörig gefühlt und bzgl. der öffentlichen Wahrnehmung von Borderline haben sie auch viel Negatives gemacht/geprägt, aber vom Grundgedanken wäre es die einzige Gruppierung, der ich mich noch verbunden fühlen könnte trotz extrem anderen Auftreten meinerseits. Die "schwarze Szene" ist eben leider von zuvielen Selbstdarstellern geprägt und teilweise gibt es auch zuviel Machogehabe.
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Die "schwarze Szene" ist eben leider von zuvielen Selbstdarstellern geprägt und teilweise gibt es auch zuviel Machogehabe.
Stimmt, das war schon während der 90er so, als ich auch äußerlich "dazuzählte". Während der 0er nahm das gefühlt zu. Ich will nicht wirklich was gegen Cybers sagen, jeder, wie er mag, aber deren Aufkommen fühlte sich für die "Älteren" halt bizarr an. Ich hab den Eindruck, dass die ursprüngliche Schwarze Szene totkommerzialisiert wurde. Plötzlich wurde Techno als Schwarz verkauft, es ergaben sich entsprechende Strukturen und die Alten verschwanden. Dass inzwischen fast keiner mehr da ist, liegt mE daran, dass der um sich greifende Neoliberalismus die Gesellschaft glattgebügelt hat. Ich hab noch nie so angepasste Jugendkulturen erlebt wie heute. Auf der anderen Seite sitzen die meisten Rebellen von damals mittlerweile auch im Vorgarten und diskutieren mit Meiers von nebenan die aktuelle Wetterlage.
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Ich hatte auch mal eine Gothic-Phase vor einigen Jahren... aber zu einer Zeit, als es halt schon keine wirkliche Szene mehr gab und man kaum Anschluss gefunden hat irgendwo. In meinem Umfeld gab es praktisch Niemanden, der mit Goth was anfangen konnte und ich wurde dann einfach überall als "Grufti" und "sonderbar" abgestempelt, teilweise wurde man auch mit Emos oder Satanisten zusammen in einen Topf geworden. Nicht das ich gegen diese Szenen was hätte oder so, aber es gab halt irgendwie keine wirklichen Szenen mehr und auf andere wirkte man nur befremdlich, glaube ich. Darum hab ich es mir dann wieder "abgewöhnt", obwohl das Interesse immer noch da war und ich zumindest den Gothic-Stil auch heute noch liebe.
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Bis auf die Punkte "Cybers" und "Techno" stimme ich dir zu. Cybers wurden und werden zwar als Spaß- und nichternstzunehmende Gruppierung innerhalb der Szene wahrgenommen, aber es gab durchaus auch meiner Meinung nach bereichendernde Cyberprojekte. Was den Technoeinfluss angeht, bin ich absolut begeistert davon. Techno muss nicht gleich Kommerz sein. Allerdings wiederum ist die Schwarze Szene wie alle anderen Szenen von Langeweile, Nonindividualität und Kommerz durchsetzt.
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