Hallo ihr,
in drei Tagen jährt sich meine Kündigung. 8 Jahre ist das jetzt her, und dennoch fühlt es sich hochaktuell an. Am Samstag musste ich einer Freundin davon erzählen, weil sie dieselbe Ausbildung machen will. Und da sind alle alten Gefühle des Versagens wieder hochgekommen und die Überzeugung, dumm zu sein und es nie zu etwas zu bringen.
Die Story: Nach der mittleren Reife habe ich eine Ausbildung zur Sozialversicherungsfachangestellten angefangen, mich aber nur drei Monate gehalten, weil ich psychisch zu instabil war. Ich war überfordert. Bei mir hat das Computersystem ewig nicht funktioniert und meine Ausbilderin war die schlimmste im ganzen Großraumbüro. Sie war erst mal zwei Wochen im Urlaub, als die neuen Azubis kamen. Sie war sehr streng. Einmal hat sie mich besonders schlimm zusammengefaltet, danach habe ich zu meinen Gruppenmitgliedern gesagt, dass sie mich hasse. Das hat sie natürlich gehört. Danach hat sie sich im Personalbüro beschwert, dass ich unhöflich und weinerlich sei. Es folgten einige Gespräche mit dem Ergebnis, dass ich bleiben darf, wenn ich die Probezeitklausuren bestehe und mich am Arbeitsplatz bessere. Ersteres ist geschehen, letzteres nicht. Die Personalchefin rief mich eine Woche vor Schluss zu sich hoch und sagte, sie habe meine Eltern zu einem Gespräch gebeten. Dabei wurde ich gezwungen, selbst eine schriftliche Kündigung einzureichen, damit es nicht so demütigend sei. Ich solle weiter zur Schule gehen oder in die Psychiatrie für ein halbes Jahr oder mehr, weil ich kein Selbstwertgefühl hätte und meine Aussagen widersprüchlich seien.
Ich wurde dann in einem weiterführenden Gymnasium untergebracht, habe ein gutes Abi gemacht und sogar die Abirede gehalten. Danach wollte ich eigentlich ein FSJ machen, aber meine Mutter verbot es mir, weil sie das selbst nicht machen durfte. Seither studiere ich Theologie, ein besonders langes und wenig intensives Studium. Ich dachte, ich würde in der Zwischenzeit herausfinden, was ich werden will. Nichts dergleichen geschah.
Im August 2021 werde ich mit dem Studium fertig sein, wenn ich alle Prüfungen bestehe. Und dann geht es in die praktische Ausbildung/ das Vikariat. Alle werden wahrscheinlich meine psychischen Schwierigkeiten sehen und mich wieder kündigen.
Danke, wenn du dir die Zeit genommen hast, das zu lesen. Ich weiß, es wäre nicht schlimm, arbeitslos zu sein, und ich soll die Zeit nutzen, um an meiner Einstellung zur Arbeit zu arbeiten. Mein Glaubenssatz lautet: ich bin, was ich tue, wenn ich nichts tue, bin ich nicht. Trotzdem wünsche ich mir glühend, eines Tages in einer Ausbildung durchzuhalten. Seid ihr schon mal gekündigt worden? Wie habt ihr das verkraftet? Und wie geht es euch inzwischen damit?