Antipsychiatrie

  • Ja, der Beitrag ist schon etwas älter, aber ich möchte dennoch was dazu sagen, da das Thema immer aktuell ist.


    Bei solchen Sachen aus dem Fernsehen kommt es mir hoch! Ja, ich kann mir vielleicht kein Bild von der Psychiatrie machen, weil ich noch in keiner war, aber ich möchte etwas zum rechtlichen Drumherum im zweiten Video sagen.


    Als erstes hätten wir die Ehefrau, die ihren Mann loswerden will. Äh, Scheidung? Mal ehrlich: Was hat die Ehefrau davon, dass ihr Mann in der Psychiatrie ist? Sie kriegt ja nicht automatisch sein ganzes Vermögen oder so. Was soll ihr das bringen? Im Gegenteil: Sie hat noch mehr Probleme dadurch, weil sie sich dann eventuell um seine ganzen Verpflichtungen kümmern muss. Ob sie das wirklich will, bezweifle ich. Die Ehe wird aufgrund psychischer Probleme ja auch nicht auf der Stelle geschieden. Außerdem bedeutet psychische Krankheit noch lange nicht, dass jemand geschäftsunfähig ist oder gefährlich. Warum sollte das also längerfristige und für sie positive Auswirkungen haben, wenn sie ihn als krank hinstellt? Total dämliches Beispiel meiner Meinung nach, was so in der Realität keine Chance auf Erfolg hat.


    Zweites Beispiel mit dem Vater und dem Sorgerecht. War hier überhaupt ein Jurist anwesend? Es findet nämlich keine Unterscheidung zwischen Sorgerecht und Umgangsrecht statt. Eine bloße "Gefährdung der Kinder" betrifft nicht das Sorgerecht, sondern in erster Linie das Umgangsrecht. Nur weil ein Elternteil schlechten Einfluss auf das Kind ausübt (also generell und außerhalb dieses Beispiels), bekommt der andere Elternteil nicht gleich das ganze Sorgerecht. Der schlechte Elternteil hat dann einfach kein Umgangsrecht mehr. Das Sorgerecht hat sehr hohe Hürden und ein bisschen Psychisch-krank-Sein macht da noch lange nichts. Man muss schon fast aktiv im Leben des Kindes herumpfuschen (nie bei den nötigen Entscheidungen - Arztbehandlungen, Schule, Freizeitaktivitäten und allen Sachen, die die (meist schriftliche) Zustimmung beider Elternteile erfordern - zustimmen, sondern sich querstellen), damit das Sorgerecht entzogen wird. Wird in der Praxis auch erfolglos bleiben und als bloßer Rosenkrieg, bei dem das Kind darunter zu leiden hat, abgestempelt.


    Nun zum dritten Beispiel, bei dem die Reform von 1992 angerufen hat und das alte Vormundschaftsrecht wiederhaben wollte. Es gibt heutzutage nicht mehr die "klassische" Entmündigung, sondern nur noch die Betreuung. Es ist tatsächlich auch mehr als nur eine bloße Umbenennung. Der Betreute hat viel mehr Rechte und Selbstbestimmung als ein Entmündigter. Das Vermögen bleibt bei ihm. Er kann sich seinen Betreuer aussuchen! (Also nix mit der Familie, die sich darum "kümmert".) Er hat ziemlich viele Freiheiten und wird nur dort eingeschränkt, wo es nötig ist. Wenn der Betreute z.B. seine Rechnungen partout nicht bezahlt, legt der Betreuer fest, dass eben ein bestimmter Betrag zur Tilgung nicht mehr vom Konto abgehoben werden kann. Über den Rest aber kann der Betreute weiterhin frei verfügen. Also wird auch daraus nichts in der Praxis. Ebenso muss hier erwähnt werden, dass, nur weil jemand psychisch krank ist, das noch keine Auswirkungen haben muss. Eine psychische Krankheit erfordert nicht automatisch eine Betreuung.


