Musik Reviews

  • Hallo Leute,


    Da ich relativ neu hier bin weiß ich nicht genau, ob es dafür bereits einen Thread gibt, aber weder Durchstöbern dieses Subforums noch die Suche haben etwas ergeben.


    Ich schreibe ab und an Reviews zu CDs. Das mache ich eigentlich eher für mich, um mich etwas intensiver mit der Musik auseinander zu setzen, alte Alben nochmal rauszukramen, oder Krempel, den ich noch nicht richtig gehört habe mal aktiv durch zu gehen. Dementsprechend sind meine Reviews natürlich subjektiv as fuck und auch nicht unbedingt darauf ausgelegt für die breite Masse besonders gut lesbar zu sein. Aber ich wollte trotzdem das eine oder andere mal posten. Hier habt ihr also die Gelegenheit, ausführlich zu begründen, warum Album XYZ der geilste Shit, überhaupt ist, warum die Single soundso schwer enttäuscht oder warum die Compilation hastenichgesehen ganz schlimmer Kommerz ist und die Band überhaupt nicht widerspiegelt... Naja sofern ich Recht habe und es noch keinen derartigen Thread gibt.

  • Rammstein - Deutschland


    Normalerweise komme ich ja eigentlich nie dazu, zu aktuellen Sachen etwas zu schreiben, aber irgendwann ist wohl immer das erste Mal. Rammstein haben neues Material. Wenn wir mal Compilations, Liveaufnahmen und die etwas seltsame “Mein Herz Brennt” Single weglassen, dann war “Mein Land” Ende 2011 der letzte wirklich neue Song. Da bin ich natürlich direkt gespannt.


    Das Ergebnis nennt sich “Deutschland”, wird wohl die erste Single Auskopplung eines neuen Albums sein und hat im Vorfeld für viele negative Schlagzeilen gesorgt. Der Grund war ein kurzes Snippet in welchen sich die Bandmitglieder als KZ Häftlinge präsentieren. Und wie jeder vernünftige Mensch das auch so macht, haben sich einige natürlich direkt aufgeregt - selbstverständlich ohne zu warten bis Song und Video draußen sind und ohne irgendeine handfeste Grundlage zu haben, auf welcher sich “Deutschland” interpretieren ließe. Na, ich denke der Band kam das sehr entgegen. Wirklich auch der letzte Trottel, der unter ‘nem Stein lebt (das heißt sogar ich) ist direkt auf das Snippet aufmerksam geworden und war einigermaßen gehyped.


    Jetzt sind Song, Musikvideo und Single draußen, nicht jedoch das Album, so dass ich mich darauf natürlich nicht beziehen kann. Die Single “Deutschland” kommt im Digi - Sleeve und hat nochmal eine zusätzliche Papierhülle , in welcher sich die CD befindet, was insgesamt ganz nett ausschaut und bietet einem das Original und einen Remix von Richard Z. Kruspe, dem Gitarristen.


    Rammstein mögen ja definitiv ihre Skandale. Das ist mir im Laufe der Zeit etwas lästig geworden, denn gerade auf “Liebe Ist Für Alle Da” gab es die eine oder andere Stelle, bei der ich das Gefühl hatte, dass die Band verzweifelt darauf setzt irgendwie zu schockieren, ohne ausreichende musikalische Grundlage (siehe “Pussy” oder “Wiener Blut”). Das ist bei “Deutschland” zum Glück nicht der Fall. Ich hatte so ein wenig die Befürchtung, nachdem ein extra provokantes Snippet ausgewählt wurde mit der Intention, dass es natürlich jeder missinterpretiert (etwas billig, aber effizient) doch “Deutschland” kann zum Glück auch als Song überzeugen. Alleine das Musikvideo ist absolut bombastisch. Während Rammstein als KZ - Häftlinge, SED Funktionäre oder auch Soldaten im ersten Weltkrieg (und vieles mehr) durch alle möglichen dunklen Kapitel der deutschen Geschichte führen und Till dabei singt “Deutschland - meine Liebe kann ich dir nicht geben” wird relativ schnell klar, dass die eigentliche Aussage des Songs doch eher harmlos ist und die Band sich kritisch mit der deutschen Geschichte auseinandersetzt.


    Man könnte der Band jetzt mangelnde Kreativität vorwerfen. Das letzte neue Material hieß “Mein Land” und setzte sich kritisch mit deutschen Patriotismus auseinander. Nach über sieben Jahren zu sagen “Oh, ich habe endlich eine Idee, was wir als nächstes machen können. Lasst uns einen Song machen, in dem wir uns kritisch mit der deutschen Geschichte auseinandersetzen und ihn “Deutschland” nennen!” wäre jetzt nicht meine erste Idee gewesen, aber okay. Immer noch besser als ein forcierter Skandal. Das Ergebnis kann sich allerdings hören UND sehen lassen
    Das Video geht knappe 10 Minuten, ist extrem detailverliebt und aufwendig produziert und handwerklich sauber gemacht. Kann man sich wirklich immer wieder anschauen.


    Der Song selbst zeigt Rammstein at it's findest. Hart aber hymnenhaft, zugänglich aber auch komplex. Einige schöne Wortspiele im Text und so abgerundet und ausgereift, dass hier sofort klar ist, dass die Band nicht einfach nur altes Material verwurstet hat. Das ganze Songwriting wirkt hier einfach sehr, sehr gut durchdacht und liebevoll. Als Ergebnis haben wir hier einen Ohrwurm, den ich mir immer wieder anhören mag und der richtig Bock auf’s neue Album macht. Rammstein machen hier einfach nur das, was sie am besten können und ich bin ganz froh, dass sie hier nicht großartig experimentieren. Nicht, dass ich ihre Experimente nicht schätze. Exotische Sachen wie etwa “Te Quiero Puta!” können sehr gelungenen sein (oder auch wie “Frühling In Paris” eher peinlich) und ich hoffe auch, dass wir auf dem Album ein paar davon hören werden, aber für den Anfang passt ein Song, auf dem Rammstein einfach nur ihre Stärken ausspielen ganz gut. Wäre das jetzt eine 1-Track-Promo würde ich das auch genau so stehen lassen und Rammstein dafür gratulieren. Aber “Deutschland” ist eine Single mit Remix, wird von mir dementsprechend bewertet und muss sich auch den Vergleich mit anderen Singles gefallen lassen.


    “Mein Land” hatte neben dem Song einen komplett neuen und exklusiven Song, einen Remix und ein Cover des Songs von The BossHoss zu bieten. Ich will fair bleiben und “Deutschland” nicht wegen mangelnder Quantität abwerten. Aber ich werde den Remix mehr in die Bewertung einfließen lassen als zum Beispiel Remixe, die irgendwo am Ende eines ganzen Albums noch so als Bonus drankleben, denn wir haben hier nicht viel mehr, was wir zur Bewertung heranziehen können, wodurch der Remix von Richard die Single nunmal zu einem großen Teil ausmacht.


    Und das ist ungünstig, denn der Remix klingt nicht gut - überhaupt nicht gut. Und ich meine noch nicht mal das klassische “Ist einfach nicht mein Genre” - Argument. Der Remix ist so langweilig, dass es mir schwer fällt aktiv zuzuhören und ich 3 mal ansetzen musste, weil meine Aufmerksamkeit immer wieder abgeglitten ist. Auch nachdem ich ihn in den letzten Woche wirklich oft gehört habe und sacken lassen können, ist bei mir fast gar nichts hängen geblieben. Das ist auch schon irgendwo eine Leistung. Ich frage mich, wer diesen Remix gut findet und noch mehr würde ich fragen, was diejenigen daran gut finden. Ich finde ihn aufgrund des mangelnden Inhalts auch gar nicht leicht zu beschreiben. Am ehesten würde ich vielleicht sagen: Backroundvocals mit… Geklimper? Das Timing ist übrigens auch richtig scheiße, denn wenige Sekunden vor dem Ende setzt er nochmal kurz an und wird so, als ob gleich noch etwas kommt. Vielleicht geht es nur mir so, aber mich verwirrt das plötzliche Ende jedes Mal. Da ich jetzt nicht Emigrate höre und nicht weiß, wie Richard sonst so Musik macht, will ich mir über den guten Mann kein Urteil erlauben, aber hiermit konnte er leider nicht glänzen.


    Was wir also haben ist ein richtig guter Song, der einem richtig schlechten Remix gegenüber steht. Was wir nicht haben ist das grandiose Musikvideo auf der CD, welches nochmal Pluspunkte hätte bringen können. So ist “Deutschland” zwar ein klasse Song, aber eine mittelmäßige Single. Als Fan, der alles braucht oder nicht warten kann, mag man sicher zugreifen. Wer aber auf das Album wartet verpasst hier wirklich nichts wichtiges.


    Punkte: 5.5/10

  • Liest sich klasse! :halloweenyes:

    When you can't find the words to say,
    it's hard to make it through another day.
    And it makes me want to cry,
    and throw my hands up to the sky.
    -Adrian Smith-

  • Liest sich klasse! :halloweenyes:

    Thank you very much!


    :Wumpscut: - Born Again


    Eines musste man Rudi Ratzinger wirklich lassen: bei :Wumpscut: wusste man nicht nur immer, was man bekommt sondern auch ungefähr wann man es bekommt. Pünktlich im Frühjahr stand ein neues Album vor der Tür. Wem das nicht reichte, der konnte sich ausgefalle Fanboxes mit allem möglichen Krempel dazu kaufen, hat dafür aber auch immer eine Remix CD zum Album bekommen. Außerdem gab es dann noch eine DJ-Dwarf Single mit noch mehr Remixes zum Album. Alles sehr geordnet, aber auch etwas langweilig. Gerade die DJ-Dwarf Singles waren zu bestimmten Zeiten schonmal innovativer als die letzten Jahre, als auch mal Remixe von älteren Alben oder sogar von :Wumpscut: für andere Interpreten darauf waren. Das ist zuletzt etwas eingeschlafen und zusätzlich zur Remix CD einfach nur mit noch mehr Remixes bombardiert zu werden war immer etwas… ermüdend.


    Aber es gab auch ganz andere Zeiten. 1997 als es die DJ Dwarf CDs noch kein Thema waren und es auch zu den Alben auch noch nicht die obligatorische Remix CD gab, hatte Ratzinger gerade das Lieblingsalbum werdender Eltern “Embryodead” draußen. Und meine Fresse: Was für ein Album! Dieses hat seiner Zeit zwar auch eine Box mit Bonus CD (welche aber deutsche Version der Songs vom Debut Album bot) erhalten aber eine Remix CD, die sich direkt auf den Embryotot bezieht blieb erstmal aus. Und hier kommt jetzt endlich “Born Again”, welches im gleichen Jahr erschien in's Spiel. Auf “Born Again” finden sich Hauptsächlich Remixe zu “Embryodead” aber auch 2 komplett neue Songs, 2 Remixe zum guten “Bunkertor 7” und sogar ein Remix von :Wumpscut: für Aghast View. Stellt es euch also als eine Art “DJ Dwarf 0” vor.


