[...] Ich weiss nicht wie oft so etwas bei mir jetzt schon passiert ist. Es ist immer wieder dasselbe. Jedesmal wenn ich versuche jemandem vertrauen zu schenken endet das für mich in einer Katastrophe! Ich hab eh schon sehr große Wut in mir und einen Hass auf mich und viele viele Dinge, auf die ich jetz nicht näher eingehen möchte, doch solche Dinge verstärken diese Wut und das Misstrauen gegen andere nur noch mehr! [...] Ich verliere das Vertrauen in alles aber wie soll ich wieder Vertrauen fassen wenn ich immer nur mit solchen Sachen konfrontiert werde? Ich weiss, vielleicht schreibe ich hier etwas kryptisch und ohne Aussage aber ich möchte auch niemandem hier zu Nahe treten und schreibe deshalb nicht genau welchen Zorn ich fühle, doch in bin langsam echt am Ende und weiss nicht mehr wo ich mir noch Hilfe suchen soll!
Hallo Du.
Ungeachtet der Beiträge meiner Vorredner wollte ich Dir auch mal was schreiben.
Über Dein Posting stolpere ich jetzt schon zum dritten mal und denke ich sollte dann doch versuchen etwas konstruktives zu sagen.
Kurz zusammengefasst:
Ich verstehe ziemlich gut was Du aussagst und finde nicht dass Du damit irgendwem vor den Kopf stößt - effektiv sprichst Du lediglich einen legitim zu kritisierenden Sachverhalt an, der jedem aufgeschlossenen Bürger ein Begriff sein sollte, "Gleichgültigkeit".
Die Gleichgültigkeit und Geistlosigkeit ist es, die emotionale Armut und mangelnde Empathie hervorbringt. Aus dem Fühlenden wird durch einen steten Prozess der fehlenden Anteilnahme ein ebenso geistloses und anti-soziales Lebewesen. Demgemäß vermehrt sich die Riege der Gleichgültigen täglich.
Mit diesem Mangel der modernen Gesellschaftsform, der sie ihn zudem durch zunehmende soziale Distanz raffiniert und durch Förderung blutigster Konkurrenz auf ein undenkbar scheinendes Maß der Unmenschlichkeit erhebt, hat ein jeder Angehöriger dieser Gesellschaft zu kämpfen. Die einen geben frei zu dass ihnen dieser Druck schadet - das sind wir - die anderen verstecken sich hinter einer Fassade aus Männlichkeit, falschem Glauben und Mut; einige resignieren und werden ebenfalls zu Tätern.
Gesunder Egoismus, ist meines Erachtens die einzige Lösung die probat genug scheint, als dass man damit leben könnte.
Ein Egoismus also, der darauf fußt, aus dem Gedanken heraus sein eigenes Umfeld zu verbessern, ein offenes Ohr für die Mitmenschen zu haben, seine Erfahrungen zu teilen, zu helfen wo es geht und trotz allem dabei an sein eigenes Wohl zu denken, da man es vorrangig tut, damit einem ebenso beigestanden wird und es einen durch die verbesserten Umstände besser ergeht... so betrachtet praktizieren die Leute hier im Forum gesunden Egoismus.
Ich empfehle deshalb, schon allein weil es mir zunehmend schwerer fiel überhaupt jemandem zu vertrauen, es einfach mit diesem Grundgedanken weiter und weiter zu versuchen.
Letztlich findet sich jemand der es wert ist, aber man muss viele Kubikmeter Dreck sieben, ehe man den Edelstein findet. Es kann morgen passieren, oder in zwanzig Jahren.
Deshalb ist es wichtig seinen eigenen Frieden zu finden, seinen eigenen Wert und seine eigene Kraft zu entdecken.
Meine felsenfeste Überzeugung ist es, dass jeder der Nähe sucht, zuerst sich selbst finden muss. Sei es durch Kreativität, körperliche Leistung oder der Erfüllung von Kindheitsträumen.
Idealerweise ist es eine Mischung aus allem...