    Ich hasse solche falschen Informationen, solches Angstschüren. Ja, es gibt Zwangseinweisungen, die nicht begründet sind. Menschen irren sich, haben Fehlinformationen oder wollen übervorsichtig sein. Ein Arzt will nicht falsch handeln und seinen Patienten oder andere Menschen gefährden. Ein Richter ist kein Fachmann im Bereich Medizin und muss sich daher auf Gutachten verlassen. Das heißt nicht, dass die Aussage des Patienten nichts zählt (der Richter muss auch schauen, wie Gutachten und Aussage zusammenpassen, wie glaubhaft alles ist etc. und dann entscheiden), aber ich will nur deutlich machen, in was für einer Lage sich alle Beteiligten befinden. Niemand kann in einen Patienten hineinsehen - blind vertrauen kann man ihm aber halt auch nicht. Aber nur weil jemand aus der Familie sagt: "Ey, der tickt nicht mehr richtig. Der ist krank. Sperrt den mal bitte weg!", passiert da noch lange nichts.



    An sich denke ich, dass beides zumindest teilweise zutrifft: Psychiatrie und Psychologie sind nötige Anlaufstellen und Institutionen. Sie sind nicht perfekt, aber nur weil nicht alles zu 100 % glatt läuft, ist es nicht komplett schlecht. Fehler passieren überall. Außerdem wird auch selten über Positives berichtet. Warum? Weil es uninteressant ist und selbstverständlich sein sollte. Alles soll natürlich immer weiter verbessert werden, aber alles zu verteufeln wegen menschlicher Fehler oder Lücken im System (die ja aufgedeckt und möglichst geschlossen werden), finde ich falsch.

    2 Mal editiert, zuletzt von Dyssomnie ()

  • @Dyssomnie
    Vielen Dank für diesen Beitrag.
    Da sind viele wichtige Informationen enthalten die man bedenken sollte.
    Ich habe nun schon viele Aufenthalte in der Psychiatrie hinter mir und kann da schon aus dem Nähkästchen plaudern :Halloweenwink:
    Ich finde,dass es sehr von dem leitenden Arzt und Klinikchef abhängig ist wie mit Patienten umgegangen wird und wie die Qualität der Therapien ist.Es gibt kaum etwas das subjektiver ist als die Beurteilung wie hilfreich eine Therapie/Klinikaufenthalt war.
    Meiner Erfahrung nach fällt vielen die schlechte Darstellung der Psychiatrie auf die Füsse.In genau den Situationen in denen man dringend stationäre Hilfe bräuchte .
    Es ist nur natürlich Angst vor neuen Situationen zu haben und man erinnert sich bei dem abwägen des Pro und Contra an das Gesehene und Gehörte über die Psychiatrie im allgemeinen und besonderen...Filme wie "Einer flog übers Kuckucksnest" und oben gepostete Videos schüren Ängste die unrealistisch sind.
    Ich habe dann wieder Menschen in der Beratung die akut selbst-und fremdgefährdend sind und solche Angst haben,dass sie es nicht schaffen von sich aus in die Klinik zu gehen.
    Ich finde es auch nicht schön,dass in geschlossenen Stationen nur verwahrt wird und nicht therapiert wird...nur um mal ein Beispiel zu nennen.
    Aber wer therapiefähig ist gehört auch nicht mehr auf die geschlossene Station .Da werden oft nicht rechtzeitig Verlegungen veranlasst aus vielen organisatorischen Gründen.
    Es gibt sicherlich vieles was man verbessern könnte.
    Ich wäre zum Beispiel sehr froh über mehr Kliniken mit einem Angebot für Traumafolgestörungen.Es ist wahnsinnig schwer als multiples System ambulante Therapeuten zu finden und eine fundierte stationäre Therapie für die man nicht ans andere Ende von Deutschland fahren muss und endlose Wartezeiten hat,weil es nur wenige Betten gibt :facepalm:
    Ich weiss,dass es unpopulär ist positive Berichterstattungen zu veröffentlichen.Es würde aber vielen helfen Mut zu fassen und sich Hilfe zu holen.
    :halloweenhappy:

    Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe die wir hinterlassen wenn wir gehen.


    Albert Schweitzer

  • .....bei uns war es genau anders herum, uns wurde kein Wort geglaubt - dass wir Opfer ritueller Gewalt usw. sind - wir wurden nach Nazi-Manier für verrückt/schizophren erklärt und mit Neuroleptika voll gestopft.....


    Wir haben mehrfach gewechselt....Psychiater.....wir litten extrem unter mind-control......


    Hilfe haben wir gefunden - aber ganz bestimmt nicht 0815-Klappsen oder Psychiatern.....

