Seid Ihr misanthropisch?

  • Huhu zusammen,


    mich beschäftigt die Frage, ob man Misanthrop ist oder nicht schon recht lange. So eindeutige Definitionen dazu gibt es ja nicht. Ich würde aber sagen, dass ich deutliche Tendenzen dazu habe, obwohl ich ein sehr empathischer Mensch bin. Vor allem dieses innere Ambivalenz und Zerrissenheit empfinde ich deshalb zuweilen als recht anstrengend.


    Folgenden Artikel fand ich dazu sehr aufschlussreich:


    http://www.geistundgegenwart.d…r-misanthrop-bin-ich.html


    Wie ist das bei Euch? Würde ich Euch misanthropisch bezeichnen?
    Warum? Warum nicht?

  • Am meisten wiedererkannt habe ich 3 von uns bei Punkt 7. "Der Misanthrop als Humanist". Uns durchzieht sehr wohl der Hass, wenn Menschen in Folge ihres Unvermögens und ihrer unentschuldbaren Bequemlichkeit Schaden anrichten - bereits durch das Nichts-Tun. Die Inkompetenz liegt dort verwurzelt, wo Ignoranz seinen Höhepunkt findet, und dieser Umstand ist zweifelsfrei verachtenswert. Jeder ist schlussendlich für sich selbst verantwortlich und die Staaten für die Handlungen der Konvolute an Menschen.


    Latyss zeigt die Abneigung gegenüber solchen Menschen viel offensichtlicher. Lathios und ich sind subtiler, keinesfalls gemäßigter.


    Ob ich mich als Misanthrop bezeichnen würde? Es spricht nicht viel dagegen, sondern mehr dafür. Alleine der Umstand, dass die Menschen so dumm sind und ihre eigenen Leute psychisch kaputt machen und jene, die aus Angst handlungsunfähig sind, einfach nur zusehen. Auch dies ist verachtenswert. Eine Gesellschaft, die ihre eigenen Leute kaputt macht, ist krank. Die menschliche Bequemlichkeit ist ebenso suboptimal für einen vernünftigen Umgang mit sich selbst und seiner Umwelt - es muss letztenendes immer etwas geschehen, bis ein Handlungsbedarf durchgesetzt wird. Doch nicht jeder Prozess gibt den Menschen Aufschub.

    Truly, if there is evil in this world, it lies within the heart of mankind.
    Edward D. Morrison

  • Fuck, Punkt 6 trifft teilweise auf mich zu. :halloweenlaugh:


    Ich weiß nicht so recht. "Ich hasse Menschen", ist ja schon ein Satz, den man unbedacht raushaut. Manchmal will man einfach bewusst übertreiben und Ärger rauslassen und dann kommt so etwas heraus. Aber ob das gleich eine eigene Kategorie ist? Ich weiß nicht...


    Aber ganz ehrlich? Ich kann die Meinung des Autors zu Punkt 6 überhaupt nicht nachvollziehen. Die gesamte Menschheit zu hassen, was alle Menschen beinhaltet, obwohl es genügend gibt, die nichts dafür können, damit zu tun haben oder falsch gemacht haben, ist okay, aber Individuen zu hassen wegen ihrer dummen und schädlichen Verhaltensweisen, ist schlecht? Verkehrte Welt, würde ich mal sagen. (Zumal andere Zitate in anderen Punkten auf mich wesentlich "verwirrter" und "behandlungsbedürftiger" wirken als die Beispiele in diesem Punkt.) Oder der Autor hat keine Ahnung oder hat sich dumm ausgedrückt. Wenn ja, hasse ich ihn. Außerdem verwendet er das "Kein-echter-Schotte"-Scheinargument ("richtige Misanthropen sind gute Menschen" - man kann es sich auch so zurechtlegen, wie man es braucht). Ein weiterer Grund, ihn zu hassen. :Halloweentongue: (Bitte meine Hassaussagen auch mit etwas Ironie betrachten. :Halloweenwink: )


    Nichts gegen persönliche Abneigungen oder Hass. Ich selbst habe den obigen Satz auch schon oft gesagt und auch so gemeint, aber ich finde es trotzdem höchst seltsam, das auch noch gut zu finden oder sogar stolz darauf zu sein, ein "Menschenhasser" zu sein (ich meine damit nicht euch und will niemandem etwas unterstellen, sondern beziehe mich nur auf den Text und wie er auf mich wirkt). Da hilft auch kein schöner klingendes Fremdwort oder sonstiges Schönreden...

  • Danke für Eure Beiträge. Sehr interessant! :greyclap2:


    Ich würde mich auch ganz klar zu 3) und 7) bekennen. Und Rhea, ich fand dein Posting dazu schon beeindruckend, weil ich da sehr, sehr ähnliche Tendenzen habe. Ob ich mich wirklich als Misanthrop bezeichnen würde, weiß ich gar nicht. Ich lege da auch keinen Wert drauf, aber habe an mir - an meinem Empfinden - bemerkt, dass ich eine extrem Ambivalenz entwickelt habe.


