Nähe und Distanz in Freundschaften/Bekanntschaften

  • Hallo Forianer,


    es ist ein Altbekanntes Dilemma, die Nähe und Distanz zu Anderen.

    Ursachen sind wie so häufig Bindungsangst/Trauma.


    Leider ist das Ganze für mich ein diffuses Thema, ein unüberschaubares Netz aus Ambivalenzen und Unsicherheiten.. trotz mehrere Jahre Traumatherapien ist es schwer hinter alledem ein klares Muster zu erkennen, aber vielleicht existiert auch keins..


    Auch jetzt während ich schreibe merke ich wie blockiert ich bin.


    Nähe kann sich bedrohlich anfühlen.. erdrückend (Was vermutlich sehr typisch ist!) Ich habe eine sehr enge und angenehme Beziehung zu meinem Partner, aber in Freundschaften ist es extrem schwer Menschen nahe an mich heranzulassen.


    Da verschwimmen die Grenzen, ich kann nicht viel von mir Preisgeben, aus Angst mich verletzlich zu zeigen. Da ist sicherlich ein Bindungsform, auch wenn rational greifbar ist es schwer wenn zwischenmenschliche Begegnungen meine Alarmanlagen aktivieren.



    Wie ist es bei Euch (Wenn mitteilbar, würde es mich freuen!) Wenn Menschen schnell Vertrautheit schaffen wollen?


    Ich kann diese Frage leider nicht verständlicher schreiben.


    Danke

  • Hi Samsara,


    ich hab selbst eine komplexe PTBS und kenne die Probleme ähnlich wie du. Ich weiß nicht, ob ich es ein Nähe/Distanz-Problem nennen würde, denn bei mir ist es eher so, dass ich jemand bin der stark auf Distanz bleibt, viel abwartend, wenig vertraut und lange braucht bis er Menschen in sein Leben lässt. Wenn ich aber mal jemanden reingelassen habe, dann ist das schon auch so, dass ich jetzt nicht unbedingt mit der Person verschmelzen will, soweit geht das bei mir nicht, es bleibt immer eine Restdistanz bei mir. Aber ich möchte dann eigentlich auch, dass dieser Mensch dauerhaft bleibt.


    Demnach habe ich nicht viele enge Menschen/Freunde in meinem Leben, denn einen guten Freund findet man nicht so schnell. Aber die, die ich habe, sind seit vielen Jahren dabei.


    Schwieriger wird es dann mit Bekanntschaften. Ich erlebe das häufig, dass die Leute auf mich "zustürmen" und ich empfinde das schnell als Übergriffigkeit und Überforderung. Das andere Extrem ist, dass von dem Gegenüber sehr wenig kommt. Und dann komme ich in das Dilemma, dass ich mich nicht so richtig zu verhalten weiß. Was will mein Gegenüber und was will ich selbst eigentlich.

    Demnach fallen mir einfache Bekanntschaften deutlich schwerer, aber ich kriege es eigentlich inzwischen gut hin. Bekanntschaften sind für mich Menschen, mit denen ich einfach losen Kontakt habe, aber auch für mich keine richtige Verpflichtung hintersteht, genauso wenig wie beim Gegenüber. Ich erwarte also im Gegenzug auch nix bestimmtes, außer nette Pläusche und Spaziergänge oder so.

    Es kann natürlich passieren, dass irgendwann mehr daraus wird.


    Um auf deine eigentliche Frage zurückzukommen. Wenn jemand sich sehr schnell stark an mich hängt und nach wenigen Tagen und Wochen schon von "lieb haben" spricht, dann bin ich eigentlich ganz schnell weg. Aber das ist halt meine Art damit umzugehen, weil das oft befremdlich für mich ist. Für viele Menschen scheint das völlig normal zu sein, sich ständig zu umarmen und von Liebe und so nach kurzer Zeit zu sprechen.

    Am Ende ist es wohl so, dass alles seine Berechtigung hat. Die, die vielleicht wie du und ich damit umgehen und die, die sich keine Zeit lassen und jeden und alles umarmen und genauso schnell beim nächsten sind. Menschen sind halt verschieden.


