Beiträge von OneEyedMan

    Ich habe überlegt, ob ich hier als nicht mehr Mitglied etwas schreiben soll, aber ich tu das jetzt trotzdem.


    Ich habe die letzten Tage immer wieder hier nachgeschaut, weil ich mir wegen der Op ein wenig Sorgen gemacht habe und um zu schauen, ob ich hier wenigstens irgendwelche Neuigkeiten finde. Die habe ich am Sonntag leider gefunden, auch wenn es nicht die Neuigkeiten waren, die ich mir erhofft hatte.


    Ich glaube so ganz will ich es auch noch nicht wahrhaben und warte unbewusst noch auf eine Nachricht von ihm und darauf, dass sich die Info doch als falsch herausstellt, aber das wird nicht passieren. Es wird einige Zeit dauern, bis ich das verarbeitet habe und ich werde ihn nie vergessen, so wie wahrscheinlich viele hier in diesem Forum. Deshalb gleichzeitig mein Beileid an Melu, Crow und alle anderen hier im Forum, die ihm nahe standen.


    Der einzige Trost ist, dass er jetzt endlich frei von Schmerz und Leid ist.

    Kreator - Endless Pain



    Wenn es um Thrash Metal der 80'er Jahre geht werden viele direkt nostalgisch und entwickeln so ein kollektives "Ach ja, damals…" - Gefühl. Das kann ich ein Stück weit nachvollziehen. Thrash Metal war damals in seiner Blütezeit und Alben wie "Reign In Blood" von Slayer oder "Agent Orange" von Sodom sprechen da für sich. Ich persönlich bin allerdings zu jung, um die Zeit damals oder die Identitätskrise der 90'er bewusst mitbekommen zu haben. Als ich zum Thrash Metal kam, hat er sich gerade in den frühen 2000'ern so einigermaßen gefangen und war auf dem Weg zurück zum alten Glanz. Dadurch bin ich vielleicht etwas unbefangener oder eben in eine ganz andere Richtung befangen, als die Fans der ersten Stunde.


    So bin ich auch ganz ehrlich, dass ich mit Kreators Phase ab "Violent Revolution" von 2001 am meisten anfangen kann und das obwohl ich durch "Pleasure To Kill" zu der Band gekommen bin und mein ewiger Lieblingssong "Terrible Certainty" ist. An sich bin ich da eh für alles offen, was die Jungs aus dem Ruhrpott rausgehauen haben. Lediglich an ihr Debüt "Endless Pain" habe ich mich noch nie so richtig gewagt. Klar: der Titeltrack, "Flag Of Hate" und "Tormentor" sind soweit durch Konzerte etc. bekannt, aber das war's auch schon. Zeit, das ganze nochmal anständig nachzuholen und mich für eine der mittlerweile unzähligen Versionen zu entscheiden. Neben Re-Releases mit der "Flag Of Hate" EP gibt es auch welche mit der "End Of The World" Demo und seit 2017 mit der "End Of The World" Demo und Teilen der "Blitzkrieg" Demo. Letzteres ist sicherlich die vollständigste Version, wenn es um den ganz alten Krempel geht und bietet obendrein noch zahlreiche Kommentare der Band im Digi-Book.


    Man beachte: die Jungs waren damals so ca. 16-17 Jahre alt, hatten das Studio für 14 Tage und haben das ganze Album aber in nur 10 Tagen aufgenommen und produziert. Dafür bin ich echt positiv überrascht, was den Sound angeht. Klar haben wir hier keine Hochglanzproduktion aber der eher rohe und unpolierte Sound passt perfekt und am Ende kann man es sich auch heute noch wunderbar anhören. Selbst das Cover Artwork ist zwar krude, spricht mich aber direkt mehr an als die ersten Versuche von einigen Genrekollegen. Mit seinen hellen Farben und Abwesenheit irgendwelcher Monster/Dämonen auch sehr untypisch für Kreator. Textlich wurde alles verwurstet, was irgendwie böse und satanisch klingt. Krieg, Schmerzen, Tod und Dämonen wären da einige Schwerpunkte. Selbst Mille ist im Nachhinein der Meinung, dass die Lyrics doch sehr abwechslungsarm und platt geraten sind. Textzeilen wie "Green and red monsters torment your mind - The power of death will destroy mankind" bringen einem heute eher zum Schmunzeln, als dass sie einem das Fürchten lehren, haben aber sicher auch ihren eigenen Charme.


    Musikalisch kann sich "Endless Pain" auch heute noch gut hören lassen. Erwartet hatte ich irgendwie etwas deutlich primitiveres und ranzigeres. Stattdessen komme ich direkt gut rein und habe Spaß mit den Songs. Damals haben sich noch Mille und Drummer Ventor die Vocals geteilt, was sich nach "Pleasure To Kill" dann irgendwie zerschlagen hat. Hier wechseln sich die beiden nach jedem Song ab, was das ganze etwas auflockert, denn auf den ersten Blick hören sich die einzelnen Songs doch recht ähnlich an. Milles Krächzen ist hier noch nicht so vielseitig wie seine späteren Vocals (Wer hätte es gedacht?) dafür aber umso abgefuckter im positiven Sinne, Ventor setzt dagegen auf etwas tiefere Töne und gerade Songs wie "Cry War" harmonieren sehr gut damit, aber insgesamt schafft es Mille hier stärker hervor zu stechen.


    Wirklich ordentlich los geht's mit "Endless Pain", hier gesungen von Ventor, was lustig ist da ich den Song durch Konzerte natürlich immer mit Milles Stimme in Verbindung bringe. Ich persönlich finde auch, dass Mille hier besser als Sänger passt, aber vielleicht bin ich da auch voreingenommen. Ansonsten gibt's hier nichts auszusetzen. Das Ding ist schnell, präzise, kommt ohne jegliche Spielereien aus und passt auch heute noch super in jedes Live Set. "Total Death" ist jetzt nicht unbedingt viel komplexer, geht aber gefühlt noch etwas mehr nach vorne und ist 100% headbangbar. Das Solo gegen Ende ist dann die Krönung.