    Wer “Embryodead” kennt, weiß nicht nur, dass das Album vor Atmosphäre nur so platzt sondern auch, dass neben ein paar tanzbaren Stücken wie “War” oder “Golgatha” auch viele sehr langsame Endzeit - angehauchte Stücke zu finden sind. Diese clubtauglich machen zu wollen klingt auf jeden Fall spannend, aber auch nicht einfach. Finden wir also raus, ob der kleine Bruder von “Embryodead” das unerwünschte Kind in der :Wumpscut: Familie ist oder nicht.


    Los geht es gleich mal mit dem “Scintillating MIXX” von “Is It You”, was bei mir die Messlatte schonmal seeeehr hoch legt. Das Original ist so ziemlich einer der Songs, die mir am meisten Gänsehaut gemacht haben - ever. Der Remix? Naja… viel wird durch ihn nicht gewonnen. Alles in allem wird hier ein großartiger Song auf 6.38 Minuten gestreckt. Zumindest klingt es so und das Ergebnis wirkt dann entsprechend etwas verwässert. Ich bleibe klar beim Original, aber wenn wir den Vergleich zum Original weglassen klingt das Ergebnis immer noch gut. Schätze “Is It You” ist einfach unverwüstlich. Als nächstes erwartet uns der “Born Again Remixx” (offenbar ganz wichtig die Remixe mit 2 x zu schreiben) von “Womb”, einem dieser Songs bei denen ich es spontan schwierig finden würde, einen guten tanzbaren Remix, ähm Remixx zu kreieren. Und das Ergebnis gibt mir recht. Wir haben jetzt eine Version, zu der man theoretisch tanzen könnte - mehr nicht. Das ganze klingt weder als Tanznummer gut, noch bleibt viel von der verstörenden Atmosphäre des Originals. Nichts ganzes und nichts halbes also.


    Als ich gerade anfange an der ganzen Idee von “Born Again” zu zweifeln, kommt dann plötzlich der “Deejaydead Remixx” von “Angel” daher und ich nehme alles zurück. Das noch ruhigere und düsterere “Angel” habe ich wirklich für kaum remixbar gehalten, aber was hier draus gemacht wurde - wow! Tanzbar und trotzdem noch sehr dunkel. Läuft aktuell sehr oft bei in der Anlage. Auch der “Deejaydead Remixx” von “Embryodead” kann sich hören lassen. Alles wirkt hier sehr aufwendig und hochwertig und geht am Ende auf. Die “Roughly Distorted Version” von “Golgatha” lässt sich dagegen in 3 Phasen aufteilen. Phase 1 in der ich nach über 1.30 Minuten ramdom Gegrunze dachte, dass wir es hier mit einem seltsamen Experiment zu tun haben, Phase 2 in der der Remix mit wunderbar stampfenden Beats einsetzt und Phase 3 in der völlig unnötigerweise Vocals dazu kommen, die ihm wieder etwas an Qualität rauben.


    Mit “Wumpsex” haben wir dann den ersten neuen Song und ja ich gebe zu: der Name hat mich neugierig gemacht. Was wir haben ist eine recht brachiale instrumentale Nummer, die eher auf Minimal - Elemente setzt. Sicher nicht jedermanns Sache und vielleicht ein ganz kleines bisschen mit “Dried Blood Of Gomorrha” vergleichbar, auch wenn der eine oder andere Fan mich jetzt steinigt. Aber ich mags sogar ziemlich. Den zweiten Versuch “Womb” tanzbar zu machen, macht der “Miserable Days MIXX” und was soll ich sagen? Es soll wohl einfach nicht sein. Abgesehen davon, dass ich das Ergebnis für sogar noch weniger clubtauglich halte, wird der Atmosphäre auch hier kein Gefallen getan. Bleibt einfach beim Original.


    Die “Revenge And Nemesis Version” von “War” hat einen sehr interessanten Ansatz. Dem Original (übrigens ebenfalls ein großer Favorit von mir) wird einiges von seiner brachialen Härte genommen und stattdessen einiges an Melodie hinzugefügt. Diese ist aber so krank und kaputt, dass ich es einfach nur großartig finde. Hätte so schon völlig ausgereicht. Warum da nach ca. 4 Minuten wieder Vocals einsetzen und das ganze zu einer light - Version des Originals machen müssen, bleibt mir ein absolutes Rätsel. Der zweite neue Song “Man’s Complete Idiot” kann leider nicht ganz mit “Wumpsex” mithalten. Ersteres wirkt zwar roh und hat seine Ecken und Kanten, passt aber so dank minimalistische Härte. “Man's Complete Idiot” wirkt dagegen unfertig oder eher wie unverwendetes Material, welches man einfach unbearbeitet noch auf die CD gehauen hat. Auf “Blutkind” würde das klargehen aber nicht hier.


    Interessant wird es dann nochmal mit der “Distant Vocals Version” des eigentlichen instrumentalen “Thorns” vom “Bunkertor 7” Album. Ich liebe das Original und weiß nicht, ob ich mir je dachte: “Mensch, female Vocals wären hier großartig.” aber hier haben wir genau das. Und was soll ich sagen? Nach dem ersten WTF - Moment passt das sogar sehr gut. Am Ende des Tages mag ich beide Versionen und finde dieses Experiment hier sehr spannend. Etwas random wirkt dagegen das “Instrumental Take 1” von “Down Where We Belong”. Von allen Songs auf “Embryodead” ist das tatsächlich einer der, die für mich am wenigsten ein Instrumental gebraucht hätte, aber gut - hier ist es und viel mehr kann ich dazu eigentlich auch kaum schreiben, außer dass es einfach “da ist“.


    “Born Again” neigt sich dem Ende zu und bietet neben einem weiteren ganz brauchbaren weiteren Remix von “Embryodead” einen :Wumpscut: Remix von “Vaporize”, welches ursprünglich von Aghast View stammt. Da ich jetzt kein Aghast View Hörer bin, kann ich das Original jetzt schlecht als Referenz nehmen um zu vergleichen wie gut Rudi seinen Job als Remixer gemacht hat, aber zumindest kann ich sagen, dass ich die Version so wie sie hier zu hören ist mag, sie sich gut auf “Born Again” einfügt und mir sogar spontan Lust macht, Aghast View doch nochmal auszuchecken. Schade eigentlich, dass die Remixe für andere Interpreten zuletzt auf den :Wumpscut: Releases so ein wenig verloren gegangen sind. Zum Schluss bleibt noch der “Haujobb Edit 2” von “Die In Winter”, ein ganz gerne neu veröffentlichter Song. Hier haben wir das Problem, dass ich das Original nicht so sehr mag und da schon ein Remix nötig wäre, der das Ding komplett auf den Kopf stellt, um mir das Ergebnis schmackhaft zu machen, was hier nicht der Fall ist. Deshalb kann ich letztlich auch wenig hiermit anfangen, was aber natürlich höchst subjektiv und nicht die Schuld von Haujobb ist.


    Jetzt bleibt nur noch die Frage, wie ich die ganze Geschichte jetzt bewerte. Gar nicht mal so einfach - gerade bei Remixen. Wie bewerte ich zum Beispiel einen Remix, der dem Original deutlich unterlegen ist, aber für sich trotzdem noch ganz nett klingt (ich schiele hier gerade zu “Is It You”)? Sicherlich ist “Born Again” auch eher als Ergänzung zu “Embryodead” zu betrachten, trotzdem haben wir es hier mit einem eigenständigen Release zu tun und da gelten für mich andere Kriterien als für eine Bonus CD. Und zum Glück bietet “Born Again” auch mehr als die durchschnittliche Bonus CD der letzten :Wumpscut: Alben. In Sachen Abwechslung sogar deutlich mehr als die letzten “DJ Dwarf” Singles. “Born Again” ist also keine Totgeburt. Leider gibt es auch einige deutliche Schönheitsfehler, die meiner Meinung nach komplett hätten vermieden werden können. Das fängt schon bei der Auswahl der Songs an und endet bei teilweise inkonsequenter Umsetzung (siehe Remixe von “Golgatha” oder “War”). Trotzdem bin ich froh “Born Again” in meiner Sammlung zu haben und die CD endlich mal wieder rausgekramt zu haben. Das eine oder andere Stück dürfte wohl noch einige Zeit in der Playlist bleiben. Sicher nicht die CD erster Wahl für :Wumpscut: Einsteiger, aber für Fans und alle, die “Embryodead” mögen sicher ganz spannend.


    Punkte: 7/10

  • @OneEyedMan
    Man spürt deine Begeisterung für :Wumbscut: und mich machen deine Reviews immer total neugierig...in dem Fall wissen wir leider,dass das nicht mein Fall ist.


    Hast du ein Metalalbum auf das du schwörst?
    Ich finde ja Down total gut derzeit.
    Nolia Heisst wohl das Album von dem ich die Songs auf Youtube höre.
    Ich bin ja neugierig was du dazu sagst :halloweenhappy:


    Liebe Grüße

    Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe die wir hinterlassen wenn wir gehen.


    Albert Schweitzer

  • @Whisperer Danke (-:
    Dafür, dass ich viel Metal höre, habe ich in letzter Zeit gar nicht so viele Reviews über Metal CD's geschrieben. Aber hey: das von mir am besten bewertete Album ist ein Metal Album. Da muss ich mal ganz tief in meinen Reviews wühlen, denn mein Review dazu ist schon ein paar Jahre alt...


    Face Down - The Twisted Rule The Wicked



    "The Twisted Rule The Wicked" ist das zweite und meiner Meinung nach beste Album der leider eher unbekannten und unterschätzten schwedischen Post-Thrash / Death-Metal Band Face Down, von welcher manche vielleicht den Sänger Marco Aro kennen, welcher ebenfalls eine Zeit lang bei „The Haunted“ mitgewirkt hat. Ich bin ebenfalls eher zufällig auf die Band gestoßen und schon das „The Will To Power“ – Album (welches ich als erstes gehört habe) fand ich ziemlich großartig. „The Twisted Rule The Wicked“ schlug dann bei mir direkt ein wie eine Bombe. Hier werden die Abwechslung und technischen Finessen des etwas zahmeren Vorgängers „Mindfield“ mit der rohen Gewalt des etwas stumpferen Nachfolgers kombiniert und ergeben in ihrer Gesamtmischung das in meinen Augen ideale moderne harte Thrash-Album.


    Seit dem Vorgänger hat sich auch einiges getan: Neben ein paar Lineupwechseln und einem neuen Label, scheint mir der Sound auch etwas klarer und ausgereifter daherzukommen als auf „Mindfield“, was keine schlechte Sache ist. Vor allem aber holt Aro hier wirklich alles aus seiner Stimme raus und klingt jetzt nochmal um einige Stufen angepisster als vorher – das Ergebnis kann sich hören lassen. Die Texte, die sich um Religionskritik („Self Appointed God“, „Slender Messiah“), Selbstmitleid („Waste“, „Life Relentless“) oder Serienkiller („With Unseeing Eyes“) drehen sind dagegen eher typisch für Face Down.