    VG

    Der Tod ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. (Goethe)

  • ich hab selbst eine komplexe PTBS und kenne die Probleme ähnlich wie du.

    Danke Moon für Deine Sichtweise!

    Ja wir beide wissen wie schwer zwischenmenschliche Zustände sind.. leider. Tut mir leid (Auch wenn Tut mir leid wie ein Floskel klingt) Dass Du Moon damit kämpfen muss.


    Ich bin mir nicht sicher wieso ich die Bezeichnung Nähe/Distanz ausgewählt habe, wahrscheinlich weil ich beides nicht gut regulieren kann. Ich lasse auch Nähe nicht wirklich zu, einerseits ist da aber auch ein Teil die gerne Nähe zulassen möchte aber das Ganze zu überwältigend wird.


    Demnach fallen mir einfache Bekanntschaften deutlich schwerer, aber ich kriege es eigentlich inzwischen gut hin

    Das ist erfreulich .. wenn Du im Laufe der Zeit mit Bekanntschaften besser umgehen kannst.


    hängt und nach wenigen Tagen und Wochen schon von "lieb haben" spricht, dann bin ich eigentlich ganz schnell weg. Aber das ist halt meine Art damit umzugehen, weil das oft befremdlich für mich is

    Genau das hier.. “schnell lieb und unwahrhaftige (Zumindest empfinde ich es so) Vertrautheit” ist mir nicht geheuer.. das empfinde ich als erdrückend, als ob ich etwas geben muss was ich nicht möchte. Was dieses etwas ist, ist sicher die ursprüngliche Bindungswunden (Bei mir zumindest.. damit will ich nicht verallgemeinern) .


    Es ist wohl ein Lernprozess, Menschen in Ihrem So-sein zu akzeptieren aber auch Grenzen zu setzen.

    Ich habe erlebt, dass Jemand eine Version (Lieblich, schnell alles preisgeben was in mir vorgeht. etc etc) Von mir wollte die ich aber nicht bin, ich aber das nicht wollte und Sie dann beleidigt sich zurückgezogen hat und den Kontakt abgebrochen hat.


    Damit musste ich umgehen.



    Danke Moon für den Austausch!

  • Ich habe über den Lauf der Jahre auch schon aller Art Merkwürdigkeiten erlebt. Aber ich glaube, ich bin für viele genauso merkwürdig und nicht fassbar. Und deswegen hält sich das ja dann irgendwie auch wieder die Waage.

    Ich glaube zum Problem wird es dann, wenn man durch diese Unsicherheit wie du sie beschreibst von einer katastrophalen Freundschaft/Bekanntschaft in die nächste schlittert. Dass man immer mal wieder merkwürdige Erfahrungen macht gehört glaube ich zum Leben dazu und ergeht Gesunden wie auch Kranken so.


    Meine Erfahrung mit diesen schnellen Annäherungen ist es halt, dass dann auch schnell so ein Move in die andere Richtung folgt.

    Für mich ist das unzuverlässig. Und ich brauche Kontakte, die verlässlich sind, so wie ich das im Gegenzug auch biete.

    Es gibt ein paar Menschen, da kann ich das durchgehen lassen, weil da vielleicht nochmal eine besondere Sympathie mit ins Spiel kommt. Aber wenn jemand so hin und her macht, dann ist das Thema bei mir eigentlich schon durch und ich investiere da gefühlsmäßig nicht mehr viel rein.


    Das ist vielleicht das, was du meinst, also du den Begriff Bindungswunde nutzt.


    Für mich ist es auch genau das, was ich als Teil des Missbrauchs erlebt habe. Die Unzuverlässigkeit, immer auf der Hut sein, nie wissen wann was wieder passiert. Genau deswegen brauche ich die Verlässlichkeit und wenn jemand das nicht bieten will, ist es sein gutes Recht, aber dann muss er weiterziehen.


    Vielleicht vermische ich da auch verschiedene Aspekte. Aber ich kann inzwischen sehr gut benennen, was mich triggert und das ist eben genau das. Nicht zu wissen, wann es wieder passiert, was auch immer ES auch sein mag in dem Moment.

    Das triggert mich mehr, als bestimmte Worte.

    Der Tod ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. (Goethe)

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