Die lange Version:
Die gesamte Gesellschaft (ausgenommen der sozialen menschlichen Lebensweise die uns hat evolutionär weiterkommen lassen) sprich: Bildungs- und Arbeitswesen, Bürokratie und Politik, sowie Wertenormen einschlägiger indoktrinierender Religionen, gründet auf den tönernen Füßen der unerbittlichen Rücksichtslosigkeit. Das "Siegen" über andere, gehört zu diesen Systemen und das Ausnutzen von "Schwächen" ist strategischer Grundparameter.
Wir sprechen hier über die Idealisierung einer sich vermeintlich selbst regulierenden "Ellenbogengesellschaft", in der nach gängiger Meinung letztlich nur der Stärkere überlebt.
Versteckt hinter einer Fassade aus Bildern, wie sie kein Werbekatalog besser zeichnen könnte, plakatieren sie unseren Geist mit der Erwartungshaltung, dass die einzig wahre Form eben diese Handlung ist. Wie viele vermeintliche Wohltäter handeln letztlich bei Lichte betrachtet nicht doch einzig zum Zweck der eigenen Bereicherung? Wer die Lügen der Politik und ihre Phrasen glaubt ist ohnehin bereits verloren. Ärzte, Lehrer, Arbeitgeber, wem soll man Glauben und Vertrauen schenken?
Im Grunde keinem... und auch wieder allen.
Wir sind erzogen zu einer stetigen Unmündigkeit.
Wir sind es gewohnt dass andere für uns denken.
Wir sind darauf erzogen worden Folge zu leisten, selbst wenn es unser Gefühlsleben betrifft.
Diese "anderen" sind es, die uns sagen, was wir tun und lassen sollen.
Dieser viel zitierte "Man(n)", den keiner kennt, aber der immer sagt, dass man dies nicht tut.
Blind akzeptierte gesellschaftliche Normen und Konventionen, niemals hinterfragt.
Daraus erwächst über längere Zeit Gleichgültigkeit... wer machtlos ist, dem ist alles egal.
Hinzu kommt die Entmündigung in der Sache.
Gleichwohl wir einen Sachverhalt durchdringen, ihn verstehen und seine Gefahren kennen, so werden wir uns dennoch immer schuldig fühlen.
Sei es mit der Auslebung unserer Gefühle, Sexualität oder einem so simplen Sachverhalt wie dem Übertreten der erlaubten Höchstgeschwindigkeit auf einer leeren Autobahn nachts um halb 3.
Wir wüssten es besser... wir sind den Weg hunderte male gefahren... wir kennen jede Kurve... und doch fühlen wir uns schuldig, wenn wir 120 statt 80 fahren.
Übertragbar ist dieses Verhalten auf beinahe jeden Sachverhalt, von Masturbation bis hin zur Eheschließung, vom lauten Lachen in der Öffentlichkeit bis hin zum schluchzenden Weinen im Restaurant.
Die Macht des Verbots und der Kontrolle wirkt so gut, dass wir keine Kontrolleure mehr brauchen.
Wir übernehmen diese Aufgabe freiwillig und ohne dabei das eigene Wohl und die Freiheit die wir damit aufgeben zu bedenken.
Was, wenn nicht Widerstand, könnte hier weiterhelfen?
Vergeltung führt letztlich nur zur Gegengewalt, zur Potenzierung und dem letztendlichem generellen Verlust jedweder Hingabe.
Vermutlich wird die Akzeptanz der Gleichgültigkeit und die Auslebung derselben nicht dazu führen, ebendiese aus der Welt zu schaffen.
Bleibt die Frage nach der Kraft.
In diesem Bereich muss ich stark subjektiv sprechen, ich kenne nur eine Sicht dieser Welt und dass ist meine eigene.
Egal wie sehr man sich bemüht zu abstrahieren, man kann letztlich doch nur seine eigene Erfahrung beschreiben und hoffen dass diese jemandem als Inspiration oder Anhaltspunkt dienen kann.