    "Storm Of The Beast" versucht das ganze etwas langsamer angehen zu lassen und nutzt seine gut 5 Minuten Länge um erstmal ein wenig ordentliche Gitarrenarbeit zur Schau zu stellen, bevor es erst nach über einer Minute richtig losknüppelt. Ansonsten passen hier Ventors Vocals gut mit dem Rest des Songs zusammen und ich habe nichts zu meckern. Danach haben wir mit "Tormentor" einen weiteren Klassiker, der schon zu der Zeit entstanden ist, als die Band sich noch genauso nannte. Für dieses Album irgendwie unglaublich catchy und mal ein Beispiel, wo die Länge von unter 3 Minuten dem Song eher zu Gute kommt.


    "Son Of Evil" ist für mich der erste Qualitätsabfall auf dem Album. Das Gitarrenriff klingt eher generisch und in den schnellen Passagen passen Ventors Vocals eher schlecht als recht. Auch hohe Screams scheinen so gar nicht sein Ding zu sein. "Flag Of Hate" wäre dann wieder ein absoluter Klassiker und auch heute noch ein Highlight auf jedem Konzert. Seinerzeit ist sogar eine eigene EP draus entstanden. Auch wenn ich jetzt gleich gesteinigt werde: so ganz habe ich den Hype nie verstanden. "Flag Of Hate" ist ein guter Song, keine Frage, aber abseits des einprägsamen Refrains und der Tatsache, dass hier wirklich mit sehr hoher Geschwindigkeit gespielt wird hat er mir gar nicht so viel zu bieten, was ihn über Jahrzehnte und so viele Alben hinweg abhebt. Für sich betrachtet aber natürlich trotzdem ein Highlight auf "Endless Pain".


    Mein heimlicher Favorit bleibt aber "Cry War". Was für ein geiles Riff! Einige Tempowechsel machen das Stück vergleichsweise komplex für "Endless Pain" Verhältnisse und wenn Ventor gleichzeitig versucht den Refrain zu singen und dabei böse aufzulachen ist das absolutes Gold. "Bonebreaker" und "Living In Fear" haben dann beide wieder ordentlich Tempo und machen an sich auch wenig falsch, sind für mich aber eher nette Hintergrundbeschallung ohne besonders große Höhepunkte. Nochmal kurz aufhorchen lässt mich dann "Dying Victims" welches ruhig anfängt und dann recht schnell das Tempo steigert und ganz gut Härte mit Schnelligkeit verbindet.


    Damit wären wir auch schon mit dem eigentlichen Album durch, welches erstaunlich gut gealtert ist und sich auch heute noch ohne Nostalgiebonus von meiner Seite klasse hören lässt, obwohl mir hier und da ein wenig die Abwechslung fehlt und alles natürlich noch nicht so technisch ausgereift ist wie auf späteren Outputs.


    Aber wir haben ja noch die Demos - beide 1984 als die Band noch Tormentor hieß aufgenommen. Zuerst haben wir da zwei von vier Songs der "Blitzkrieg" Demo. Die anderen beiden sind auch auf der "End Of The World" Demo erschienen und es wäre wohl zu redundant gewesen, die hier nochmal extra drauf zu packen. Ein wenig kann ich verstehen, warum man so lange gewartet hat, bis man sich endlich getraut hat, das Material auf CD zu pressen. Ich meine jeder hat mal klein angefangen und ich will mich hier gar nicht über die damaligen Möglichkeiten der Band lustig machen, aber im Prinzip ist es kaum hörbar. Was wir hier haben ist ein ziemlich heftiger Soundbrei, aus dem ab und zu mal ein wenig hohes Gekreische zu hören ist. Interessanterweise klingt gerade "Messenger Of Burning Hell" erstaunlich punkig und passt (zumindest von dem, was sich akustisch noch identifizieren lässt) musikalisch eher weniger zu dem, was Kreator später werden sollten.


    Die "End Of The World" Demo kann sich dagegen deutlich besser hören lassen. Während "Blitzkrieg" wahrscheinlich in irgendeiner Garage mit 'ner Kartoffel aufgenommen wurde, ist die Qualität von "End Of The World" für eine Demo aus der Zeit wirklich klasse. Neben den drei Songs "Tormentor", "Cry War" und "Bonebreaker", die auch auf "Endless Pain" in besserer Qualität vertreten sind haben wir hier noch "Armies Of Hell", welches über 5 Minuten lang ist und wo sich die Band so richtig ordentlich verausgabt. Das hätte man locker auch auf's Album packen können und bietet mir sogar deutlich mehr Qualität als sagen wir mal "Son Of Evil" oder "Living In Fear". Abgesehen, dass die Songs auf der Demo noch etwas keimiger klingen (ob positiv oder negativ muss jeder selbst wissen) sind sie hier natürlich noch etwas amateurhafter umgesetzt. Vor allem einige Screams sind hier… naja "niedlich". Die absolute Spielfreude der Band und das Talent schimmern hier aber auch schon durch. Auf jeden Fall nochmal eine ordentliche Bereicherung die Urphase der Band zu hören.


    Unterm Strich bleibt ein starke Einstieg mit ein paar Schönheitsfehlern. Noch nicht jeder Song kann hier so zünden wie auf späteren Alben und ganz ohne Leerlauf kommt "Endless Pain" leider nicht aus. Auch die Abwechslung wird hier noch nicht so groß geschrieben. Der Sound und das insgesamte Feeling sind aber überraschend gut, sodass ich die Scheibe gerne noch das eine oder andere Mal gebe, um meinem Nacken keine Ruhe zu gönnen.