    Das Album in irgendeiner Weise nach guten oder schlechten Songs zu unterteilen erübrigt sich hier direkt, da „The Twisted Rule The Wicked“ viel zu viele Highlights und quasi keine Schwachstellen hat. Ich meine schon alleine der erste Song „Dead Breed“ geht so dermaßen ab, dass ich beim ersten Durchhören meine Probleme hatte, nicht die ganze Zeit den Song in der Endlosschleife zu hören und mich auch mal den anderen Tracks zu widmen. Das kurze Intro-Sample aus dem Film „Romper Stomper“ und die darauffolgenden ca. 4.30 Minuten vernichtende Gitarrenriffs und gnadenlose Growls reißen einen aber auch derart mit, dass man einfach nicht genug davon kriegen kann. Der Refrain geht sofort in’s Ohr und sobald man eine kurze Verschnaufpause erwartet wird sofort nochmal ordentlich nachgelegt. Im ähnlichen Stil und auf sehr schnelles Tempo setzend laufen etwa auch „Life Relentless“, For Your Misery“ oder „Cleansweep“ ab. Kein Wunder, dass jeder einzelne Song Tage lang als Ohrwurm und Dauergast in meiner Playlist herhalten durfte und ich auch heute nicht genug davon kriegen kann. Klar, vielleicht könnte man bemängeln, dass sich die Songs nicht soooo stark unterscheiden. Ich könnte hier höchstens anmerken, dass „Life Relentless“ direkt beim ersten mal hören so gut in’s Ohr geht, dass man spätestens den zweiten Refrain einwandfrei mitgröhlen kann oder dass bei „Cleansweep“ wirklich keine Sekunde der 3.43 Minuten verschwendet wird und die Band einem hier mehr denn je alles um die Ohren schleudert was sie zu bieten hat. Aber wenn Face Down es schaffen 4 gleichermaßen geile Songs auf die Beine zu stellen, werde ich mich bestimmt nicht beklagen.


    In eine etwas andere Richtung gehen da die etwas langsameren Kandidaten wie „Waste“ „Top Of The World“ oder „Bed Of Roaches“. „Waste“ walzt im Mid-Tempo alles nieder und bietet auch bei leicht gedrosseltem Tempo volle Härte. Bei schlechter Laune helfen ein paar Durchläufe Waste in guter Lautstärke immer – garantiert! „Top Of The World“ lässt es dagegen etwas langsamer angehen, fällt mit einem fast schon Sprechgesang etwas aus dem Rahmen und steigert sich im Laufe der Zeit immer mehr bis es zum Höhepunkt richtig viel Power aufgebaut hat. „Bed Of Roaches“ ist dann nochmal ein ganz besonderes Stück für mich. Die teilweise doomig-düsteren Riffs und die gut platzierten Tempowechsel bieten zusammen mit dem Refrain, der sich lange Zeit in meinem Kopf eingebrannt hat nicht nur einen vergleichsweise abwechslungsreichen Song, sondern auch meinen persönlichen Favouriten auf „The Twisted Rule The Wicked“, welcher sich ganz knapp neben „Dead Breed“ und „Life Relentless“ durchgesetzt hat.


    Dann hätten wir noch „Slender Messiah“, welches mit seinen gut 6 Minuten der Längste Song auf dem Album ist, aber trotzdem keine Längen bietet und irgendwann einfach wunderschön nahtlos in „For Your Misery“ übergeht. „Self Appointed God“ und „Embrace The Moment“ gehen vielleicht ein bisschen unter, was sehr schade ist, denn auf so ziemlich jedem modernen Thrash-Album könnten sie als absolute Highlights dastehen, hier stechen sie in der absoluten Masse an extrem genialen Songs nicht ganz so sehr hervor, wie es ihnen gebührt. Entgehen lassen, sollte man sich aber auf jeden Fall keinen von beiden.


    Als etwas exotische Songs dann noch „Autumn Scars“ und „With Unseeing Eyes“. Ersteres ist wohl komplett durch den Drummer Peter Stjärnvind entstanden und bietet ausnahmsweise ruhiges Akustikgitarrenspiel, welches ein gesprochenes Gedicht begleitet und irgendwann in angenehm creepige Samples übergeht. Hätte ich Face Down so nicht zugetraut, aber es funktioniert. Ob das nach dem schnellen „Life Relentless“ eine willkommene Verschnaufpause darstellt oder dem ganzen Album doch nur unnötig das Tempo nimmt, muss natürlich jeder für sich entscheiden. Das instrumentale „With Unseeing Eyes“, das ebenfalls erst ruhig anfängt aber gegen Ende nochmal ein richtig fettes Riff auspackt ist dann der perfekte Ausklang für ein perfektes Album, obwohl ich es mir auch wunderbar einzeln geben kann.


    Zum Schluss bleibt mir nur noch mal zu betonen, wie sehr mich „The Twisted Rule The Wicked“ beeindruckt hat. Sowohl „Mindfield“ als auch „The Will To Power“ sind klasse Alben, aber das 1997’er Werk sticht für mich in Sachen Qualität nochmal deutlich hervor. Jedes Instrument klingt so, wie es klingen muss und selbst Bass und Schlagzeug zeigen hier absolut herausragende Leistungen. Auch langfristig konnte sich das Album bei mir beweisen, da ich es nun schon ein paar Jahre kenne und immer noch sehr viel Spaß damit habe. Ich teile wirklich nicht so leichtfertig Höchstwertungen aus, aber dieses Album hat sich die 10/10 Punkte wirklich verdient.


    Punkte: 10/10

  • Brujeria - Pocho Aztlan


    Mit ihrem aktuellen Album “Pocho Aztlan” haben sich Brujeria eine ganze Weile Zeit gelassen - 16 Jahre um genau zu sein. Entsprechend gespannt war ich natürlich, wie sie sich so bis dahin entwickelt haben. Schon bis zum Vorgänger “Brujerizmo” hat sich viel getan. Ursprünglich wurde die Band von mexikanischen Drogenlords gegründet, welche sich nur maskiert zeigen können, da sie vom FBI gesucht werden, obwohl immer wieder gemunkelt wird, dass bekannte Gesichter wie etwa Shane Embury von Napalm Death oder Dino Cazares von Fear Factory an dem Projekt beteiligt sind. Soweit zur (vollkommen authentischen) Bandgeschichte.


    Jedoch drehen sich die Texte der Band tatsächlich um Drogen, Korruption, Kriminalität und andere Probleme des eigenen Herkunftslandes. Auch sind die Texte grundsätzlich spanisch, was cool ist, da es der Band ein ziemlich herausstehendes Merkmal verleiht und gutturaler Gesang auf spanisch erstaunlich geil klingt. Abgesehen davon haben sich Brujeria musikalisch jedoch ziemlich verändert. Nicht nur die Produktion ist von Album zu Album besser geworden, auch sind die Grindcore Wurzeln Stück für Stück in den Hintergrund getreten, sodass man am Ende mit “Brujerizmo” im Gegensatz zu den schrammeligen Anfängen ein Death Metal Album hatte, dass auch einigen Groove Einflüssen nicht abgeneigt war. Für mich (der ich eh über “Brujerizmo” zu der Band gekommen bin) eine durch und durch positive Entwicklung, die mir Hoffnung gemacht hat, dass es mit “Pocho Aztlan” genau so weitergeht.


    Was soll ich sagen? Die Entwicklung geht in die gleiche Richtung weiter, ist mir aber diesmal fast schon übers Ziel hinausgeschossen. “Pocho Aztlan” ist manchmal derart gefällig, dass es schon fast zu glattgebügelt wirkt (wenn die CD zu Hause läuft und die Freundin das “gar nicht mal so schlecht” findet will das schon was heißen). Trotzdem ist die Produktion hier sehr positiv zu erwähnen. Alles klingt so, wie es soll. Optisch ansprechend wirkt auch das Cover. Diesmal hat man sich wirklich Mühe gegeben aus dem abgetrennten Kopf vom “Matando Güeros” Cover (der auf jedem Album zu sehen ist) etwas zu machen. Das nicht gerade alle Songs im selben Jahr geschrieben wurden fällt teilweise schon etwas auf. Es wirkt jetzt nicht wie eine Compilation, bei der man mal eben das ganze Material der letzten Jahre draufgeklatscht hat, aber einen roten Faden hat “Pocho Aztlan” jetzt auch nicht unbedingt. Da Brujeria aber keine bierernste Band mit was weiß ich für anspruchsvollen Konzeptalben ist, stört das aber auch nur bedingt.


    Los geht's mit einem ganz stimmungsvollem Intro, dass dann in den Opener und Titeltrack “Pocho Aztlan” übergeht. Tolle Art das Album zu eröffnen. Der Song ist hart, aber zugänglich, hat ein angenehmes Tempo und auch Leute, die wie ich der spanischen Sprache nicht mächtig sind, können im Refrain zumindest “Aztlan Aztlan!” mit gröhlen - toll. Der Song spiegelt das Album auch ganz gut wieder. Wem er gefällt, der sollte auch mit dem Rest der CD gut klarkommen. Die anderen bleiben bei den älteren Werken. Mit “No Aceptan Imitaciones” haben wir dann eine sehr geradlinige schnelle Nummer, die zwar gut in’s Ohr geht, aber zu wenig Überraschungen hat, um sich nicht schnell ab zu hören. Einer dieser Songs, die schnell zum Ohrwurm werden und dann ab dem 5. mal hören nerven.


    Richtig geil dagegen kommt “ Profecia Del Anticristo”, welches ordentlich einheizt und keine Sekunde langweilig wird. Besonderes Kompliment an der Stelle an das Schlagzeug. Auch der Grenzengel “Angel De La Frontera” macht sehr viel Spaß, auch wenn hier gegen Ende unnötig das Tempo gedrosselt wird.


    Mit “Plata O Plomo” wird mal wieder Pablo Escobar und seine Bestechungs- bzw. Einschüchterungspolitik thematisiert. Schönes Stück, bei der diesmal die Vocals einiges an Tempo vorlegen. Ab hier merkt man so langsam, dass Abwechslung definitiv eine große Stärke von “Pocho Aztlan” ist. “Satongo” und “Isla De La Fantasia” gehen für mich beide in Ordnung, stechen aber auch nicht besonders hervor. Kann man sich beide anhören, ohne dass sie nerven oder dass besonders viel hängen bleibt. Typische Filler also, wobei zweiteres eine etwas rundere Sache für mich ist, während “Satongo” auf mich einen etwas unfertigen Eindruck macht und nicht richtig weiß, wo es hin möchte.


    “Bruja-” ist dagegen schon wieder ein ganz anderes Kaliber. Mit seinem langsamen, schweren, fast schon doomigen Anfang genau das, was ich nach “Isla De La Fantasia” brauche. Die Intensität des Songs steigert sich dabei zunehmend bis auch die Vocals von tiefen Growls zu Screams übergehen. Hätte nicht gedacht, dass Brujeria selbiges so gut umgesetzt bekommen. “Mexico Campeon” ist dagegen ein reines Party-/ Mexikohymne-/ Fußballlied (kommt bestimmt live gut an). Kann ich mir ab und zu mal anhören, dann nervt es aber auch.


    “Culpan La Mujer” ist ein ziemlicher Durchschnittssong. Weder gut noch schlecht und das einzige, was mir hieran aufgefallen ist, ist das das Ende so klingt als hätte man Dani Filth an das Mikro gestellt. Eigentlich hätte danach für mich so ein richtig schnelles Brett gepasst, aber Brujeria sehen das offenbar anders und machen mit “Codigos” weiter. Schön Midtempo Nummer, die nicht nur mit einem ordentlichen Gitarrenriff die eine oder andere angenehme Überraschung bietet und an der ich lediglich aussetzen kann, dass sie wie gesagt etwas unglücklich platziert ist und an der falschen Stelle das Tempo drosselt.