  • Ich hatte schon das "Vergnügen" eines stationären Aufenthalts und kann deswegen sagen:


    Spaß hatte ich keinen und zwangsläufig wiederholen muss ich das Erlebnis auch nicht...


    Ich sage auch nicht, dass jeder der in einer Anstalt ist auch dort hin gehört aber es handeln eben auch dort Menschen.




    PS: Ich für meinen Teil halte es ja für eine konstruktive Diskussion zielführender niemandem der eine fundierte Meinung gestützt von Argumenten abgibt zu verstehen zu geben das seine Meinung nicht gewünscht ist

  • Wenn jemand keine Ahnung/Erfahrung hat, sollte er/sie besser schweigen.....


    Artikel

    Hier darf jeder seine Meinung sagen.
    Solange die Beiträge nicht gegen die Forenregeln verstossen spricht nichts dagegen.

    Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe die wir hinterlassen wenn wir gehen.


    Albert Schweitzer

  • Fälle in denen Menschen unrechtmäßig in einer Psychiatrie gelandet sind und das vielleicht auch über Jahre gibt es ja immer wieder.
    Ich kann auch aus eigener Erfahrung sagen,dass es eine Leichtigkeit ist jemanden auf Grund falscher Anschuldigungen in eine Psychiatrie zu bekommen,besonders wenn die Person im Vorfeld mal irgendwie bei einem Psychologen oder Psychiater ist,so absurd wie in den 2.Video dargestellt ist es gar nicht.


    Als ich mal in der Geschlossenen gewesen bin,kam kurz nach mir ein Neuzugang auf mein Zimmer.Er meinte es habe wohl daheim irgendwie Krach gegeben,er sei wütend geworden und kam dann mit richterlichen Beschluss in die Psychiatrie .
    Für mich hat das schon den Eindruck gemacht als haben zumindest die Juristen die Psychiatrie als Vorwand genommen,da es keine rechtliche Möglichkeit gab die Person länger in Haft zu nehmen.


    Es ist dann auch ein leichtes eine Person als geschäftsunfähig hinzustellen,wenn sie erst einmal in der Psychiatrie sitzt.


    Am Ende hängt es auch davon ab wie gut der Arzt ist,es gibt da bekanntlich auch unterschiedliche Arten von Ärzte,die die ihren Beruf verantwortungsbewusst ausüben und das Wohle des Patienten vor Augen haben und die die ihren Job einfach nur machen,damit die Klasse schön klingelt und dann mehr auf die Aussagen von Angehörigen und Juristen geben,als das was der Patient selbst sagt.


    Eine Unterbringung ist einfach eine sehr empfindliche Sache,die auch schnell den Betroffenen schaden kann und nicht automatisch hilft.


    Es gibt auch Menschen die unschuldig verurteilt werden und im Knast sitzen,weil die Verantwortlichen ihre Arbeit nicht richtig gemacht haben.


    Das der Arzt in den Video am Ende noch wütend wird,zeigt nur das er nicht zugeben will,dass in seinem Beruf auch Fehler gemacht werden können.
    Sich selbst für so fehlerfrei zu halten,führt am Ende wahrscheinlich erst recht dazu das ein Patient Schaden nimmt.

  • @Saxon


    Das zeigt sehr schön, dass es ein schwieriges Thema ist.


    Ich will dir jetzt nicht zu nahe treten, aber Menschen lügen. Es gibt nun mal Leute, die Fehler nicht zugeben wollen - nicht nur auf Seiten der Ärzte. Es gibt auch Leute, die Dinge nicht so sehen, wie andere es tun oder wie sie wirklich sind. :halloweenyes: Ebenfalls ist es natürlich, dass Menschen in manchen Situationen nicht die volle Wahrheit sagen, um sich selbst zu schützen. Selbstverständlich sind nicht alle Leute zu jeder Zeit notorische Lügner, aber die Wahrheit sagen sie halt auch nicht immer...