    Punkte: 7/10

    @Whisperer: Also was das Thema Schuld angeht sollte glaube ich klar sein, dass die immer beim Täter und nie beim Opfer zu suchen ist.
    Was prävention angeht, dann finde ich diese durchaus wichtig und deshalb völlig okay, wenn Hombre vorher seine Töchter warnt. Aber der Kern von Prävention ist für mich, dass sie stattfinden bevor etwas passiert. Und dann im Nachhinein zu sagen "das hätte man aber wissen müssen." bringt niemandem etwas. Speziell in deiner Situation eh nicht. Die Reaktionen, die du hier schilderst kann ich wirklich nur als Schuldzuweisungen verstehen.


    Ich wäre auch vorsichtig, so ein Beispiel wie @Hombre das anbringt hier zur Warnung anzubringen. Es ist für mich etwas anderes, auf das Wohl der eigenen Töchter zu achten, als mal so allgemein zu sagen "hier: guckt mal - die ist einfach so mit auf's Zimmer gegangen. Das hätte sie nun wirklich besser wissen müssen. Deshalb macht nicht den selben Fehler.".


    @Sebastian82ich denke ich weiß, worauf du hinaus willst. Ich würde aber auch nicht einfach einen Autounfall als Beispiel posten und dann schreiben" Also ist doch wirklich klar, dass man sein Kind anzuschnallen hat." am besten, wenn mir klar ist, dass in dem Forum viele Betroffene von Autounfällen angemeldet sind.


    Ich weiß, dass sicherlich nicht der Sinn hinter dem Post war, sexuelle Gewalt zu entschuldigen. Trotzdem liest es sich so. Und hey: wenn ich etwas mit guter Intention mache und dann aber merke, dass ich das Gegenteil erreicht habe, dann sage ich doch hinterher wenigstens "Sorry".

    Ich hatte dir ja schon per PN geschrieben, dass ich für inhaltliche Diskussionen auch hier im Thread schreiben kann und das möchte ich jetzt machen, weil mich das Thema doch etwas wurmt. Erstmal:



    wenn ich dann Nachts auf´s Zimmer mitgehe, so kann das vor Richtern so gewertet werden, das es "Herrausgeforter" worden ist!

    Ich denke nicht. Gerade in den letzten Jahren wurden die Gesetze doch eher zu gunsten der Opfer verschärft. Ich meine wir reden hier nicht über Geschlechtsverkehr, der irgendwie in alkoholisiertem Zustand abgelaufen ist, sondern über eine straight up Vergewaltigung. In dem Moment, wo sie in irgendeiner Weise signalisiert hat, dass sie nicht möchte und die Täter trotzdem weiter gemacht haben, haben sie sich strafbar gemacht und sowohl moralisch als auch juristisch ein Verbrechen begangen. Ich hoffe, dass wir uns da alle drauf einigen können und es da nichts zu diskutieren gibt. Es stimmt, dass Verbrechen gegen die sexuelle Selbstbestimmung gerne mal zu niedrig bestraft werden, aber ich denke nicht dass die bloße Tatsachen, dass das Mädel das Zimmer freiwillig betreten hat großartig strafmildernd ausgelegt werden dürfte.


    Dass man an solchen Orten wie diesen vorsichtig sein sollte ist klar, natürlich. Trotzdem verstehe ich deinen Punkt nicht. Das ist wie @Drachentränen geschrieben hat traurig genug, dass es so ist, heißt doch aber nicht, dass der Betroffene deshalb mit Schuld daran ist. Ich denke auch nicht, dass 100% der Männer auf Malle "Raubtiere" sind. Der geringe Prozentsatz derjenigen die es sind sorgen leider für solche Schlagzeilen. Die Frage ist, wie man generell damit umgeht. Ich finde es absolut in Ordnung vorsichtig zu sein und dass du deine Töchter zur Vorsicht erzogen hast ehrt dich auch. Gleichzeitig kannst du genauso gut Opfer sexueller Gewalt werden, wenn du immer maximal vorsichtig bist. Und wo ist da die Grenze? Als Frau immer verhüllt rumlaufen und ohne Mann nicht das Haus verlassen ist am Ende des Tages ja auch nicht die Lösung. Deshalb muss jeder für sich den Mittelweg finden.


    Aber zu erkennen, wie das hier ankommt wenn du zu jemandem, der den Mittelweg deiner Meinung nach nicht gefunden hast sagst "Naja also das hätte man doch wirklich wissen müssen." hätte ich dir schon zugetraut.

    :Wumpscut: - Gomorra



    Okay, das wird jetzt ein bisschen "nerdy", aber ich wollte einfach mal einen etwas näheren Blick auf einen der besten (wenn nicht den besten) Outputs meines Lieblings- elektronischen Projektes :Wumpscut: werfen. Rudi Ratzinger hat wirklich viel an Alben, Singles, Compilations und was weiß ich nicht alles veröffentlicht und als Einsteiger ist es gar nicht mal so leicht zu wissen, wo genau man da anfangen soll. Schwankungen in der Qualität gibt's immer mal wieder und nicht jede CD ist gleich gut zugänglich.


    Ich bin sehr froh, dass ich damals mit der 1994'er Single "Gomorra" in Kombination mit dem Album "Embryodead" angefangen habe. Nein, ich will nicht behaupten, dass ich mir das damals schon zum Release mit 7 Jahren gegeben habe, aber als ich irgendwann wirklich zufällig einfach mal zugegriffen habe, waren das die ersten beiden CDs, die ich mir angehört habe und ich war fortan infiziert.