    “Debilador” gibt es sage und staune schon seit 2008. Ansonsten hat der Song wenig interessantes, worüber ich schreiben kann. Wieder eher ein Filler, aber auch nicht scheiße genug, dass ich hier etwas zum lästern hätte. Zum Schluss gibt es ein Dead Kennedys Cover, nämlich “California Über Aztlan” (California Über Alles) - komplett auf spanisch immerhin. Hier scheiden sich sicher die Geister. Für die einen sicher komplett unnötiger Party Schrott. Für mich ein ganz stimmungsvoller Abschluss, der ganz gut auf ein bunt zusammen gewürfeltes Album wie “Pocho Aztlan” passt.


    Was bleibt ist ein erstmal ganz guter Eindruck. Ich bekam sogar nach dem ersten Durchlauf direkt Lust “Pocho Aztlan” nochmal zu hören. Leider nutzt sich das Album im Gegensatz zu “Brujerizmo” aber auch recht schnell ab. Es gibt zu wenige wirklich starke Songs wie etwa “Marcha De Odio” oder das großartige “Sida De La Mente” (beide von “Brujerizmo”). Am ehesten wären das hier für mich “ Profecia Del Anticristo” oder “Bruja-”. Der Rest ist entweder nettes Beiwerk oder etwas, was schnell mal nerven kann, wenn ich es mir zu oft gebe. Trotzdem bleibt ein grundsolides Album, welches ab und an einfach Spaß macht zu hören.


    Punkte: 7.5/10

  • Kreator - Endorama



    “Endorama” dürfte wahrscheinlich mit das umstrittenste Album in Kreators gesamter Discographie sein. Klar - Thrash Metal der 90’er ist eh eine etwas heikle Sache und fast jede namhafte Band hat in dieser Zeit die eine oder andere “komische” Entwicklung durchgemacht. Für Kreator (die sich zumindest meiner Meinung nach vergleichsweise gut gehalten haben in dieser Zeit) hieß das ein wildes Experimentieren mit allen möglichen Genres, was schon bei “Renewal” angefangen hat und hier auf “Endorama” schließlich seinen Höhepunkt findet.


    Ich muss sagen, es ist laaaange her gewesen, dass ich “Endorama” am Stück gehört habe. Eigentlich ist mir nur der Opener “Golden Age” im Gedächtnis geblieben. Ich erinnere mich aber daran, dass ich das Album nie wirklich schlecht fand, es aber einfach zwischen den älteren und neueren Thrash-Granaten wie “Pleasure To Kill” aber auch “Phantom Antichrist” ziemlich untergegangen ist. Entsprechend unvorbereitet war ich dann auch, als ich es mir jetzt mal wieder komplett gegeben habe, denn… Wow - Kreator haben sich hier ziemlich von dem entfernt, womit man sie eigentlich in Verbindung bringt.


    Ich weiß gar nicht, in welchem Genre wir hier mittlerweile angekommen sind. Goth Rock mit leichten Metal Einflüssen? Macht euch auf jeden Fall auf cleane Vocals, Keyboardeinsatz und deutlich ruhigere Songs ohne Kreators typische Aggression gefasst. Das klingt jetzt sehr negativ, aber je nachdem wie offen man an die Sache rangeht, kann es auch sehr interessant sein, sich mal durch “Endorama” durchzuhören.


    So wie ich’s in Erinnerung habe ist “Golden Age” auch direkt der einprägsamste Song, den “Endorama” zu bieten hat und was soll ich sagen? Das Ding rockt wirklich. Abgesehen von der Tatsache, dass so ziemlich alles auf dem Album sich mit dem Rest von Kreator beißt fällt mir auch kein Grund ein, warum “Golden Age” im Vergleich zu “Phobia” (welches ja vom ebenfalls recht exotischen “Outcast” kommt) nicht mal länger im Live Set dabei war.


    Für den Titeltrack hat man sich dann gleich mal Tilo Wolff von Lacrimosa mit an Bord geholt, wodurch die Gothic Ausprägung nochmal zusätzlich untermauert wird. Das Tempo wird hier etwas angezogen, aber alles bleibt extrem zugänglich, fast schon poppig. Wenn das mal kein tanzbarer Metal ist, dann weiß ich’s auch nicht mehr. Und das meine ich auch wieder eher positiv - sofern man bei sowas natürlich nicht von Haus aus das kalte Kotzen kriegt. “Shadowland” geht in eine andere Richtung und erinnert noch am meisten von allen Stücken auf “Endorama” daran, dass Kreator eigentlich Thrash Metal machen. Wir haben hier durchaus aggressiven Gesang von Mille, gut unterstrichen durch die Gitarren und schön düstere Lyrics. Das einzige, was dem komplett entgegen wirkt ist das… sagen wir mal “sonnige” Gitarrenriff im Refrain. Diese Kombination klingt etwas paradox, aber für mich funktioniert diese Art von endoramafiziertem Thrash Song ganz gut.


    Richtig gemütlich wird's dann mit “Chosen Few”. Ganz langsames Tempo, durchweg cleane Vocals und wer noch dachte, dass “Black Sunrise” auf “Outcast” der Höhepunkt dieser Entwicklung war, wird hier eines besseren belehrt. Nett: der Song hat einen schönen Ausklang mit absolut nahtlosem Übergang zum folgenden “Everlasting Flame” (ja, ich mag sowas). Die nächsten beiden Songs spielen ein wenig mit dem Tempowechsel zwischen langsamen und ruhigen Strophen und kraftvollen Refrain. Mir persönlich gefällt “Everlasting Flame” besser, da es etwas runder klingt als “Passage To Babylon”. “Besser” heißt in dem Fall sogar richtig gut. Die Melodie ist wirklich episch und hat sich jetzt schon einige Tage in meinem Kopf festgesetzt. “Passage To Babylon” ist mir dagegen etwas zu sehr einfach nur mehr des selben. Lustig finde ich, wie Mille in den Strophen nur von Bass und Schlagzeug begleitet wird, um dann im Refrain den Härtegrad maximal aufzudrehen. Meh - funktioniert nicht ganz.


    Nach ungefähr der Hälfte des Albums machen sich auch langsam die ersten Abnutzungserscheinungen breit. Bis jetzt war nichts wirklich schlimmes dabei, aber ich merke, wie es ich doch so langsam etwas härteres oder schnelleres vermisse. “Future King” schafft da nur bedingt Abhilfe. Zwar zieht das Tempo wieder etwas an (Also für “Endorama” Verhältnisse), aber viel mehr Neugkeitswert wird hier nicht geboten. Richtig weird wird es dann mit “Entry” und “Soul Eraser”. Ersteres ist ein durch und durch kitschiges Keyboardintro zum nachfolgenden “Soul Eraser”, welches nochmal versucht, möglichst viel Härte aufzubauen. Zuerst einmal kann ich mit beiden Songs nicht so viel anfangen. Das ist sicherlich Geschmackssache, aber “Soul Eraser” klingt eher merkwürdig, was denke ich vor allem an Milles seltsam verzerrten Vocals liegen dürfte und der erzwungene Kontrast zwischen zart und hart? Ich weiß nicht… “Entry” hätte wohl zu jedem anderen Song auf “Endorama” besser als Intro gepasst.


    “Willing Spirit” ist dann wieder durch und durch eingängig, macht wenig direkt falsch, bleibt aber auch nicht wirklich im Gedächtnis. Besser finde ich da wieder “Pandemonium”, welches ein paar 1A Gitarrenriffs am Start hat und endlich doch nochmal etwas Tempo und Härte reinbringt, ohne dass es so merkwürdig klingt wie “Soul Eraser”. Nach einem absolut beschissenen Übergang (ernsthaft - was soll das mit der Lautstärke?!) lässt “Tyranny” das Album dann schließen ausklingen. Schön melodisch und ein ganz netter Abschluss, der aber keine großen Experimente mehr mit reinbringt.


    Das wäre dann auch schon “Endorama”. Definitiv Kreators ruhigstes, experimentellstes und Gothic angehauchteste Album. Ich kann mich der Kritik vieler Fans zwar nicht unbedingt anschließen, aber zumindest verstehen, dass das für viele nicht mehr unbedingt das war, was sie sich von Kreator erwartet haben. Ich persönlich mag ja den einen oder anderen Song recht gerne. “Golden Age”, “Everlasting Flame”, “Pandemonium” - alles Stücke, die es wert sind gehört zu werden. Das Album als Gesamtwerk ist da schon etwas schwieriger. Bei weitem ist es nicht schlecht, aber ein Teil ging für mich doch ziemlich daneben (“Entry” und “Soul Eraser” - ich schaue auf euch) oder ist strunzlangweilig wie “Future King”. “Endorama” hat sicherlich seinen ganz eigenen und unverwechselbaren Stil, beißt sich aber ziemlich mit dem Rest von Kreators Werdegang. Das muss zumindest ‘ne ziemlich lustige Tour gewesen sein. Ich stelle mir gerade vor, wie Kreator versuchen, sowas wie “Endorama” oder “Chosen Few” mit “Terrible Certainty” oder “Extreme Aggressions” live unter einen Hut zu bringen. Vielleicht wäre es auch sinnvoller gewesen, das ganze zu ‘nem Soloprojekt zu machen - dann hätte es auch weniger Fan-Backlash gegeben. Aber auch wenn “Endorama” nicht unbedingt mit der Elite der Kreator Alben mithalten kann, bin ich doch froh, mal wieder reingehört zu haben.


    Punkte: 6/10

  • Kreator - Renewal



    Zuletzt habe ich mir ausgiebig “Endorama” gegeben, den Höhepunkt von Kreators experimenteller Phase. Diesmal setze ich anders herum an und schaue mir das Album an, mit welchem die Band 1992 anfing von ihrem klassischen Thrash Metal abzuweichen und welches sie passenderweise “Renewal” genannt haben. Für mich könnten beide Alben unterschiedlicher kaum sein, obwohl sie ein und derselben experimentellen Phase entspringen. Denn während ich bei “Endorama” nach einmal durchhören sofort drin bin, alle Stärken und Schwächen der CD sofort auf dem Schirm habe und direkt etwas zu jedem Song sagen kann, hat sich “Renewal” wirklich dagegen gewehrt, von mir gehört zu werden. Ich weiß, dass ich schon damals immer wieder probiert habe, damit warm zu werden und es nie geklappt hat.


    Erst mit der radikalen Methode, konnte ich das Album einigermaßen in meinen Schädel prügeln - “radikal” heißt in dem Fall: einmal aufmerksam hören, dreimal im Hintergrund laufen lassen, drei Tage warten, nochmal aufmerksam hören und nochmal mehrfach im Hintergrund laufen lassen. Das hat tatsächlich dabei geholfen, dass sich mir “Renewal” so einigermaßen erschlossen hat. Aber wo genau ist eigentlich das Problem? Das fängt irgendwie schon beim Cover an, geht bei der Produktion weiter und endet beim Songwriting an sich. Das Cover ist natürlich das geringste Problem, aber ernsthaft: was soll mir das sagen? Der Sound ist aus welchen Gründen auch immer schlechter als er sein müsste. Vielleicht wollte man besonders “Edgy” sein, aber die Ecken und Kanten hier klingen eher erzwungen - im Gegensatz zum Beispiel zu den schrammeligen 80’er Alben. Im Ergebnis klingt das Schlagzeug seltsam dumpf und die Vocals von Mille… seltsam. Es sind nicht die cleanen Vocals, wie wir sie von “Endorama” oder teilweise “Outcast” kennen, aber auch nicht die eher einzigartige Stimme, die wir sonst kennen. Stellt euch vor, die Band steht am Ende einer langen Tour und auf dem letzten Konzert sind die Stimmbänder von Mille einigermaßen am Arsch und alle wollen nur noch schnell irgendwie fertig werden und nach Hause - so ungefähr klingt “Renewal”.