    Ja, ich muss zugeben, dass es durchaus denkbar ist, dass man, um andere Menschen zu schützen, Personen wegsperren möchte, aber man keine Befugnisse hat mangels Straftat etc. Das ist scheiße, aber irgendwie trotzdem menschlich, weil man den anderen helfen will. Allerdings gäbe es auch da Alternativen, die weniger aufwendig sind als eine solche Unterbringung... (Es klingt immer so einfach, aber diese Beschlüsse sind halt echt nicht bloß eine Unterschrift, sondern eine genaue Sachverhaltsprüfung mit Begründung, die Zeit und Arbeit in Anspruch nimmt - das, was Richter nicht haben. Die müssten demnach also die letzten sein, so was einfach durchzuwinken, da ein Ja mehr Arbeit bedeutet als ein Nein. :halloweenlaugh: ) Bis zur vollen Geschäftsunfähigkeit sind es noch mal ein paar weitere Schritte, was alle Beteiligten ebenfalls Zeit und Arbeit kostet - auch noch nach dem Verfahren...
    Ich kann mir vorstellen, dass durchaus versucht wird, Leute auf diese Art wegzusperren. Allerdings ist der Aufwand sehr hoch und Psychiatrien sind jetzt auch kein Hochsicherheitstrakt - und besonders lang dauert eine solche Unterbringung auch nicht, wenn es darum geht, dass andere Leute die Person ja "für immer" loswerden wollen... (Nein, ich sage nicht, dass die Zeit - je nach Bundesland können es auch mal 6 Wochen sein - nicht lang ist, sondern eben nur in Bezug auf das gewünschte Ziel.) Erfolgreich wird so was also nicht sein. Was tatsächlich einfach sein könnte, dass man zur Deeskalation, bei der man quasi den durchgedrehten Störenfried nur kurz rausholen möchte, denjenigen für eine Nacht dorthin bringt. Danach muss er von einem Richter angehört werden und kommt wieder raus, aber eventuell hat sich die Situation dann insgesamt beruhigt.


    Die Kasse würde doch auch so klingeln. Es gibt genügend Menschen, die psychiatrische Hilfe brauchen und diese auch suchen, aber monatelang auf Termine und Therapieplätze warten müssen. Wozu sich also mit Fällen beschäftigen, die eigentlich pure Zeitverschwendung sind, während man mit den "richtigen Kranken", die ja sogar freiwillig kommen, doch genauso viel Kohle machen könnte? :greywink:


    Wütend zu werden muss kein Eingeständnis sein - das weiß ich ausnahmsweise sogar aus eigener Erfahrung. :halloweengrin: Man wird auch wütend durch falsche Anschuldigungen. Und da wir leider nicht in den Arzt hineinsehen können, werden wir wohl nie erfahren, weswegen er wirklich so wütend wurde. Beides wäre jedenfalls denkbar.


    Natürlich ist es trotzdem wichtig, die Fehler zu benennen und zu analysieren, denn sie passieren. Das will ich ja gar nicht abstreiten. Nur, ob sie so gehäuft und einfach passieren, das bezweifle ich. Ja, hier und da gibt es manchmal einen Arzt, der seinen Beruf verfehlt hat, egal um welchen medizinischen Bereich es geht. Vielleicht gibt es darunter dann auch mal einen Sadisten, der gerade so innerhalb der Grenzen seine Macht auslebt. Aber jedem Arzt das zu unterstellen, ist falsch.
    Außerdem darf man nicht vergessen, dass man - egal, ob zu Unrecht oder zu Recht - wohl an keinem besonders guten Punkt im Leben stand, wenn man zwangsweise in die Psychiatrie kommt. Womöglich war man eher richtig am Ende. In so einer Situation hat man auch noch mal eine ganz andere Sichtweise auf die Dinge als ein Außenstehender. (Das ist keine Entschuldigung für Fehler, sondern eher eine Erklärung, warum manches nicht als Fehler gewertet wird, obwohl man es so sieht.)
    Patienten (und auch Ärzte) sollen auf jeden Fall auf Missstände aufmerksam machen, mitbestimmen dürfen und sagen, was schlecht war und was und wie man es verbessern könnte, aber ein Überdramatisieren und falsches Darstellen wird da eher wenig bringen...

  • "Es klingt immer so einfach, aber diese Beschlüsse sind halt echt nicht bloß eine Unterschrift, sondern eine genaue Sachverhaltsprüfung mit Begründung, die Zeit und Arbeit in Anspruch nimmt - das, was Richter nicht haben."