    "Gomorra" ist ist kurz nach dem Debüt "Music For A Slaughtering Tribe" erschienen - etwa zur gleichen Zeit wie auch die ebenfalls großartige Single "Dried Blood". Ich weiß jetzt nicht genau, welche von den beiden zuerst da war, aber viele Fans werden die beiden wohl als Bundle "Dried Blood Of Gomorrha" besitzen. Ich habe beide separat und werde mich in diesem Review nur auf die (für meinen Geschmack) etwas stärkere "Gomorra" beziehen. Außerdem habe ich den 1997'er Re Release, welcher neben einem ganz leicht veränderten Schriftzug auf dem Cover eine - warum auch immer - etwas veränderte Reihenfolge der Tracks bietet. Sonst dürfte aber alles gleich sein.


    Insgesamt wird hier mehr auf Qualität statt auf Quantität gesetzt. Konkret heißt das: 4 Songs, 1 kurze Promo und gut 20 Minuten Laufzeit. Die Titel suggerieren allesamt, dass es sich um Remixe handelt, was die Sache etwas verwirrend gestaltet. Ich kenne zwar die eine oder andere Alternative Version der Songs, aber von keinem einzigen das Original ohne irgendeinen zusatz. Ich muss aber auch dazu sagen, dass ich jetzt nicht jede ultrarare Demo von Ratzinger mein eigen nenne.


    Los geht's mit "Untermensch" - in der adored Version wohlgemerkt (und eine andere ist mir auch nicht bekannt). Hier zeigt sich ganz gut, dass Provokation gut funktionieren kann, wenn sie anständig umgesetzt ist. Was dabei "anständig" ist, liegt sicher immer im subjektiven Ohr des jeweiligen Hörers. Aber während ich bei einigen späteren Veröffentlichungen von :Wumpscut: immer mal wieder das Gefühl hatte, dass Provokation dort als Selbstzweck dient, finde ich sie hier sehr gelungen, indem zum Beispiel Zitate aus der "Blechtrommel" verwendet wurden ("Es war einmal ein leichtgläubiges Volk. Das glaubte an den Weihnachtsmann. Doch der Weihnachtsmann, war in Wirklichkeit der Gasmann!"). Musikalisch gibt es hier ebenfalls nicht das geringste zu bemängeln. Rudi schafft es vor allem im sehr markanten Refrain, im Gedächtnis zu bleiben und lässt hier nichts anbrennen.


    Als nächstes hätten wir den Dessert MIXX von" Crucified Division", zumindest in der 1997'er Version - ansonsten käme zuerst "In The Night". Hier ist mir zumindest noch die deutsche Version "Verflucht Bis Ihr Verhungert" ein Begriff, obwohl ich diese Version hier mit englischen Lyrics doch klar bevorzuge (okay, ist vielleicht nur Gewohnheit). Ganz anders als der "Untermensch" kommt "Crucified Division" deutlich langsamer daher und hypnotisisiert den Hörer geradezu. Obwohl die Synths hier sehr einzigartig klingen fällt mir ähnlich wie im Track davor auf, dass Rudi hier sehr viel aus seiner Stimme rausholt. Gerade "Crucified Division" wäre als a capella Version jetzt nicht gänzlich abwegig. So oder so tritt das Ding jedenfalls voll in's schwarze!


    Dann hätten wir da noch den full range Track von "In The Night" (was auch immer ein full range Track ist). Für alle, die auf einer :Wumpscut: CD mindestens einen Song mit maximalem Tempo und Aggression brauchen: "In The Night" ist genau für euch! Gut 5 Minuten geht's brutal nach vorne und obwohl wir es hier mit einem Song zu tun haben, der sowohl eure Anlage als auch eure Nachbarn auf eine harte Probe stellen wird, kommt dabei noch überraschend viel düstere Atmosphäre rüber. Das nenne ich mal Lärm mit Anspruch.


    Okay, wir hatten den Ohrwurm, den langsamen hypnotischen Song und den Brecher. Wie können wir das noch toppen? Oh, ich weiß: mit etwas sehr komplexen, was zwar gut in's Ohr geht aber an sich so abwechslungsreich ist, dass man auch beim zehnten mal hören noch etwas neues entdecken kann. Und da kommt "Turns Off Pain" in der Recommended Version in's Spiel. Empfehlen kann ich diese Version auf jeden Fall jedem, der… Naja eigentlich jedem. Wir haben hier einige Tempowechsel, klasse platzierte Samples und eine Vielseitigkeit in Ratzingers Stimme, wie man sie selten hört. Auch hier bevorzuge ich das englische Original der deutschen Version "Schaltet Den Schmerz Ab", auch wenn diese irgendwie ihren eigenen Reiz hat.


    Ganz zum Schluss gibt's dann noch eine kleine Promo für das damals kommende Album "Bunkertor 7", welche musikalisch gesehen jetzt keinen großen Mehrwert bietet (auch wenn der Refrain des Titeltracks in verlangsamter Geschwindigkeit ganz lustig klingt), aber für Fans eine ganz nette Kuriosität darstellen dürfte.



    Insgesamt bleibt mir zu "Gomorra" nicht viel mehr zu sagen, außer dass :Wumpscut: als Projekt hier 4/4 mal komplett in's schwarze trifft. Ich kann mich anstrengen wie ich will: ich finde hier einfach nichts, was ich nicht mag. Ich will auch gar nicht wissen, wie oft ich mir die einzelnen Songs oder die CD als ganzes schon gegeben habe - aber es dürfte oft gewesen sein, also mal so richtig oft. Wer überlegt, mal näher in :Wumpscut: rein zu hören dem sei "Gomorra" (oder von mir aus auch das Bundle "Dried Blood Of Gomorrha") wärmstens an's Herz gelegt. Ihr müsst nicht viel Zeit investieren und bekommt sofort eine Vorstellung davon wie kreativ, vielseitig und voller Ideen der gute Rudi damals war.