    Damit das ganze auch besonders nicht Mainstream ist, sind die Songs dazu so gehalten, dass sie möglichst schwer zu greifende Strukturen mit vielen Tempowechseln haben, damit man ja schlecht reinkommt. Keine Ahnung, wo man das genretechnich einordnen würde. Recht viel Thrash ist durchaus noch vorhanden, zumindest was die Aggressivität angeht. Vom Tempo her eher nicht, da dieses wie gesagt auch gerne mal unvermittelt gedrosselt wird. Hier und da klingt das ganze recht punkig (was Sodom um die Zeit allerdings etwas besser hinbekommen haben) und durch die eher merkwürdigen Songstrukturen würde ich von mir aus auch progressive Metal sagen. Interessant ist auch die kurze Laufzeit von unter 40 Minuten, die sich aber nicht aus kurzen, sondern eher aus wenigen Songs ergibt, die aber gerne mal die 5 Minuten Marke knacken.


    Los geht's mit “Winter Martyrium”, welches sich schonmal sehr viel Zeit dabei lässt, zur Sache zu kommen. Ein sehr typischer “Renewal” Song. Wenn ihr ihn also mögt: herzlichen Glückwunsch. Ich brauchte mehrere Durchläufe, bis überhaupt was hängen geblieben ist. Langfristig vielleicht einer der Songs auf “Renewal”, die am meisten von mehrfachen Hören profitieren, denn wenn man sich erstmal an den Sound gewöhnt, die Riffs verinnerlicht und die Tempowechsel im Gedächtnis hat, geht's eigentlich. Der Titelsong “Renewal” ist dagegen vergleichsweise zugänglich und wesentlich mehr straight forward. Bis auf die Tatsache, dass er insgesamt eher langsam daher kommt eigentlich gar keine so große Abweichung zu dem, was Kreator vorher so gemacht haben.


    Exotischer wird es dagegen wieder mit “Reflection” und seinem geflüsterten Intro und den psychedelischen Gitarren. Damals hatte das noch einen gewissen Neuigkeitswert, klang dafür aber recht krude. Hört euch mal “Death Becomes My Light” auf dem aktuellen “Gods Of Violence”, wenn ihr wissen wollt, wie so ein härterer Übergang von seichtem Intro zum eigentlichen Song mit etwas mehr Übung geht. Ansonsten muss jeder selbst wissen, ob das jetzt cool ist, wenn mitten im Song eine fast schon doomig langsame Passage auftaucht und Mille dann “REFLECTION OF REBIRTH!!!” reinbrüllt. “Brainseed” trifft meinen Geschmack wieder etwas mehr, schon alleine dadurch, dass er angenehm schnell daher kommt. Thrash-Puristen werden vielleicht durch ein paar Industrialeinflüsse abgeschreckt, was mich aber eher weniger stört.


    Auch “Karmic Wheel” kann mich überzeugen. Um das nochmal klar zu stellen: ich mag auch langsame Songs - von mir aus auch im Thrash Metal. Allerdings kommt es auf die Umsetzung an und “Karmic Wheel” trifft es mit seinen Tempowechseln, der sehr ruhigen Passage gegen Ende und der Länge von über 6 Minuten endlich so, dass ich mir das ganze nicht 10 mal anhören muss, um was davon zu haben. Komplett Panne ist dagegen der “Song” “Realitätskontrolle”. Das Ding wäre selbst als Intro auf ‘nem mittelmäßigen Industrialalbum grenzwertig, aber einfach irgendwelche Industrialgeräusche scheinbar willkürlich aneinander zu reihen, das Ergebnis für gut zu befinden, es irgendwo auf das Album zu rotzen und daran nichts auszusetzen zu haben ist schon echt hart.


    “Zero To None” kann leider auch nicht wirklich punkten. Es ist jetzt nicht direkt kacke, aber leider komplett langweilig und auch nach sehr häufigem Hören bleibt bei mir nichts hängen. Tja, schätze auch so abstruse Experimente wie “Renewal” sind vor gemeinen Fillern nicht gefeit. Das vielleicht punkigste Stück “Europe After The Rain” hatte ich sogar durch die Live-Version auf “Past Life Trauma noch einigermaßen gut im Kopf. Insgesamt nicht schlecht und wieder einer der Songs, der von genau dem Stil des Albums profitiert und woanders so gar nicht möglich gewesen wäre. Bleibt noch “Depression Unrest”, welches wieder sehr ruhig anfängt und dann aber ohne große Umschweife zum Recht typischen “Renewal” Song mutiert. Vielleicht noch ganz interessant für alle, die hier verzweifelt nach etwas melodischem suchen.


    Damit hätte ich “Renewal” dann auch durch und was bleibt ist kein leichtes Album, welches aber tatsächlich besser wird, je öfter man es hört. Klar muss man es auch mal im damaligen Kontext betrachten: wenn jetzt gerade das Jahr 1992 wäre, ich alles, was Kreator vorher gemacht haben bereits auswendig kennen würde und “Renewal” gerade das neueste Material ist, ich vielleicht bei der Tour dabei gewesen wäre und das Ding von Anfang an rauf und runter gehört hätte, dann hätte ich natürlich einen ganz anderen Zugang. So ist es eher in Arbeit ausgeartet. Ich mag ja eigentlich Alben, die ihr volles Potential erst im Laufe der Zeit entfalten, aber wenn ich das Ding fast auswendig kennen muss und zwar nicht um noch irgendwelche interessanten Details zu entdecken, die mir vorher nicht aufgefallen sind, sondern einfach nur, um mich an die eher eigenwilligen Songs zu gewöhnen, dann ist das nicht das, was ich mir vorgestellt habe.


    Schlecht ist “Renewal” aber auch auf keinen Fall. Gerade der Titelsong und “Karmic Wheel” funktionieren für mich direkt und ohne Umschweife und “Brainseed” oder “Winter Martyrium” habe ich mir erfolgreich schön gehört. Trotzdem wird es innerhalb der Kreator Diskographie wohl immer das Album sein, bei welchem ich die größte Hemmschwelle habe. Im Endergebnis ist das nicht wirklich gut, nicht wirklich schlecht, sondern genau die Mitte. Kann ich mir theoretisch anhören, aber muss auch nicht sein, wenn Kreator so viel besseres am Start haben.


    Punkte: 5/10

  • Kreator - Cause For Conflict



    Nach dem in vielerlei Hinsicht eher "schwierigen" Album "Renewal" stand 1995 das nächste und insgesamt zweite Album von Kreators experimenteller Phase in den Ladenregalen - "Cause For Conflict", eines der ganz wenigen Alben von Kreator, die ich nicht schon länger bei mir liegen habe. Erst jetzt, wo ich mich ausgiebig durch deren 90'er Dekade höre, habe ich das endlich mal nachgeholt. Das hat einen Vorteil: 2018 gab's 'ne Neuauflage im hübschen Digi-Book mit 3 Bonus Tracks - also Zeit zuzugreifen! Apropos hübsch: ich mag das in kühlen Farben gehaltene Cover, welches dem von Kreator häufig verwendeten Motiv des Monsterkopfes auf dem Cover eine sehr moderne Wendung gibt.


    Direkt beim ersten Reinhören fällt mir so einiges auf. Zuerst einmal wird sich dem Thrash Metal wieder deutlich angenähert - von den 4 experimentellen Alben definitiv das thrashigste. Gleichzeitig ist es weiterhin ein gutes Stück von dem entfernt, was man sonst von Kreator kennt. Was wir hier haben ist der damals moderne Thrash Metal mit viel Groove und zwischendurch hat man gerne mal das Gefühl gerade Pantera oder "Divine Intervention" von Slayer zu hören (was leider auch nicht unbedingt mein Geschmack ist). Die gute Nachricht: im Gegensatz zu "Renewal" ist der Sound im großen und ganzen klasse. Der Bass ist hier besser hörbar als so ziemlich auf jedem Album der Ruhrpottler und das Schlagzeug geht hier total durch die Decke. Das könnte unter anderem auch daran liegen, dass Ventor hier ausnahmsweise mal nicht mit von der Partie ist und durch Joe Cangelosi ersetzt wurde. Nix gegen Ventor, aber der gute Joe legt hier einen 1-A Job hin und sorgt nach den viel zu "hohl" abgemischten Drums auf "Renewal" für willkommene Abwechslung. Die Vocals sind hier "interessant". Erneut ein Schritt nach vorne nach dem Vorgänger, aber deutlich tiefer als man das von Mille kennt, was im Ergebnis nicht direkt schlecht, aber ungewohnt und auch etwas generischer klingt. Hin und wieder habe ich das Gefühl, irgendeine 90'er Thrash Band zu hören, die ich nicht kenne, anstatt Kreator. Wirklich im Nachteil sind hier aber nur die Gitarren. Der Anteil an Solos, die sich hervorheben ist erschreckend gering und irgendwie fallen die Riffs selbst im Vergleich zu "Renewal" flach.


    Oh, und der ganze Aufbau des Albums nimmt direkt mal 4 Spuren Abstand von den langen, sperrigen Songs auf dem Vorgänger. Statt 8 Songs haben wir jetzt 12 (bzw. im Re Release sogar 15) die teilweise sehr kurz und knackig sind und auch schonmal die 2-Minuten Marke unterscheiden. Das führt auch dazu, dass jeder direkt besser in "Cause For Conflict" reinkommt, aber die Songs dafür auch nach häufigem Hören nicht deutlich an Qualität gewinnen wie das vorher der Fall war (ich habe "Cause For Conflict" fairerweise wirklich oft und ausgiebig gehört in den letzten Wochen). Ansonsten schreckt man auch diesmal vor ein paar Industrial Einflüssen nicht zurück, was manche Hardcore Fans sicher anpisst, mich aber nicht stört und setzt auf umso mehr auf politische Texte, womit ich gar kein Problem habe, denn wenn wir mal ganz ehrlich sind: die Lyrics über Tod, Krankheit, Folter und endlose Schmerzen der 80'er waren vielleicht ganz "kultig" aber gerade wenn man sich mal die Mühe macht sie in Ruhe anzuhören oder zu lesen etwas schwach. Da kann "Cause For Conflict" schon mehr.


    "Prevail" macht seinen Job als Opener sehr gut und lässt alles, was die Band an stilistischen Änderungen reingebracht hat hier besonders gut klingen. Wir haben direkt ein klasse klingendes Schlagzeug, einen sehr prominenten Bass und ausnahmsweise sogar mal das eine oder andere brauchbare Gitarrenriff. Ansonsten hat man auch versucht jedes Spektrum an Tempo unterzubringen. Dadurch wirkt der Track höchstens etwas überladen, sonst macht er aber viel Bock auf den Rest des Albums. "Catholics Despots" schraubt dann direkt den Härtegrad nach oben und zeigt, dass wir es hier insgesamt mit einem sehr aggressiven Album zu tun haben werden, was mir ganz recht ist, auch wenn's mir zwischendurch zu sehr nach Slayer klingt.


