Ein sehr interessanter Artikel, den ich mir vor langer Zeit schon einmal durch gelesen habe.
Nun, ich persönlich würde mich in diesem Sinne auch eher in die Gattung des Misanthropen einordnen, auch wenn ich mich in den aufgelisteten sieben Punkten in diesem Artikel nur teilweise wieder finde, da meine empfundene Misanthropie einen rein gesellschaftskritischen, traditionellen Ursprung verkörpert (also ich gesellschaftliche Normen und Dogmen schon seit langer Zeit stark kritisiere und auch in Frage stelle). Trotzdessen würde ich mich jedoch anteilig mit dem Punkt 3 als auch mit dem Punkt 7 identifizieren (auch wenn ich mich ehrlich gesagt nicht zu 100% als "humanistisch" bezeichnen würde, ohne dabei selbst in eine gewisse Ambivalenz zu geraten).
Rein grundsätzlich hasse ich es, wie die Menschheit allgemein so konstruiert ist; Alles muss nur bis auf die nötigste, vorgegebene "Norm" reduziert werden. Wir leben größtenteils in einer recht normopathischen und verblendeten Gesellschaft, welche nicht dazu fähig ist, aus den verschiedensten Perspektiven heraus nach zu denken und zu analysieren - geschweige denn, sich von einem bestehenden Schubladendenken etwas unabhängiger zu machen. Die Gesellschaft legt fest, was "gut" und was "böse" ist ...wir als Mehrheit geben vor, was als "normal" und was als "verrückt" oder "krank" durch geht. Ständig wird irgendwo irgendetwas betont, was unser klarer Leitfaden sein soll (ob jetzt nun Religion, Politik oder bestimmte Subkulturen etc.). Oftmals bin ich auch d.h der Meinung, dass sich der Mensch als vollständiges und autonomes Individuum nicht immer ganz auskostet oder entwickelt, und viele seiner ursprünglichen Potenziale unterdrückt, nur um dann irgendein anerkanntes "Bild" zu verkörpern. Genauso werden dann auch andersdenkende Menschen, welche für die Mehrheit eben nicht ganz so ersichtlich und konkret zu zuordnen sind, leider oftmals unterschätzt, unterdrückt oder als "orientierungslos" bezeichnet. ...Wer einfach in kein vorgegebenes Maß passt, geltet als seltsam und unnabahr, weil es leider nun einmal so ist, dass ein gewisser Großteil der Gesellschaft alles Unbekannte ablehnt, verdrängt oder eben schlicht tabuisiert, um sich damit dann einfach nicht mehr beschäftigen zu müssen. Der Teufel ist da z.B. ein sehr gutes Indiz im Aspekt der Religion, da er ein Modell an "Sünden" verkörpert, welche als moralisch verwerflich hervor gerufen werden; er wird praktischerweise zum sogenannten "Vorzeigekind" einer gewissen Präsenz deklariert, welche man selbst nicht sein soll - werden jegliche, moralische Auffassungen widersprochen, wird man dann eben im Rahmen bestimmter Glaubensrichtungen als "schlecht", "bösartig" oder sogar "bessessen" abgetan (...) Und so ist es auch leider in unserer Gesellschaft, welche einer universellen und idealisierten Norm frönen muss, welche bestimmte Merkmale vorgibt, nach denen man leben muss, um von einem Großteil dann überhaupt anerkannt und akzeptiert zu werden. Der reine Ursprung des Menschen hat sich m.E. nach in all diesen ganzen, vorgegebenen Strukturen der Gesellschaft verloren ...jeder möchte nur noch dem anderen überlegen und vollkommen sein, und dabei irgendetwas "verkörpern", was man vielleicht ursprünglich gar nicht ist (und falls doch, dann eben vielleicht nur anteilig), was einen mit der Zeit einfach emotional abhängig macht.
Ich distanziere mich so dem von dieser Gesellschaft und diesem System, in welchem wir leben, weil sich diese krampfhafte Normopathie und vorgegebene Struktur, welches unser vielseitiges Sein bestimmen soll (zumindest wenn man nicht als "komisch" angesehen und deshalb ausgegrenzt werden möchte) für mich wie ein endloses, graues Gefängnis anfühlt, in welchem man nicht einfach das sein kann, was man letztendlich wirklich ist (und so wird leider auch viel Heuchelei und Täuschung heraus profoziert; wir müssen lügen, um uns nicht zu outen ...und uns sogar manchmal eine falsche Facette aneignen, welche uns vor Mobbing und Ausgrenzung schützen soll). Um es einmal voll und ganz auf den Punkt zu bringen, so stellt die Gesellschaft eine einengende Tradition und Struktur für mich dar, welches leider viel wahres Potenzial unterdrückt und reduzieren muss, nur um dann eben nicht den uns "vorgegebenen Rahmen zu sprengen".
Ich empfinde d.h den Menschen in seiner Praxis als ein Wesen, welches sich bereits voll und ganz kastrieren musste, um dem System und blind zu gehorchen. Ich denke, würde sich diese Welt etwas weniger von irgendwelchen vorrangigen Traditionen, Strukturen, Religionen, Normen oder was auch immer abhängig machen, es auch zu weitaus weniger Unterdrückungen des eigenen Potenzials kommen würde. Denn wer nicht unmittelbar dazu gezwungen ist, sich nach irgendwelchen Erwartungen entsprechend "an zu passen", der ist dann auch meistens auf dem guten Weg zum wahren, vollkommenen Selbst (aus meiner Sicht).
Zu guter letzt hat es Arthur Schopenhauer so ziemlich auf den Punkt gebracht: "Nur wenn man allein ist, ist man frei: Zwang ist der unzertrennliche Gefährte jeder Gesellschaft, und jede fordert Opfer, die umso schwerer fallen, je bedeutender die eigene Individualität ist."
Dies ist mitunter der Grundbaustein meiner einmal vor Jahren angeeigneten Misanthropie. (Auch wenn noch weitaus mehr Gründe dazu gekommen sind, aber das wird mir dann jetzt auch zu überflüssig...).