    Die Sache kann ich nun nicht bestätigen,insgesamt hat die Sache bei mir vielleicht 1 Stunde gedauert,hätte man wirklich genau geprüft und auch mich ernst genommen,wäre es gar nicht so weit gekommen.Ich habe auch schon von vielen anderen gehört,dass man nicht wirklich von einer genauen Prüfung des Sachverhalts in Sachen Beschluss reden kann,je nachdem wird die Person erst mal eingewiesen und DANN wird geprüft was denn nun Sache ist.


    Wie lange so eine Unterbringung dauert,ist natürlich immer ein Einzelfall,sowas kann nach wenigen Tagen vorbei sein oder wie manche Fälle gezeigt haben eben auch nach einigen Monaten oder Jahre.
    Eine Freundin von mir war letztes Jahr auch in der Psychiatrie,erst freiwillig,dann mit Beschluss.Der Beschluss war vorerst für 4 Wochen ,danach folgte dann eine erneute Prüfung.Insgesamt saß sie dort dann fast ein halbes Jahr,davon den Großteil auf der Geschlossenen.Fremdgefährdung lag auch nicht vor,höchstens Selbstgefährdung,was sie aber auch nicht abgestritten hat.


    Eine Unterbringung kann natürlich hilfreich sein,besonders bei Fremdgefährdung und Psychiatrien,samt Ärzte,sollte man wegen solcher Fälle natürlich auch nicht verteufeln.Es ist gut das es sowas gibt.


    Aber je nachdem können solche Beschlüsse auch mehr Schaden anrichten als das sie helfen.Bei mir entstand dadurch damals eine Angststörung,weil es ein traumatisches Erlebnis war für mich,es ist einfach alles andere als schön wenn man zu Unrecht weggesperrt wird und man nichts dagegen machen kann.Auch habe ich mich ziemlich von meinen Mitmenschen abgewendet und den Kontakt auf ein Minimum reduziert,weil man das Vertrauen in seine Mitmenschen verloren hat und das Gefühl hat alle schauen einen an,lachen und verurteilen weil man mit Beschluss in einer Psychiatrie gewesen ist.


    Juristen,Ärzte können nach Feierabend nach Hause gehen und fertig.Die andere Seite hingegen sitzt hinter verschlossene Türen,Fenster,ggf. unter dauerhafter Beobachtung und kann dann sehen wie sie mit dem Freiheitsentzug fertig wird.

  • Eine Freundin von mir war letztes Jahr auch in der Psychiatrie,erst freiwillig,dann mit Beschluss.Der Beschluss war vorerst für 4 Wochen ,danach folgte dann eine erneute Prüfung.Insgesamt saß sie dort dann fast ein halbes Jahr,davon den Großteil auf der Geschlossenen.Fremdgefährdung lag auch nicht vor,höchstens Selbstgefährdung,was sie aber auch nicht abgestritten hat.

    Dann war doch aber hier alles richtig. Bei Selbstgefährdung darf man nun mal eingewiesen werden nach den jeweiligen Gesetzen. Ja, das ist eine lange Zeit, aber wo da jetzt der Fehler sein soll, erschließt sich mir nicht. (Ob man den Grund vielleicht unsinnig findet, da es die Ansicht gibt, dass jeder mit sich machen kann, was er will, auch wenn er krank ist, hat damit erst mal nichts zu tun und ist ein anderes Thema.)


    Dass das bei dir anscheinend nicht so toll gelaufen ist und du schlechter aus der Situation raus bist als du reingekommen bist, ist echt beschissen und sehr schade. Man weiß halt leider vorher nicht, zu was diese Entscheidung führen wird. Ich denke halt, dass die meisten Ärzte und Richter wirklich nur das Beste wollen und einfach nicht ruhigen Gewissens die Patienten wieder gehen lassen können, weil sie wirklich denken, dass dann was Schlimmeres passiert, als wenn man sie für eine gewisse Zeit festhält. Oder dass sie zumindest hoffen, dass es hilft, weil es ja andere gibt, bei denen es bereits geholfen hat.


    (Die Anhörung hat vielleicht eine Stunde bei dir gedauert. Aber die richtige Arbeit für den Richter ist das Schreiben der Begründung mit den ganzen Verweisen und blabla. Das meinte ich eigentlich. :greywink: )


    Als Jurist oder Arzt nach dem Feierabend nach Hause gehen und fertig? Gerade diese beiden werden nachts aus dem Bett geklingelt, weil sie gebraucht werden, wenn jemand mal wieder mit Alkohol am Steuer erwischt wurde. :halloweenlaugh: (Aber ja, ich verstehe schon, was du meinst. Wollte nur einen dummen Witz machen.)

    und das Gefühl hat alle schauen einen an,lachen und verurteilen weil man mit Beschluss in einer Psychiatrie gewesen ist.