    Dann lieber ein wirklich ehrliches Brett ohne zu große Spielereien wie "Progressive Proletarians". Das Ding geht einfach nur nach vorne, klingt nach Kreator und versucht nicht krampfhaft in irgendein Schema zu passen. Sehr spannend wird es dann aber mit "Crisis Of Disorder", welches die Fans nochmal richtig spalten dürfte. Sehr entspannter Einstieg und recht einzigartige Vocals, was mich alles fast schon an Fear Factory erinnert. Abgesehen davon, dass ich Fear Factory mag, klingt "Crisis Of Disorder" zum Glück aber immer noch eigen genug, um wirklich eine Identität zu haben. Vom regulären Album ist das für mich der Song, der am meisten positiv hervor sticht und auch einer der wirklich positiven Songs, welche die experimentelle Phase hervor gebracht hat und die außerhalb dieser Zeit nicht vorstellbar gewesen wären.


    "Hate Inside Your Head" tritt wieder einfach nur Arsch ohne besondere Schnörkel, ähnlich wie "Progressive Proletarians". Besonders nett finde ich den "Riots Escalate!" Part zum Ende. "Bomb Threat" ist dagegen zwar ähnlich aggressiv, aber etwas zu kurz, um wirklich rein zu kommen. Das Problem habe ich manchmal bei sehr kurzen Thrash - Songs (einer der Gründe warum "Reign In Blood" von Slayer für mich jetzt nicht der heilige Gral ist) und bei "Bomb Threat" geht es mir auch so, dass der Song so ziemlich in dem Moment abbricht, wo ich gerade anfange ihn zu mögen.


    "Men Without God" spricht mich textlich sehr an (laut dem Kommentar von Mille war er in der damaligen Zeit sehr von einer atheistischen Weltsicht fasziniert). Musikalisch geht er in Ordnung. Ein paar nette Lead Gitarrenparts und Tempowechsel, wo sie passen, aber sonst etwas wenig was ihn unbedingt hervor hebt. Bei "Lost" geht's mir ähnlich. Keine nervigen Tiefpunkte aber auch wenig, was jetzt langfristig hängen bleibt. "Dogmatic" hat ein ähnliches Problem wie "Bomb Threat". Es knüppelt wunderbar nach vorne und ist dann auf einmal nach unter 2 Minuten ganz plötzlich vorbei - meh.


    "Sculpture Of Regret" geht die Sache angenehm melodisch an und bietet das vielleicht beste Gitarrensolo auf "Cause For Conflict". "Celestial Deliverance" sagt mir dagegen eher wenig. Als Filler sicherlich okay, aber sonst unspektakulär. Mit "Lost" bedienen die Essener schließlich nochmal die etwas langsameren Töne. Nett zu hören, wie der Song wirklich ruhig anfängt und dann langsam an Fahrt gewinnt. Schöner ausklang für's reguläre Album. Nach ein paar Minuten Pause wartet dann sogar noch ein Hidden Track, wenn wir es mal so nennen wollen. Die 0,5% der Hörer, die sowas anspricht würden es wahrscheinlich "Klangcollage" nennen, für den Rest passt wohl die Bezeichnung "Verschiedene Tierarten, die sich vor random Industrialgeräuschen gegenseitig zerfleischen" besser. Das ganze klingt ungefähr genau so sinnvoll wie "Realitätskontrolle" auf "Renewal" ich frage mich auch, was das eigentlich soll, aber zumindest hier wurde es an der richtigen Stelle platziert, wenn wir sowas schon unbedingt brauchen.


    Auf der Neuauflage warten sogar noch drei Bonustracks, die hinter "Isolation" und dem Hidden Track etwas scheiße platziert sind, zumindest, wenn man das Album am Stück hören will. Vielleicht will man das Hörerlebnis ja besonders authentisch belassen, aber selbst damals war man so clever, den Bonus Track für den US-Release besser in das Album zu integrieren. Egal - als erstes hätten wir "Suicide In Swamps", was ganz sicher nicht jedermanns Sache sein dürfte. Bisher wurde das Ding meines Wissens nach nur auf der Best Of "Scenarios Of Violence" veröffentlicht (welche ich nicht habe) und ich bin wirklich froh, jetzt auch in den Genuss zu kommen. Mit über 5 Minuten mag der Song auf den einen oder anderen schwerfällig wirken, aber für mich trieft er nur so vor Atmosphäre. Absolutes Highlight! "Limits Of Liberty" (ebenfalls vorher nur auf "Scenarios Of Violence" erschienen) ist dagegen ein ganz typischer aggressiver und kurzer Thrash Song, der sehr ähnliche Stärken und Schwächen wie "Bomb Threat" und "Dogmatic" hat. Last but not Least haben wir "State Oppression", ein sehr punkiges Cover von Raw Power, welches zwar wirklich kaum noch nach Kreator klingt, aber auf "Cause For Conflict" wohl so gut passt, wie auf keinem anderen Album. Der Song war damals schon als Bonus Track für die US Version mit dabei und hat es hier aus unerfindlichen Gründen noch nicht mal auf die limitierte Tin Box Version geschafft, was mich als Komplettionist ziemlich angepisst hat und mit ein Grund dafür war, warum ich mir das Album erst jetzt gekauft habe.


    Alles in allem bin ich von "Cause For Conflict" eher positiv überrascht. Ein guter Schritt nach vorne nach "Renewal". Ein wenig kann ich die Kritik verstehen, dass es an manchen Stellen etwas generisch klingt und ein wenig berechnet wirkt - man wollte es offenbar möglichst vielen Leuten recht machen. Das ist aber weitestgehend auch gelungen. Über wirklich problematische Passagen bin ich hier gar nicht gestolpert und einige Songs sind echt gut ("Progressive Proletarians", "Crisis Of Disorder", "Isolation" und "Suicide In Swamps") um nur ein paar zu nennen. Der Sound passt insgesamt sehr gut und ich kann es mir immer wieder anhören, ohne es lästig zu finden. Ein wenig mehr Höhepunkte wären trotzdem nett gewesen. "Cause For Conflict" hat wenig Ecken und Kanten und damit auch nicht so viele Momente, die jetzt total hervorstechen. Aber ganz ehrlich: so ein Sicherheitsalbum ist mir doch etwas lieber als das wilde drauf los Experimentieren von "Renewal" oder auch solch extreme Ausflüge in andere Genres wie "Endorama".


    Punkte: 7/10

  • Kreator - Outcast



    "Outcast" stellte 1997 den dritten Ansatz von Kreator dar, etwas völlig neues und kreatives in einem Genre zu erschaffen, welches in den 90'ern in einer ordentlichen Krise gesteckt hat. Wir erinnern uns: 1992 haben sie das sperrige und unnötig komplizierte "Renewal" rausgehauen, 1995 kam das auf modernen Thrash setzende "Cause For Conflict" welches es irgendwie jedem recht machen wollte und zwei Jahre nach "Outcast" sollte 1999 das komplett exotische "Endorama" kommen, auf welchem die Band mit Goth Rock die Hörer schockiert. Bevor wir jetzt versuchen "Outcast" irgendwo dazwischen einzuordnen sei noch gesagt, dass ich dieses von allen 4 Kreator Alben aus dieser Phase am längsten kenne und am häufigsten gehört habe. Das heißt, dass ich es nicht nur im Vorfeld zum Review vergleichsweise gut kannte, sondern auch dass ich so zu sagen die Vanilla-Version von damals habe und nicht den 2018'er Re-Release mit Bonus Live CD vom Dynamo Open Air 1998, was sehr schade ist. Live Aufnahmen aus dieser Zeit gibt's eher mal wenige.


    Interessanter Weise wird hier fast alles, was den Vorgänger ausgemacht hat wieder verworfen. Kein übermäßiger Groove mehr, keine ultrakurzen >2 Minuten Songs und auch keine unnatürlich tiefen Vocals von Mille. Selbst Drummer Ventor wurde wieder an Bord geholt. Stattdessen sind wieder leichte "Renewal" Einflüsse zu hören, aber eher im positiven Sinne. Das eine oder andere Mal denke ich mir jedenfalls "Mensch, wenn "Renewal" damals SO geklungen hätte, dann wäre da vielleicht was draus geworden.". Ansonsten kann man aber auch schon ein wenig erahnen, was später mit "Endorama" auf uns zukommen sollte. So unähnlich sich die beiden Alben auch sind, so gut klingt der Kompromiss zwischen schrammelig und glattgebügelt aber auf "Outcast". Dazu kommt ein eher langsames Tempo. Die meisten Songs sind im Midtempo, manche auch drunter. Das in Kombination mit der gesamten Produktion gibt dem ganzen Album eine sehr düstere und schwere Atmosphäre, was für Kreator ungewöhnlich klingt, mir hier aber erstaunlich gut gefällt.


    "Leave This World Behind" ist mit seinen Rock-Hymnen Charakter wahrscheinlich der Song, der am stärksten aufzeigt, wohin die Reise mit "Endorama" später hingehen sollte. Mit dem etwas raueren Sound klingt das aber wirklich schwer in Ordnung und geht eigentlich immer. Mit "Phobia" haben wir dann sogar einen richtigen Hit am Start und den einzigen Song von allen 4 experimentellen Alben, der längerfristig relevant für die Band sein sollte und sogar heute noch live gespielt wird. Auch wenn gerade "Cause For Conflict" zwar ebenfalls Songs am Start hatte, die diese Aufmerksamkeit verdient hätten, kann ich es bei "Phobia" gut verstehen. So mit das thrashigste, was "Outcast" zu bieten hat knallt das Ding jedes Mal beim Hören und wird nie langweilig.


    Das trifft leider nicht auf "Forever" zu, welches einfach nur monoton und langweilig klingt. "Black Sunrise" dagegen hat die Fans damals so richtig gespaltet. Viele, die Kreator in dieser Zeit scheiße fanden, führen dazu gerne genau diesen Song an. Zugegeben: mit Milles cleanen und ruhigen Gesang und dem fast schon doomigen Tempo sind wir hier ganz weit vom Thrash Metal entfernt, aber ich liebe es. Auch heute kriege ich noch Gänsehaut, wenn Mille "Black Sunrise - Darkened The Earth" im Refrain singt. Es kommt irgendwie ein ähnlicher Vibe rüber wie beim super atmosphärischen "Suicide In Swamps" (dem Bonus Track von "Cause For Conflict", den keine Sau kennt) nur nochmal deutlich ausgereifter.


    "Nonconformist" geht die Sache dagegen wieder sehr rockig an und neben "Phobia" das schnellste, was "Outcast" zu bieten hat. Das Riff ist ganz einprägsam, aus mehr scheint der Song aber auch nicht zu bestehen. "Enemy Unseen" überrascht am Anfang gleich mal mit richtig netten Drums, um sich dann im Midtempo langsam aber sicher in die Gehörgänge zu stampfen - sehr gelungen. Nur was soll dieser lästige hochfrequente Ton gegen Ende? Der Titelsong "Outcast" nimmt dann wieder komplett das Tempo raus und verdeutlicht sehr gut, was ich vorhin mit "düster" und "schwer" meinte. Ganz ehrlich: das hätte ich den Jungs so nicht zugetraut und dann ziehen sie es auch noch wunderbar durch. Muss man auf jeden Fall mal gehört haben!