Die Kraft jemandem zu vertrauen kann einem niemand geben, sie muss aus einem selbst wachsen.
Ehe man dazu in der Lage ist, muss man sich selbst kennen und akzeptieren. Und das ist wohl die schwerste Herausforderung im Leben - zumindest war und ist es meine.
Geholfen haben mir Selbstbeweise.
Ich habe mir bewiesen, dass ich niemanden benötige um ein Instrument spielen zu können, um alpinistische Techniken zu erlernen, um sinnvoll Wörter anordnen zu können, zu zeichnen, zu fotografieren, mich von Würmern und Heuschrecken zu ernähren, Wochen in der Natur zuzubringen ... kurzum, ich musste mir erst einmal beweisen, dass ich etwas kann. Konträr zu dem, was mir von allen Seiten suggeriert wurde, die sie mich einen Versager und nutzloses Stück Dreck hießen.
Erst dann, als ich etwas besaß, konnte ich es riskieren es zu teilen und Hilfe zu finden; auch solche Hilfe die Nähe verlangt.
Damit wir uns nicht falsch verstehen - es ist dadurch keineswegs rosarot und schön geworden, sondern lediglich leichter.
... ob das ein Patentrezept ist, dass kann ich nur bezweifeln.
Eine Rückbesinnung auf sich ist in einer auf Egozentrik gepolte Welt förmlich unabdingbar.
Gefährlich wird es, wenn man diese Rückbesinnung zum Selbstläufer werden lässt.
In einer Welt als Einzelkämpfer unter Einzelkämpfern, deren Ziel es ist jeden zu berauben und als Feind zu sehen, hat man nichts schönes zu erwarten.
Und ich glaube kaum dass sich jemand diese Welt ernsthaft herbeisehnt.
Wir leben leider nicht mehr in großen Sozialverbänden wie die ersten sesshaften Menschen, die Ackerbau entdeckten.
Wir haben keinen direkten Eindruck mehr unseres "Nutzens" für die Gesellschaft.
Dankbarkeit ist out und Status definiert sich heute durch Besitz, nicht durch Verlässlichkeit, Güte und Hingabe.
Nicht ohne Grund ehrte man früher so manche Menschen, die wir heute verachten und verdrängen.
Nietzsche schreibt irgendwo sinngemäß:
"Die gelegentliche Gleichgültigkeit und Gefühlskälte gegen unsere Mitmenschen, welche uns darauf als Härte ausgelegt wird, ist meistens nur eine Müdigkeit des Geistes"
Vermutlich muss man zusehen, dass es beim "gelegentlich" bleibt, um glücklich zu sein.
Abschließend kann ich Dich nur ermuntern nicht aufzugeben und an das Gute zu glauben, denn es ist keinesfalls verkehrt.
Mich beschimpfen auch ab und alle als "Gutmenschen" und "Weltverbesserer", dabei bin ich vermutlich misanthropischer als sie selbst.
Ich bin gerecht, für mich sind alle gleich wertlos... um einen Film von Stanley Kubrick zu zitieren.
Aber ich habe gelernt dass es doch etwas bringt Vertrauen zu schenken - vielleicht nicht gerade jedem und nicht jedes "Geheimnis".
Meine Homosexualität ober besser Bisexualität, bzw. der Umgang der Umwelt mit derselben hat mich diese Differenzierung gelehrt.
Jedoch gewinnt man auch mal... es sind nicht alles Nieten - noch nicht.
Bleib Dir treu und glaub an Dich.
Du bist mehr als ein Typ mit zwei Armen und Beinen.
Es gibt unter Garantie zig Gründe Dich zu mögen, Dir zuzuhören und Dich ernstzunehmen.
Ich kenne Dich nicht persönlich, aber ich nehme Dich ernst, weil Du diesen Beitrag verfasst hast.
Weshalb sollte es dort draußen nicht auch mal jemanden geben, der zu seinem Wort steht und auch Zuversicht zu verschenken hat...
...ich wünsch' es Dir jedenfalls.
Liebe Grüße