    Das ist eben noch ein weiteres, anderes Problem: Die Stigmatisierung. Man kann ja Menschen nicht einfach nicht in die Psychiatrie schicken, weil andere dann irgendwas Schlechtes von einem denken (könnten). An diesem Problem muss man genauso anpacken, damit man sich eben nicht mehr schämt oder dergleichen, weil man Probleme im Leben hat(te), die andere genauso haben, aber nicht zugeben oder anders damit fertig werden. Glücklicherweise scheint sich das ja immerhin ein wenig zu bessern, auch wenn es halt leider dauert. :halloweenyes:

  • Beschluss hin oder her...wenn die mit "unmittelbare Selbstgefährdung" argumentieren, ist man schnell zwangseingewiesen. Ende 2017 ist mir das dummerweise passiert, weil ich zu ehrlich war. Leider hatte ich mein Smartphone nicht dabei und konnte mit Keinem in Kontakt treten. Ein paar Leute dachten, dass ich mich umgebracht hätte, 3 davon haben die Polizei angerufen. Zum Glück habe ich denen dort schnell und glaubwürdig vermitteln können, dass es mir gut geht, obwohl ich schon öfters in der Psychiatrie, sowohl offen als auch geschlossen. Besonders die Geschlossene war für mich eine wahre Grenzerfahrung, um als subjektiv nicht akut Suizidgefährdete nicht wahnsinnig zu werden und "normal" zu bleiben. Die Bedingungen, in denen ich mich dort befand, waren alles andere als menschenwürdig. Das ist aber ein anderes Thema...


    Sehr viel hängt vom subjektiven Empfinden der behandelnden Ärzte ab. Ihre Entscheidung ist die Grundlage von dem, was mit dir passiert. Obwohl ich "draußen" Pech hatte, habe ich "drinnen" Glück gehabt, weil man erkannt hat, dass von mir keine Gefahr ausgeht - entsprechend war ich in dieser einen unerwünschten Begegnung schnell draußen.

    Truly, if there is evil in this world, it lies within the heart of mankind.
    Edward D. Morrison

  • Meine letzte Erfahrung.. bleibt die letzte... Nie wieder !!! -


    ähm... Ich war letztes Jahr auf einer offenen Station "Krisenintervention" um eigentlich eine Krise abzuwenden und ging mit einem wesentlich besseren Zustand rein als ich später raus kam. Irgendwie ging alles schief... von Anfang an. Der Arzt der eigentlich für mich zuständig war ging nach zwei Wochen in Urlaub, die Vertretung hielt nicht viel von Therapie weil sie ja nicht für mich zuständig wäre und allg. gab es sehr wenig Therapieangebote oder Therapie beim Doc bsp. mal ein "Wie geht's ihnen Heute.. was können wir tun das es ihnen besser wird. Oh sie können nicht schlafen, was können wir da denn tun.." 6 Wochen für die Katz und am Ende bin ich instabil und suizidal entlassen worden, mit den Worten "Kommen sie wieder wenn es nicht klappt... sie können JEDERZEIT wieder kommen" Naja. Das stimmte nicht. 3 Tage nach Entlassung hatte ich Termin bei meinem ambulanten Therapeuten. Ich kam da an und hab direkt ne Ansage gemacht "Ich geh nicht nach Hause.. ich geh irgendwo hin.. ich kann nicht mehr... ich kann ihnen nicht versichern das ich nach diesem Termin nicht direkt irgendwo hingehe und mir was antue" Mir ging es auch ziemlich beschissen nach der Entlassung. Ich hatte noch nie so viele Panikattacken wie in dieser kurzen Zeit. Schlafen war nicht möglich. Also versuchte mein Therapeut mich wieder auf die gleiche Station zu schicken, die wehrten ab und meinten ich sei nur so jemand wo ohne Klinik nicht leben könnte und er würde auch verhindern das mich mein Therapeut auf die geschlossene unterbringt, ich sei angeblich nicht Akut- so wie ich behaupten würde. Mein Therapeut war richtig aber so richtig sauer, zum einen weil ich so instabil entlassen wurde und zum anderen weil man Hilfe ablehnte. Er telefonierte dennoch mit der geschlossenen und nach hitziger Diskussion und 100x versichern das ich wirklich, wirklich, wirklich, wirklich akut wäre... ging es am selben Tag noch in die Geschlossene.