    Etwas gemütlicher geht es dann wieder mit "Stronger Than Before" zur Sache. Leider kann die Aggression, die hier in den Lyrics suggeriert wird musikalisch nicht so ganz umgesetzt werden - da hätte es mehr Tempo und Härte gebraucht. "Ruin Of Life" setzt sehr auf sei cleanes Gitarrenriff im Refrain, welches dem Stück tatsächlich ziemlich viel Wiedererkennungswert gibt, bis es dann in ähnlicher Form nochmal in "Shadowland" auf "Endorama" umgesetzt wurde. Nach einem langen Ausklang und sauberen Übergang erwartet uns dann "Whatever It May Take". Worüber ich hierbei null hinweg komme sind die digital verzerrten Vocals, die irgendwann aufploppen. Sowas hört man definitiv nicht alle Tage bei Kreator und… naja das ist wohl auch besser so. Ansonsten klingt's sicherlich solide, der Bass kommt mal wieder ordentlich zu Wort, aber ganze Wände werden hier auch nicht gerade eingerissen.


    Da finde ich "Alive Again" welches nach dem kurzen düsteren Intro zwar langsam aber sehr kraftvoll loslegt schon besser. So kann er die gesamte Spannung, die er aufbaut konstant ha, was immer gut ist. Mit "Against The Rest" gibt's dann nochmal 'ne kurze fröhliche Rocknummer, die ganz gut geworden ist, bevor sich "Outcast" mit "A Better Tomorrow" verabschiedet. Große Überraschungen gibt es hier nicht mehr, sondern eher die übliche Schwere des Albums und sehr gelungene Gitarren Arbeit. Insgesamt aber ein guter Abschluss.


    Nach gut 47 Minuten bin ich mit dem Ergebnis doch ganz zufrieden. "Cause For Conflict" war wirklich nett, aber ich bin froh, dass Kreator mit "Outcast" eine andere Richtung eingeschlagen haben, da das Potential von "Cause For Conflict" recht schnell ausgeschöpft war. Nicht, dass ich mir jetzt 3 Alben von der Sorte wie "Outcast" vorstellen könnte, aber es sticht definitiv in der gesamten Diskographie der Band hervor und zwar ohne dabei so übermäßig komplex wie "Renewal" oder over the Top wie "Endorama" zu sein. Oh und endlich hat man wohl eingesehen, dass keiner irgendwelche seltsamen Klangcoulagen wie "Realitätskontrolle" und den Hidden Track nach "Isolation" haben will.


    Bis auf ein paar langweilige Filler wie "Forever" oder "Nonconformist" wird eigentlich immer was geboten und auch wenn theoretisch noch mehr echte Hits und Highlights drin gewesen wären, machen "Phobia", "Black Sunrise", "Enemy Unseen" und natürlich der Titeltrack schon einen sehr guten Job in diese Richtung. Für mich das beste, was in Kreators experimenteller Phase rausgekommen ist. Vielleicht kann es nicht mit den großen Klassikern mithalten, aber ich kann es mir immer wieder mal geben.

    Punkte: 8/10

  • Kreator - Voices Of Transgression - A 90s Retrospective



    Ich habe mich jetzt in den letzten Wochen so richtig schön mit Kreators eher experimenteller Phase beschäftigt und alle Alben von "Renewal" bis hin zu "Endorama" rauf und runter gehört. Bleibt nur noch eine sehr spezielle Compilation mit dem hochtrabenden Namen "Voices Of Transgression - A 90s Retrospective". "Speziell" alleine deswegen weil schon ein bisschen… sagen wir mal Wahnsinn dazu gehört, um auf die Idee zu kommen, eine Art Best Of aus dem unbeliebtesten Material einer Band zu zaubern. Dazu kommt, dass der Name etwas irreführend ist. Zum einen wird das doch recht beliebte "Coma Of Souls" aus dem Jahr 1990 aus dieser "Retrospektive" komplett ausgeklammert - es soll ausschließlich um "Renewal", "Cause For Conflict", "Outcast" und "Endorama" gehen. Zum anderen ist "Voices Of Transgression" nicht etwa ganz am Ende der experimentellen Phase und auch nicht einige Jahre später, sondern noch vor dem Release von "Endorama" erschienen. Jep - Teile dieser Compilation waren damals noch gar nicht draußen und so war "Voices Of Transgression" eine erste Gelegenheit schonmal in das kommende Album reinzuschnuppern.


    Neben einem Überblick über die wichtigsten Songs von 1992 - 1999 versteckt sich hier auch das eine oder andere seltene oder gar exklusive Stück - so ziemlich der Grund, warum ich das Teil überhaupt habe. Jetzt werde ich mir nicht alles nochmal Song für Song vornehmen und schreiben, ob sie mir gefallen. Stattdessen werte ich eher daran, ob die einzelnen Alben gut repräsentiert sind und ob sich das Bonusmaterial lohnt oder nicht. Bevor ich das mache muss ich aber trotzdem noch einen eher ärgerlichen Punkt ansprechen: die äußere Gestaltung. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich bin wirklich nicht oberflächlich und mir geht es bei CDs fast ausschließlich um den Inhalt. Aber gerade, wenn man bekanntes Material nochmal auf einer Compilation neu raushaut, dann können das Design, das Cover oder das Booklet eine Rolle dabei spielen, ob der erste Eindruck ist, dass kurz vor dem Release von "Endorama" der Hörer nochmal extra in die Tasche greifen soll oder hier etwas wirklich einzigartiges bekommt. Und naja… Das absolut austauschbare Cover lasse ich ja gerne nochmal durchgehen, aber das lieblos hingeschlunzte Booklet, welches in Wirklichkeit eher ein Katalog - Flyer vom Label ist, stellt wohl so ziemlich den geringsten Aufwand dar, den man sich machen konnte. Vielleicht bin ich auch verwöhnt von den sehr ansprechend gemachten Digi-Books der 2018'er Neuveröffentlichungen, aber mir ist egal ob was hier geboten wird zu damaligen Zeit eher Regel oder Ausnahme war: mir kann keiner erzählen, dass man nicht wenigstens ein paar beliebige Fotos der Band oder von Konzerten aus der Zeit hätte reinklatschen können.


    So, nachdem wir uns jetzt kurz darüber geärgert haben, schauen wir uns mal an, wie die einzelnen Alben auf "Voices Of Transgression" vertreten sind. Da hätten wir einmal "Renewal" - kein besonders gutes Album, aber auch keine Vollkatastrophe. Für Kreator - Verhältnisse aber schon eher das untere Ende der Nahrungskette dank gewöhnungsbedürftigen Sound und unnötig komplizierten Songstrukturen. Vielleicht wollte man sehr vorsichtig sein, aber mehr als den Titeltrack gibt es hier nicht, womit das erste Album der experimentellen Phase gleich mal gnadenlos unterrepräsentiert ist. "Renewal" ist gleichzeitig nicht nur einer der besseren Songs auf dem gleichnamigen Album, sondern einer der leichter bekömmlichen und am stärksten Thrash angehauchten. Das ist an sich zwar ganz nett, gibt aber kein wirklich adäquates Bild von "Renewal" ab. Da hätte man mindestens noch das abgedreht psychedelische "Reflection" oder das langsame "Karmic Wheel" mit reinnehmen müssen, damit halbwegs ein Eindruck gegeben ist, wie merkwürdig der 1992'er Output teilweise klingt.


    Deutlich mehr gibt's da schon vom "Cause For Conflict" Album zu hören. Wir haben "Hate Inside Your Head" (klasse Song), das zu kurze "Bomb Threat" (nicht mein Favorit, aber es passt hier sehr gut drauf, weil >2 Minuten Songs fester Bestandteil des Albums waren), "Lost" und "Isolation". "Lost" hätte meiner Meinung nach überhaupt nicht gemusst, da ich es immer eher als Filler Song auf "Cause For Conflict" gesehen habe. "Isolation" passt da wesentlich besser und kommt interessanterweise mit dem Zusatz [edit]. Dieser bedeutet allerdings nicht, dass wir es hier mit neuem Material zu tun haben, sondern lediglich, dass der Hidden Track am Ende entfernt wurde. Weniger ist hier aber tatsächlich mehr und ich bin froh, dass das Ding von seinem "Geschwür" am Ende befreit wurde, da der Hidden Track lediglich aus Lärm bestand und die gefühlt 12 Leute auf der Welt, die dem irgendeinen künstlerischen Mehrwert abgewinnen können sicher genug Spaß mit dem Original haben werden. Ich vermisse so ein wenig "Crisis Of Disorder", einem der herausstechendsten Songs auf dem Album, aber insgesamt ist mir "Cause For Conflict" gut weggekommen.


    "Outcast" ist ebenfalls sehr stark vertreten in dieser Retrospektive. Wir haben den Opener "Leave This World Behind" (cool), den Hit "Phobia" (natürlich!), beide langsamen und "doomigen" Nummern "Black Sunrise" sowie den Titelsong "Outcast", was okay ist, da beide Songs klasse sind und ziemlich deutlich zeigen wie düster und schwer das Album daher kommt. Zuletzt gibt's noch "Whatever It May Take". Hä? Letzteres finde ich ziemlich nichtssagend. Bis auf den gescheiterten Versuch, digital verzerrte Vocals einzubauen gibt es hier nicht viel interessantes zu hören. Hätte man komplett einsparen können, um mehr Platz für "Renewal" zu haben, aber insgesamt muss ich trotzdem sagen, dass "Outcast" hier schön zusammengefasst wurde.


    Dass man vom damals noch unveröffentlichten "Endorama" noch nicht so viel vorweg nehmen wollte ist sicherlich verständlich. Deshalb gibt es auch nur 3 Song - den Titeltrack "Endorama", den Opener "Golden Age" und das extrem ruhige "Chosen Few". Das reicht aber auch schon ganz gut aus, um ein Gefühl für "Endorama" zu bekommen, da sich die Songs innerhalb des Albums für mein Ohr nicht wahnsinnig stark unterscheiden. Den "Endorama" Part würde ich also auch so stehen lassen. Und damit muss ich wirklich sagen, dass bis auf ein paar kleine Schönheitsfehler (vor allem was "Renewal" angeht) und persönliche Geschmacksfragen die vier Alben hier wirklich gut repräsentiert werden und das Material definitiv ausreicht, um einen guten Überblick darüber zu bekommen, was die Jungs in dieser Zeit alles angestellt haben.