    Punkte: 10/10

    Kreator - Voices Of Transgression - A 90s Retrospective



    Ich habe mich jetzt in den letzten Wochen so richtig schön mit Kreators eher experimenteller Phase beschäftigt und alle Alben von "Renewal" bis hin zu "Endorama" rauf und runter gehört. Bleibt nur noch eine sehr spezielle Compilation mit dem hochtrabenden Namen "Voices Of Transgression - A 90s Retrospective". "Speziell" alleine deswegen weil schon ein bisschen… sagen wir mal Wahnsinn dazu gehört, um auf die Idee zu kommen, eine Art Best Of aus dem unbeliebtesten Material einer Band zu zaubern. Dazu kommt, dass der Name etwas irreführend ist. Zum einen wird das doch recht beliebte "Coma Of Souls" aus dem Jahr 1990 aus dieser "Retrospektive" komplett ausgeklammert - es soll ausschließlich um "Renewal", "Cause For Conflict", "Outcast" und "Endorama" gehen. Zum anderen ist "Voices Of Transgression" nicht etwa ganz am Ende der experimentellen Phase und auch nicht einige Jahre später, sondern noch vor dem Release von "Endorama" erschienen. Jep - Teile dieser Compilation waren damals noch gar nicht draußen und so war "Voices Of Transgression" eine erste Gelegenheit schonmal in das kommende Album reinzuschnuppern.


    Neben einem Überblick über die wichtigsten Songs von 1992 - 1999 versteckt sich hier auch das eine oder andere seltene oder gar exklusive Stück - so ziemlich der Grund, warum ich das Teil überhaupt habe. Jetzt werde ich mir nicht alles nochmal Song für Song vornehmen und schreiben, ob sie mir gefallen. Stattdessen werte ich eher daran, ob die einzelnen Alben gut repräsentiert sind und ob sich das Bonusmaterial lohnt oder nicht. Bevor ich das mache muss ich aber trotzdem noch einen eher ärgerlichen Punkt ansprechen: die äußere Gestaltung. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: ich bin wirklich nicht oberflächlich und mir geht es bei CDs fast ausschließlich um den Inhalt. Aber gerade, wenn man bekanntes Material nochmal auf einer Compilation neu raushaut, dann können das Design, das Cover oder das Booklet eine Rolle dabei spielen, ob der erste Eindruck ist, dass kurz vor dem Release von "Endorama" der Hörer nochmal extra in die Tasche greifen soll oder hier etwas wirklich einzigartiges bekommt. Und naja… Das absolut austauschbare Cover lasse ich ja gerne nochmal durchgehen, aber das lieblos hingeschlunzte Booklet, welches in Wirklichkeit eher ein Katalog - Flyer vom Label ist, stellt wohl so ziemlich den geringsten Aufwand dar, den man sich machen konnte. Vielleicht bin ich auch verwöhnt von den sehr ansprechend gemachten Digi-Books der 2018'er Neuveröffentlichungen, aber mir ist egal ob was hier geboten wird zu damaligen Zeit eher Regel oder Ausnahme war: mir kann keiner erzählen, dass man nicht wenigstens ein paar beliebige Fotos der Band oder von Konzerten aus der Zeit hätte reinklatschen können.


    So, nachdem wir uns jetzt kurz darüber geärgert haben, schauen wir uns mal an, wie die einzelnen Alben auf "Voices Of Transgression" vertreten sind. Da hätten wir einmal "Renewal" - kein besonders gutes Album, aber auch keine Vollkatastrophe. Für Kreator - Verhältnisse aber schon eher das untere Ende der Nahrungskette dank gewöhnungsbedürftigen Sound und unnötig komplizierten Songstrukturen. Vielleicht wollte man sehr vorsichtig sein, aber mehr als den Titeltrack gibt es hier nicht, womit das erste Album der experimentellen Phase gleich mal gnadenlos unterrepräsentiert ist. "Renewal" ist gleichzeitig nicht nur einer der besseren Songs auf dem gleichnamigen Album, sondern einer der leichter bekömmlichen und am stärksten Thrash angehauchten. Das ist an sich zwar ganz nett, gibt aber kein wirklich adäquates Bild von "Renewal" ab. Da hätte man mindestens noch das abgedreht psychedelische "Reflection" oder das langsame "Karmic Wheel" mit reinnehmen müssen, damit halbwegs ein Eindruck gegeben ist, wie merkwürdig der 1992'er Output teilweise klingt.


    Deutlich mehr gibt's da schon vom "Cause For Conflict" Album zu hören. Wir haben "Hate Inside Your Head" (klasse Song), das zu kurze "Bomb Threat" (nicht mein Favorit, aber es passt hier sehr gut drauf, weil >2 Minuten Songs fester Bestandteil des Albums waren), "Lost" und "Isolation". "Lost" hätte meiner Meinung nach überhaupt nicht gemusst, da ich es immer eher als Filler Song auf "Cause For Conflict" gesehen habe. "Isolation" passt da wesentlich besser und kommt interessanterweise mit dem Zusatz [edit]. Dieser bedeutet allerdings nicht, dass wir es hier mit neuem Material zu tun haben, sondern lediglich, dass der Hidden Track am Ende entfernt wurde. Weniger ist hier aber tatsächlich mehr und ich bin froh, dass das Ding von seinem "Geschwür" am Ende befreit wurde, da der Hidden Track lediglich aus Lärm bestand und die gefühlt 12 Leute auf der Welt, die dem irgendeinen künstlerischen Mehrwert abgewinnen können sicher genug Spaß mit dem Original haben werden. Ich vermisse so ein wenig "Crisis Of Disorder", einem der herausstechendsten Songs auf dem Album, aber insgesamt ist mir "Cause For Conflict" gut weggekommen.