    Die Geschlossene...


    Die Aufnahme... Ich wurde gefragt wenn ich auf Station bin, ob zusichern kann das ich mir nichts antue. Ich sagte Ja. Daraufhin sagte der Arzt auf eine sehr unfreundliche harte Art "NEIN, Können SIE NICHT.. Akut Suizidal sein ist kein Spaß.. entweder SIND sie es oder Sie sind es NICHT.. Also nochmal : Können sie zusichern das sie sich nichts antun? Nein... - Sie bekommen keinen Ausgang und dürfen nicht in den Offenen Bereich der Station.. haben sie das VERSTANDEN? - Ja" Welcome to Hell ... die wird diktiert was du zu sagen hast.. Sprachlos ich war .....


    Ich habe damals auf der offenen viele Horrorgeschichten gehört... aber ich hätte niemals zu träumen gewagt das es wirklich so ist. Eigenartigerweise fühlte ich mich direkt unwohl und so als würde ich dafür bestraft werden, dass es mir so beschissen ging. Die Mitpatenten waren allesamt in einem fragwürdigen Zustand. Vollgepumpt mit Medis.. total ungepflegt.... es gab auf dem geschlossenen Teil nur ein gemischtes Klo und es war total versifft. Die ganze Station war versifft und dreckig und stank nach altem Urin. Keinerlei Hygiene. Ich habe mich an dem Nachmittag im Bett verkrochen und hab Trinken größtenteils vermieden - weil ich Angst hatte aufs Klo zu gehen (wegen den anderen Männlichen Patienten.. teils sehr aggressive paranoide usw.) . Wie auch am nächsten Tag.. ich hab vielleicht nen SChluck gehabt um Tabletten zu schlucken aber das wars dann auch. Die Pflege war sehr rau und ich kann mir vorstellen das manche Patienten nicht einfach sind aber der Umgangston war teilweise unter aller Sau. Als wären wir psychisch kranke geistig total eingeschränkt und kleine Kinder. Es wurde mit manchen sehr unfreundlich, beleidigend gesprochen. Es macht den Eindruck, wenn du was falsches sagst, ein falscher Blick und sie haben die Macht was mit dir im Anschluss passiert. Pass dich an oder stirb - den Eindruck machte es mir. Ich hatte totale Angst niemals mehr entlassen zu werden... und Ich hab mich nur einmal getraut hinzugehen weil ich Schmerzen hatte und was brauchte.. ansonsten nicht. Ich hatte schiss das ich auch vollgepumpt werde oder wie der eine der nur Kaffeepulver im Gang streute - für 3 Stunden in die Iso Zelle kam... Also verhielt ich mich ganz brav... Ich hatte trotzdem keinerlei Ausgang, nicht mal in den abgesperrten Hof.. nicht mal mit nem Pfleger oder so... das war unschön.. so eingesperrt zu sein. 20 Uhr wurde die gesamte Station abgeschlossen und der geschlossene Bereich geöffnet. Es gab 6 Stationen je nachdem wo man herkam... und von allen Seiten hörte man die Leute schreien.. Nach 3 Tagen wurde ich überraschend entlassen.. weil ich auf die Frage wie es mir geht gesagt habe "Es ist ok... etwas besser als gestern" und daraufhin werde ich als "Sie haben sich aber rasch stabilisiert" entlassen. Einerseits war ich nicht unglücklich darüber aber ich hatte gehofft wenigstens auf die offene oder eine andere Station zu kommen.. und nicht direkt nach 3 Tagen Isolation der Außenwelt entlassen zu werden, nur weil es grad ma "Ok" ist... O.o


    Sagen wir mal so.... Wer dort einmal war... der wird freiwillig nie wieder dort hingehen wollen... aber ich hätte nicht gedacht das ich so schnell entlassen werde... mein Therapeut war geschockt. Ich hab seither totale Probleme... Demnächst geht ne Bekannte nochmals dort hin (andere Station) und ich würde sie gerne besuchen aber nur der Gedanke daran.... lässt mich erstarren.. und es schleicht ne Panik hoch... Die Zeit dort hat mehr Schaden angerichtet als das es mir irgendwas gebracht hat. Mein Vertrauen hat auch ein wenig gelitten... Die Nachtpflege waren so die einzigen die sehr menschlich zu uns waren.. das ist auch das einzig positive daran.