    Spannend wird's jetzt natürlich nochmal mit dem Bonus Material. "State Oppression" - das punkige Cover von Raw Power - war mir ja durch den Re Release von "Cause For Conflict" bekannt. Damals ist es aber soweit ich weiß innerhalb von Europa noch gar nicht veröffentlicht worden und dürfte damit eine ziemlich seltene und unbekannte Nummer gewesen sein. Ganz neu dürfte dagegen das Cover von "Lucretia (My Reflection)" - im Original von Sisters of Mercy - gewesen sein, welches uns Goth Rock in reinster Form präsentiert und klar aus der "Endorama" - Episode der Band zu stammen scheint. Es kommt öfter mal vor, dass ich eine Band dafür kritisiere, dass sie ihren Stil zu sehr verändert. Gar nicht mal, weil ich dafür nicht offen bin oder es nicht meinen Geschmack trifft, sondern einfach weil sich die Band selbst damit keinen Gefallen tut, da sie entweder das neue Genre null beherrscht oder die Stimme des Sängers darauf nicht ausgelegt ist oder was weiß ich. Diesen Punkt konnte ich bei Kreator nie anbringen. Beide Coversongs könnten unterschiedlicher kaum sein und beide funktionieren auf ihre Art sehr gut.


    Dann hätten wir noch "Inferno". Keine Ahnung, was es mit diesem Song auf sich hat, aber alles in allem klingt er ebenfalls so als wäre er eher zu den Goth Rock Zeiten der Band entstanden. Irgendwas passt hier aber nicht so richtig zusammen finde ich. Vielleicht bin das auch nur ich, aber in meiner Wahrnehmung beißen sich die ultra catchy gute Laune Gitarrenriffs doch etwas zu hart mit dem eher apokalyptischen Text von Tod und Zerstörung.
    Ansonsten ist das Ding eher simpel gehalten, würde auf kein Album so richtig gut passen, ist hier aber ganz gut aufgehoben. Zum Schluss hätten wir dann noch "As We Watch The West", welches wohl offenbar vorher nur auf der japanischen Version von "Outcast" erschienen ist. Da haben wir in Europa aber wirklich was verpasst! Ähnlich wie "Black Sunrise" haben wir es hier mit einem sehr düsteren und langsamen Song zu tun. Sicherlich muss man das mögen und alleine das Keyboard geklimper am Anfang dürfte dafür gesorgt haben, dass ein guter Teil der Fans direkt ausgestiegen ist. Aber für mich persönlich sind gerade diese abgefahrenen Songs, die genretechnisch weiter vom Thrash Metal entfernt sind, als dass die Band sich das später je wieder trauen würde, ein ganz besonderes Merkmal dieser Zeit. "As We Watch The West" ist da keine Ausnahme und schafft es auch wieder, mir beim Hören angenehme Gänsehaut zu machen.


    Damit wäre dann wohl für jeden was dabei auf dieser Compilation. Sicherlich kann man sich fragen, ob "Voices Of Transgression" wirklich eine Daseinsberechtigung hat - für mich aber definitiv ja. Als jemand, der ganz neu auf Kreator stößt und einen Abriss über deren beste Songs haben möchte, würde ich allerdings die Finger davon lassen. Das hier sind weder die Kreator, die in den 80'er Jahren das Genre des Thrash Metal mit definiert haben, noch die Kreator von heute, die mit ihrem modernen Thrash Metal die Charts stürmen. Hier haben wir Kreator in einer Art Identitätskrise, die sich an verschiedensten Genres versuchen - und das interessanter Weise erfolgreicher als gedacht. Klar, bin ich froh dass sie irgendwann zu dem zurückgekehrt sind, was sie am besten können und, woraus sie die kreativsten Ideen schöpfen können, denn ich denke ein zweites "Endorama" oder "Cause For Conflict" wäre schnell langweilig geworden. Trotzdem muss man der Band anrechnen, dass sie sowohl aus groovigem Neo Thrash a la Pantera oder Fear Factory als auch aus Goth Rock etwas auf die Beine stellen konnten. Auf "Voices Of Transgression" kommen diese Kontraste ziemlich gut zur Geltung, wenn zum Beispiel Songs wie "Hate Inside Your Head" oder "Chosen Few" aufeinander prallen.


    Thrash Puristen, die die exotische Phase von Kreator immer gemieden haben, sollten "Voices Of Transgression" mal eine Chance geben. Hier bekommen sie alle wichtigen Basics dieser Phase, ohne sich mit den einzelnen Alben rumschlagen zu müssen. Im schlimmsten Fall können sie dann ihre Argumentation, warum Thrash Metal in den 90'ern mal gar nicht geht, besser untermauern. Fans, die Sonst schon alles haben bekommen hier immerhin eine kleine Handvoll größtenteils ganz guter Bonus Tracks. Klar muss jeder selbst sehen, ob sich dafür allein der Kauf lohnt, aber ich bin ganz froh, Kreators "schwierigste" Zeit nochmal komplett nachgeholt zu haben.


    Punkte: 7/10

  • :Wumpscut: - Gomorra



    Okay, das wird jetzt ein bisschen "nerdy", aber ich wollte einfach mal einen etwas näheren Blick auf einen der besten (wenn nicht den besten) Outputs meines Lieblings- elektronischen Projektes :Wumpscut: werfen. Rudi Ratzinger hat wirklich viel an Alben, Singles, Compilations und was weiß ich nicht alles veröffentlicht und als Einsteiger ist es gar nicht mal so leicht zu wissen, wo genau man da anfangen soll. Schwankungen in der Qualität gibt's immer mal wieder und nicht jede CD ist gleich gut zugänglich.


    Ich bin sehr froh, dass ich damals mit der 1994'er Single "Gomorra" in Kombination mit dem Album "Embryodead" angefangen habe. Nein, ich will nicht behaupten, dass ich mir das damals schon zum Release mit 7 Jahren gegeben habe, aber als ich irgendwann wirklich zufällig einfach mal zugegriffen habe, waren das die ersten beiden CDs, die ich mir angehört habe und ich war fortan infiziert.


    "Gomorra" ist ist kurz nach dem Debüt "Music For A Slaughtering Tribe" erschienen - etwa zur gleichen Zeit wie auch die ebenfalls großartige Single "Dried Blood". Ich weiß jetzt nicht genau, welche von den beiden zuerst da war, aber viele Fans werden die beiden wohl als Bundle "Dried Blood Of Gomorrha" besitzen. Ich habe beide separat und werde mich in diesem Review nur auf die (für meinen Geschmack) etwas stärkere "Gomorra" beziehen. Außerdem habe ich den 1997'er Re Release, welcher neben einem ganz leicht veränderten Schriftzug auf dem Cover eine - warum auch immer - etwas veränderte Reihenfolge der Tracks bietet. Sonst dürfte aber alles gleich sein.


    Insgesamt wird hier mehr auf Qualität statt auf Quantität gesetzt. Konkret heißt das: 4 Songs, 1 kurze Promo und gut 20 Minuten Laufzeit. Die Titel suggerieren allesamt, dass es sich um Remixe handelt, was die Sache etwas verwirrend gestaltet. Ich kenne zwar die eine oder andere Alternative Version der Songs, aber von keinem einzigen das Original ohne irgendeinen zusatz. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich jetzt nicht jede ultrarare Demo von Ratzinger mein eigen nenne.


    Los geht's mit "Untermensch" - in der adored Version wohlgemerkt (und eine andere ist mir auch nicht bekannt). Hier zeigt sich ganz gut, dass Provokation gut funktionieren kann, wenn sie anständig umgesetzt ist. Was dabei "anständig" ist, liegt sicher immer im subjektiven Ohr des jeweiligen Hörers. Aber während ich bei einigen späteren Veröffentlichungen von :Wumpscut: immer mal wieder das Gefühl hatte, dass Provokation dort als Selbstzweck dient, finde ich sie hier sehr gelungen, indem zum Beispiel Zitate aus der "Blechtrommel" verwendet wurden ("Es war einmal ein leichtgläubiges Volk. Das glaubte an den Weihnachtsmann. Doch der Weihnachtsmann, war in Wirklichkeit der Gasmann!"). Musikalisch gibt es hier ebenfalls nicht das geringste zu bemängeln. Rudi schafft es vor allem im sehr markanten Refrain, im Gedächtnis zu bleiben und lässt hier nichts anbrennen.


    Als nächstes hätten wir den Dessert MIXX von" Crucified Division", zumindest in der 1997'er Version - ansonsten käme zuerst "In The Night". Hier ist mir zumindest noch die deutsche Version "Verflucht Bis Ihr Verhungert" ein Begriff, obwohl ich diese Version hier mit englischen Lyrics doch klar bevorzuge (okay, ist vielleicht nur Gewohnheit). Ganz anders als der "Untermensch" kommt "Crucified Division" deutlich langsamer daher und hypnotisisiert den Hörer geradezu. Obwohl die Synths hier sehr einzigartig klingen fällt mir ähnlich wie im Track davor auf, dass Rudi hier sehr viel aus seiner Stimme rausholt. Gerade "Crucified Division" wäre als a capella Version jetzt nicht gänzlich abwegig. So oder so tritt das Ding jedenfalls voll in's schwarze!


    Dann hätten wir da noch den full range Track von "In The Night" (was auch immer ein full range Track ist). Für alle, die auf einer :Wumpscut: CD mindestens einen Song mit maximalem Tempo und Aggression brauchen: "In The Night" ist genau für euch! Gut 5 Minuten geht's brutal nach vorne und obwohl wir es hier mit einem Song zu tun haben, der sowohl eure Anlage als auch eure Nachbarn auf eine harte Probe stellen wird, kommt dabei noch überraschend viel düstere Atmosphäre rüber. Das nenne ich mal Lärm mit Anspruch.


    Okay, wir hatten den Ohrwurm, den langsamen hypnotischen Song und den Brecher. Wie können wir das noch toppen? Oh, ich weiß: mit etwas sehr komplexen, was zwar gut in's Ohr geht aber an sich so abwechslungsreich ist, dass man auch beim zehnten mal hören noch etwas neues entdecken kann. Und da kommt "Turns Off Pain" in der Recommended Version in's Spiel. Empfehlen kann ich diese Version auf jeden Fall jedem, der… Naja eigentlich jedem. Wir haben hier einige Tempowechsel, klasse platzierte Samples und eine Vielseitigkeit in Ratzingers Stimme, wie man sie selten hört. Auch hier bevorzuge ich das englische Original der deutschen Version "Schaltet Den Schmerz Ab", auch wenn diese irgendwie ihren eigenen Reiz hat.


    Ganz zum Schluss gibt's dann noch eine kleine Promo für das damals kommende Album "Bunkertor 7", welche musikalisch gesehen jetzt keinen großen Mehrwert bietet (auch wenn der Refrain des Titeltracks in verlangsamter Geschwindigkeit ganz lustig klingt), aber für Fans eine ganz nette Kuriosität darstellen dürfte.



    Insgesamt bleibt mir zu "Gomorra" nicht viel mehr zu sagen, außer dass :Wumpscut: als Projekt hier 4/4 mal komplett in's schwarze trifft. Ich kann mich anstrengen wie ich will: ich finde hier einfach nichts, was ich nicht mag. Ich will auch gar nicht wissen, wie oft ich mir die einzelnen Songs oder die CD als ganzes schon gegeben habe - aber es dürfte oft gewesen sein, also mal so richtig oft. Wer überlegt, mal näher in :Wumpscut: rein zu hören dem sei "Gomorra" (oder von mir aus auch das Bundle "Dried Blood Of Gomorrha") wärmstens an's Herz gelegt. Ihr müsst nicht viel Zeit investieren und bekommt sofort eine Vorstellung davon wie kreativ, vielseitig und voller Ideen der gute Rudi damals war.


    Punkte: 10/10

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