    "Outcast" ist ebenfalls sehr stark vertreten in dieser Retrospektive. Wir haben den Opener "Leave This World Behind" (cool), den Hit "Phobia" (natürlich!), beide langsamen und "doomigen" Nummern "Black Sunrise" sowie den Titelsong "Outcast", was okay ist, da beide Songs klasse sind und ziemlich deutlich zeigen wie düster und schwer das Album daher kommt. Zuletzt gibt's noch "Whatever It May Take". Hä? Letzteres finde ich ziemlich nichtssagend. Bis auf den gescheiterten Versuch, digital verzerrte Vocals einzubauen gibt es hier nicht viel interessantes zu hören. Hätte man komplett einsparen können, um mehr Platz für "Renewal" zu haben, aber insgesamt muss ich trotzdem sagen, dass "Outcast" hier schön zusammengefasst wurde.


    Dass man vom damals noch unveröffentlichten "Endorama" noch nicht so viel vorweg nehmen wollte ist sicherlich verständlich. Deshalb gibt es auch nur 3 Song - den Titeltrack "Endorama", den Opener "Golden Age" und das extrem ruhige "Chosen Few". Das reicht aber auch schon ganz gut aus, um ein Gefühl für "Endorama" zu bekommen, da sich die Songs innerhalb des Albums für mein Ohr nicht wahnsinnig stark unterscheiden. Den "Endorama" Part würde ich also auch so stehen lassen. Und damit muss ich wirklich sagen, dass bis auf ein paar kleine Schönheitsfehler (vor allem was "Renewal" angeht) und persönliche Geschmacksfragen die vier Alben hier wirklich gut repräsentiert werden und das Material definitiv ausreicht, um einen guten Überblick darüber zu bekommen, was die Jungs in dieser Zeit alles angestellt haben.


    Spannend wird's jetzt natürlich nochmal mit dem Bonus Material. "State Oppression" - das punkige Cover von Raw Power - war mir ja durch den Re Release von "Cause For Conflict" bekannt. Damals ist es aber soweit ich weiß innerhalb von Europa noch gar nicht veröffentlicht worden und dürfte damit eine ziemlich seltene und unbekannte Nummer gewesen sein. Ganz neu dürfte dagegen das Cover von "Lucretia (My Reflection)" - im Original von Sisters of Mercy - gewesen sein, welches uns Goth Rock in reinster Form präsentiert und klar aus der "Endorama" - Episode der Band zu stammen scheint. Es kommt öfter mal vor, dass ich eine Band dafür kritisiere, dass sie ihren Stil zu sehr verändert. Gar nicht mal, weil ich dafür nicht offen bin oder es nicht meinen Geschmack trifft, sondern einfach weil sich die Band selbst damit keinen Gefallen tut, da sie entweder das neue Genre null beherrscht oder die Stimme des Sängers darauf nicht ausgelegt ist oder was weiß ich. Diesen Punkt konnte ich bei Kreator nie anbringen. Beide Coversongs könnten unterschiedlicher kaum sein und beide funktionieren auf ihre Art sehr gut.


    Dann hätten wir noch "Inferno". Keine Ahnung, was es mit diesem Song auf sich hat, aber alles in allem klingt er ebenfalls so als wäre er eher zu den Goth Rock Zeiten der Band entstanden. Irgendwas passt hier aber nicht so richtig zusammen finde ich. Vielleicht bin das auch nur ich, aber in meiner Wahrnehmung beißen sich die ultra catchy gute Laune Gitarrenriffs doch etwas zu hart mit dem eher apokalyptischen Text von Tod und Zerstörung.
    Ansonsten ist das Ding eher simpel gehalten, würde auf kein Album so richtig gut passen, ist hier aber ganz gut aufgehoben. Zum Schluss hätten wir dann noch "As We Watch The West", welches wohl offenbar vorher nur auf der japanischen Version von "Outcast" erschienen ist. Da haben wir in Europa aber wirklich was verpasst! Ähnlich wie "Black Sunrise" haben wir es hier mit einem sehr düsteren und langsamen Song zu tun. Sicherlich muss man das mögen und alleine das Keyboard geklimper am Anfang dürfte dafür gesorgt haben, dass ein guter Teil der Fans direkt ausgestiegen ist. Aber für mich persönlich sind gerade diese abgefahrenen Songs, die genretechnisch weiter vom Thrash Metal entfernt sind, als dass die Band sich das später je wieder trauen würde, ein ganz besonderes Merkmal dieser Zeit. "As We Watch The West" ist da keine Ausnahme und schafft es auch wieder, mir beim Hören angenehme Gänsehaut zu machen.


    Damit wäre dann wohl für jeden was dabei auf dieser Compilation. Sicherlich kann man sich fragen, ob "Voices Of Transgression" wirklich eine Daseinsberechtigung hat - für mich aber definitiv ja. Als jemand, der ganz neu auf Kreator stößt und einen Abriss über deren beste Songs haben möchte, würde ich allerdings die Finger davon lassen. Das hier sind weder die Kreator, die in den 80'er Jahren das Genre des Thrash Metal mit definiert haben, noch die Kreator von heute, die mit ihrem modernen Thrash Metal die Charts stürmen. Hier haben wir Kreator in einer Art Identitätskrise, die sich an verschiedensten Genres versuchen - und das interessanter Weise erfolgreicher als gedacht. Klar, bin ich froh dass sie irgendwann zu dem zurückgekehrt sind, was sie am besten können und, woraus sie die kreativsten Ideen schöpfen können, denn ich denke ein zweites "Endorama" oder "Cause For Conflict" wäre schnell langweilig geworden. Trotzdem muss man der Band anrechnen, dass sie sowohl aus groovigem Neo Thrash a la Pantera oder Fear Factory als auch aus Goth Rock etwas auf die Beine stellen konnten. Auf "Voices Of Transgression" kommen diese Kontraste ziemlich gut zur Geltung, wenn zum Beispiel Songs wie "Hate Inside Your Head" oder "Chosen Few" aufeinander prallen.