    Märchen erzählen Kindern nicht, dass Drachen existieren. Denn das wissen Kinder schon. Märchen erzählen den Kindern, dass Drachen getötet werden können.
    — G.K. Chesterton

  • Ups,hab vergessen den Beitrag heute morgen noch zu senden :D


    @Dyssomnie


    Unsinnig war es u.a weil sie von Anfang an dort freiwillig war,aber gemerkt hat das die ganze Therapie dort gar nichts gebracht hat.Gleiche Erfahrung hatte ich auch.Und trotz der Freiwilligkeit noch ein Beschluss geholt wurde.Sie hatte auch mehrfach die Chance zu SVV und das ziemlich übel,obwohl sie das Personal immer wieder darauf hingewiesen hat.Der Beschluss hätte also gar nichts gebracht,wenn sie wirklich vorgehabt hätte sich das Leben zu nehmen.
    Die Geschichte hat also gezeigt wie unsinnig so ein Beschluss sein kann und wie leicht es ist so ein Beschluss zu verlängern,ganz gleich was der Patient dazu sagt.


    Das Leute wahrscheinlich ehr mit Beschluss eingewiesen werden,als das man sie wieder gehen lässt,liegt nicht daran weil die zuständigen Juristen und Ärzte nur das Beste für den Patienten wollen,das dient lediglich zur eigenen Absicherung.Lässt man die falsche Person doch laufen und nimmt sie sich kurz danach das Leben,oder bringt Mitmenschen in Gefahr,sind ganz schnell die Juristen angeschissen,weil sie das falsche geurteilt haben.Also kommt eine Person zur Sicherheit lieber erst mal mit Beschluss weg und dann wird entschieden wie es weitergeht.Das weiß ich aus erster Hand.Wann hört man denn auch mal das sich z.B. ein Richter oder Staatsanwalt dafür entschuldigt,wenn die falsche Person verurteilt wurde ? Was dann mit den unschuldig Verurteilten wurde interessiert praktisch nicht mehr,was man auch daran sieht dass Deutschland im Europavergleich ganz weit unten steht,wenn es um Haftentschädigung geht.


    Mag ja sein das ein Richter nach einer Anhörung noch Schreibtischarbeit zu erledigen hat,aber mal ernsthaft,wenn er damit ein Problem hat hat er wohl den falschen Job gewählt.Die Folgen von der ganzen Geschichte darf nun ich mit mir rumschleppen,nicht der Richter oder irgendein Arzt.Schreibtischarbeit usw kann keine Entschuldigung sein wenn es um die Gesundheit und Freiheit einer Person geht.


    Natürlich kann man jemanden nicht deswegen nicht in Haft oder eine Psychiatrie stecken,weil die Leute dann vielleicht reden und mit den Finger auf einen zeigen,aber das zeigt eben mit was für Folgen dann auch die Betroffenen zu kämpfen haben.Nimmt man mal jemanden der wegen Mord zu Unrecht verurteilt wurde und die Tat gar nicht begangen hat,ob er am Ende doch noch frei kommt,weil die Unschuld noch bewiesen werden konnte,interessiert in allgemeinen nicht mehr,der Ruf dieser Person ist zerstört,sehr wahrscheinlich dann auch mit weitreichende Folgen,kaputte Familie,Jobverlust usw.


    Prominentes Beispiel ist Michael Jackson gewesen,den hat man Kindesmissbrauch vorgeworfen,die Geschichte hat ihn sein ganzes Leben in der Öffentlichkeit verfolgt,selbst als es klar wurde das die Vorwürfe wohl nur erfunden waren.


    Wirklich hilfreich ist eine Einweisung in eine Psychiatrie wahrscheinlich dann,wenn die betroffene Person es freiwillig macht und mit der Person zusammengearbeitet wird.Es wäre auch wenig sinnvoll eine Person gegen deren Willen zum Psychologen zu schicken,weil vielleicht gar kein Vertrauensverhältnis zum Therapeuten aufgebaut werden kann.

    2 Mal editiert, zuletzt von Saxon ()

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