    Thrash Puristen, die die exotische Phase von Kreator immer gemieden haben, sollten "Voices Of Transgression" mal eine Chance geben. Hier bekommen sie alle wichtigen Basics dieser Phase, ohne sich mit den einzelnen Alben rumschlagen zu müssen. Im schlimmsten Fall können sie dann ihre Argumentation, warum Thrash Metal in den 90'ern mal gar nicht geht, besser untermauern. Fans, die Sonst schon alles haben bekommen hier immerhin eine kleine Handvoll größtenteils ganz guter Bonus Tracks. Klar muss jeder selbst sehen, ob sich dafür allein der Kauf lohnt, aber ich bin ganz froh, Kreators "schwierigste" Zeit nochmal komplett nachgeholt zu haben.


    Punkte: 7/10

    Alien Isolation - Xenomorph im Lüftungsschacht


    Noch so ein schönes ungescriptetes Erlebnis: ich war schon recht weit im Spiel, so etwa im letzten Viertel und das Problem war ausnahmsweise mal nicht der Xenomorph, sondern eine Truppe schwer bewaffneter Söldner, an denen ich vorbei musste. Blöderweise gab es nur ein paar enge Gänge an der Stelle und gleichzeitig musste ich sehr vorsichtig schleichen, denn sobald ich entdeckt wurde oder selbst das Feuer eröffnet habe, kam die ganze Truppe angerannt und wer das Game kennt, weiß dass es kein Shooter ist und man in der Situation keine Chance hat. Ich habe es ewig probiert und wurde immer wieder entdeckt und gekillt. Nach ewig vielen Versuchen habe ich es endlich in einen Lüftungsschacht geschafft, der mich zum nächsten Safepoint führen sollte. Im Prinzip konnte nichts mehr passieren, nur noch beim Verlassen des Lüftungsschachtes aufpassen, dass keiner der Söldner mich sieht... Als mir plötzlich der fucking Xenomorph entgegen kommt und mich sofort aufmampft. O.o
    Ach du scheiße! Man muss dazu sagen, dass Lüftungsschächte die ganze Zeit über immer sicher und ein guter Ort zum verstecken waren. Es hat sich rausgestellt, dass einem das Vieh je nach Schwierigkeitsgrad nie, sehr selten oder ab und zu in Lüftungsschächten begegnen kann. Da ich auf "Mittel" gespielt habe, hatte ich also jedes Mal eine extrem geringe Chance, dass mich das Alien dort findet und habe damit natürlich null gerechnet. Oh, und es war spät abends und ich habe mit Kopfhörern gezockt. ^^


    Natürlich auf Cyberpunk 2077, aber davor kann ich Shenmue III kaum erwarten. Ich bin sehr gespannt, was daraus wird. Ich warte da jetzt immerhin schon 17 Jahre drauf. In den Trailern komme ich irgendwie mit der Grafik nicht so richtig klar - ganz schwerer Fall von uncanny Valley. ^^
    Aber sonst sieht es vielversprechend aus.

    Kein Musikvideo, aber Metal Video im weiteren Sinne



    Kika möchte Kindern Rockmusik erklären und lädt ausgerechnet Mille von Kreator dafür ein. ^^
    Ich fand's sehr lustig. "Mille, gibt's noch 'nen albernen Bandnamen, der dir einfällt?"
    [denkt wahrscheinlich gerade an Excrementory Grindfuckers oder so]
    "Ähm... Also.. Das sollte ich hier wohl eher nicht sagen." :D

    Kreator - Outcast



    "Outcast" stellte 1997 den dritten Ansatz von Kreator dar, etwas völlig neues und kreatives in einem Genre zu erschaffen, welches in den 90'ern in einer ordentlichen Krise gesteckt hat. Wir erinnern uns: 1992 haben sie das sperrige und unnötig komplizierte "Renewal" rausgehauen, 1995 kam das auf modernen Thrash setzende "Cause For Conflict" welches es irgendwie jedem recht machen wollte und zwei Jahre nach "Outcast" sollte 1999 das komplett exotische "Endorama" kommen, auf welchem die Band mit Goth Rock die Hörer schockiert. Bevor wir jetzt versuchen "Outcast" irgendwo dazwischen einzuordnen sei noch gesagt, dass ich dieses von allen 4 Kreator Alben aus dieser Phase am längsten kenne und am häufigsten gehört habe. Das heißt, dass ich es nicht nur im Vorfeld zum Review vergleichsweise gut kannte, sondern auch dass ich so zu sagen die Vanilla-Version von damals habe und nicht den 2018'er Re-Release mit Bonus Live CD vom Dynamo Open Air 1998, was sehr schade ist. Live Aufnahmen aus dieser Zeit gibt's eher mal wenige.


    Interessanter Weise wird hier fast alles, was den Vorgänger ausgemacht hat wieder verworfen. Kein übermäßiger Groove mehr, keine ultrakurzen >2 Minuten Songs und auch keine unnatürlich tiefen Vocals von Mille. Selbst Drummer Ventor wurde wieder an Bord geholt. Stattdessen sind wieder leichte "Renewal" Einflüsse zu hören, aber eher im positiven Sinne. Das eine oder andere Mal denke ich mir jedenfalls "Mensch, wenn "Renewal" damals SO geklungen hätte, dann wäre da vielleicht was draus geworden.". Ansonsten kann man aber auch schon ein wenig erahnen, was später mit "Endorama" auf uns zukommen sollte. So unähnlich sich die beiden Alben auch sind, so gut klingt der Kompromiss zwischen schrammelig und glattgebügelt aber auf "Outcast". Dazu kommt ein eher langsames Tempo. Die meisten Songs sind im Midtempo, manche auch drunter. Das in Kombination mit der gesamten Produktion gibt dem ganzen Album eine sehr düstere und schwere Atmosphäre, was für Kreator ungewöhnlich klingt, mir hier aber erstaunlich gut gefällt.


    "Leave This World Behind" ist mit seinen Rock-Hymnen Charakter wahrscheinlich der Song, der am stärksten aufzeigt, wohin die Reise mit "Endorama" später hingehen sollte. Mit dem etwas raueren Sound klingt das aber wirklich schwer in Ordnung und geht eigentlich immer. Mit "Phobia" haben wir dann sogar einen richtigen Hit am Start und den einzigen Song von allen 4 experimentellen Alben, der längerfristig relevant für die Band sein sollte und sogar heute noch live gespielt wird. Auch wenn gerade "Cause For Conflict" zwar ebenfalls Songs am Start hatte, die diese Aufmerksamkeit verdient hätten, kann ich es bei "Phobia" gut verstehen. So mit das thrashigste, was "Outcast" zu bieten hat knallt das Ding jedes Mal beim Hören und wird nie langweilig.


    Das trifft leider nicht auf "Forever" zu, welches einfach nur monoton und langweilig klingt. "Black Sunrise" dagegen hat die Fans damals so richtig gespaltet. Viele, die Kreator in dieser Zeit scheiße fanden, führen dazu gerne genau diesen Song an. Zugegeben: mit Milles cleanen und ruhigen Gesang und dem fast schon doomigen Tempo sind wir hier ganz weit vom Thrash Metal entfernt, aber ich liebe es. Auch heute kriege ich noch Gänsehaut, wenn Mille "Black Sunrise - Darkened The Earth" im Refrain singt. Es kommt irgendwie ein ähnlicher Vibe rüber wie beim super atmosphärischen "Suicide In Swamps" (dem Bonus Track von "Cause For Conflict", den keine Sau kennt) nur nochmal deutlich ausgereifter.


    "Nonconformist" geht die Sache dagegen wieder sehr rockig an und neben "Phobia" das schnellste, was "Outcast" zu bieten hat. Das Riff ist ganz einprägsam, aus mehr scheint der Song aber auch nicht zu bestehen. "Enemy Unseen" überrascht am Anfang gleich mal mit richtig netten Drums, um sich dann im Midtempo langsam aber sicher in die Gehörgänge zu stampfen - sehr gelungen. Nur was soll dieser lästige hochfrequente Ton gegen Ende? Der Titelsong "Outcast" nimmt dann wieder komplett das Tempo raus und verdeutlicht sehr gut, was ich vorhin mit "düster" und "schwer" meinte. Ganz ehrlich: das hätte ich den Jungs so nicht zugetraut und dann ziehen sie es auch noch wunderbar durch. Muss man auf jeden Fall mal gehört haben!


    Etwas gemütlicher geht es dann wieder mit "Stronger Than Before" zur Sache. Leider kann die Aggression, die hier in den Lyrics suggeriert wird musikalisch nicht so ganz umgesetzt werden - da hätte es mehr Tempo und Härte gebraucht. "Ruin Of Life" setzt sehr auf sei cleanes Gitarrenriff im Refrain, welches dem Stück tatsächlich ziemlich viel Wiedererkennungswert gibt, bis es dann in ähnlicher Form nochmal in "Shadowland" auf "Endorama" umgesetzt wurde. Nach einem langen Ausklang und sauberen Übergang erwartet uns dann "Whatever It May Take". Worüber ich hierbei null hinweg komme sind die digital verzerrten Vocals, die irgendwann aufploppen. Sowas hört man definitiv nicht alle Tage bei Kreator und… naja das ist wohl auch besser so. Ansonsten klingt's sicherlich solide, der Bass kommt mal wieder ordentlich zu Wort, aber ganze Wände werden hier auch nicht gerade eingerissen.


    Da finde ich "Alive Again" welches nach dem kurzen düsteren Intro zwar langsam aber sehr kraftvoll loslegt schon besser. So kann er die gesamte Spannung, die er aufbaut konstant ha, was immer gut ist. Mit "Against The Rest" gibt's dann nochmal 'ne kurze fröhliche Rocknummer, die ganz gut geworden ist, bevor sich "Outcast" mit "A Better Tomorrow" verabschiedet. Große Überraschungen gibt es hier nicht mehr, sondern eher die übliche Schwere des Albums und sehr gelungene Gitarren Arbeit. Insgesamt aber ein guter Abschluss.


    Nach gut 47 Minuten bin ich mit dem Ergebnis doch ganz zufrieden. "Cause For Conflict" war wirklich nett, aber ich bin froh, dass Kreator mit "Outcast" eine andere Richtung eingeschlagen haben, da das Potential von "Cause For Conflict" recht schnell ausgeschöpft war. Nicht, dass ich mir jetzt 3 Alben von der Sorte wie "Outcast" vorstellen könnte, aber es sticht definitiv in der gesamten Diskographie der Band hervor und zwar ohne dabei so übermäßig komplex wie "Renewal" oder over the Top wie "Endorama" zu sein. Oh und endlich hat man wohl eingesehen, dass keiner irgendwelche seltsamen Klangcoulagen wie "Realitätskontrolle" und den Hidden Track nach "Isolation" haben will.


    Bis auf ein paar langweilige Filler wie "Forever" oder "Nonconformist" wird eigentlich immer was geboten und auch wenn theoretisch noch mehr echte Hits und Highlights drin gewesen wären, machen "Phobia", "Black Sunrise", "Enemy Unseen" und natürlich der Titeltrack schon einen sehr guten Job in diese Richtung. Für mich das beste, was in Kreators experimenteller Phase rausgekommen ist. Vielleicht kann es nicht mit den großen Klassikern mithalten, aber ich kann es mir immer wieder mal geben.

    Punkte: 8/10