    Zum einen liebe ich viele Menschen, respektiere und achte sie. Zum anderen sehe ich aber täglich wie der Mensch diesen Planeten zerstört und auch wie Geld unser soziales Miteinander kaputt macht. Vieles wird durch Gier und Neid dominiert. Und diese maßlose Enttäuschung mündet vielleicht auch in einer Art Hass.


    Vor allem diese Zerrissenheit in mir, ist mein Problem damit. Soll man nun die Menschen lieben oder hassen? Und dieser unsägliche Unwille irgendwie auch an Veränderungen teilnehmen zu wollen, macht es nicht besser. Alle wollen mehr Solidarität, mehr Umweltschutz, aber niemand will teilnehmen und die Gesellschaft und sich ändern. Egoismus pur.

  • Ich denke Misantrophen sind oft Menschen die sich einfach für etwas besseres halten und mit Anderen einfach nicht klar kommen, weil sie selbst sehr kompliziert sind, Es kann nicht sein, dass wirklich alle Menschen scheiße sind, oder ist es nicht viel mehr der eigene von Erfahrungen gekränkte Blickwinkel, der nicht mehr klar sieht? Ich frage mich ob da nicht bei einem selbst was gewaltig schief läuft wenn man mir jeden Tag erzählt, ich hasse den und den Menschen, der und der ist dumm und macht es falsch...
    Statt einmal überhaupt darüber nachzudenken warum Menschen tun was sie tun, gar nicht erst ins Detail gehen, versuchen es nachzuempfinden, auf dem Grund zu gehen, zu verstehen, anstatt direkt urteilen zu wollen. Nein, Misantrophen sind keine guten Menschen, da sie nicht einmal gutes erkennen können. Das sind nur Menschen die alles rot sehen, oder dessen Blick eben nur auf das negative gerichtet ist, und dieses auf alle Menschen übertragen.

    Brain in Pain

  • Ich denke Misantrophen sind oft Menschen die sich einfach für etwas besseres halten und mit Anderen einfach nicht klar kommen, weil sie selbst sehr kompliziert sind, Es kann nicht sein, dass wirklich alle Menschen scheiße sind, oder ist es nicht viel mehr der eigene von Erfahrungen gekränkte Blickwinkel, der nicht mehr klar sieht? Ich frage mich ob da nicht bei einem selbst was gewaltig schief läuft wenn man mir jeden Tag erzählt, ich hasse den und den Menschen, der und der ist dumm und macht es falsch...
    Statt einmal überhaupt darüber nachzudenken warum Menschen tun was sie tun, gar nicht erst ins Detail gehen, versuchen es nachzuempfinden, auf dem Grund zu gehen, zu verstehen, anstatt direkt urteilen zu wollen. Nein, Misantrophen sind keine guten Menschen, da sie nicht einmal gutes erkennen können. Das sind nur Menschen die alles rot sehen, oder dessen Blick eben nur auf das negative gerichtet ist, und dieses auf alle Menschen übertragen.

    Sehr, sehr oberflächliche und kurzsichtige Sichtweise. Meinste nicht?

  • Ich würde das anders zusammenfassen,denn die Menschen die sich mir gegenüber als Misanthropen bezeichnen sind enttäuscht vom Handeln anderer Menschen .Das kann mitunter dazu führen,dass Verachtung entwickelt wird.
    Meiner Meinung nach bedeutet das nicht zwingend,dass dieser Einstellung Arroganz zugrunde liegt.Man kann vielleicht sagen,dass ein Misanthrop sich innerlich distanziert von den anderen Menschen.
    @Mylenix
    Ich finde die Aussage,dass Misanthropen keine guten Menschen seien nicht fair.Du urteilst da über viele Menschen deren Umstände und Vorgeschichte du nicht kennst.

    Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe die wir hinterlassen wenn wir gehen.


    Albert Schweitzer

  • @Mylenix
    Ich erkenne vieles von dem, was du schreibst, im 1. Besitzer unseres Wirtskörpers wieder. Das war eine Person, die in ihren letzten 3 Lebensjahren locker als "Böse" durchgehen konnte. Diese Person definierte sich aus Hass...gegenüber Menschen, sich selbst, allen. Und du hast recht, wenn du behauptest, dass da mächtig was schief gelaufen sein muss. Ich meine damit auch nicht Eigenverschuldung. Hier war es auch so. Natürlich muss ergründet werden wieso es so ist. Ich kann mir nicht vorstellen, dass wirklicher Hass einfach so entsteht. Es war viel am Programm...viele enttäuschte und verletzte Gefühle, Isolation, Gewalt.


    Ich bin viel zu unqualifiziert zu behaupten, dass alle Misantrophen schlechte Menschen sind und nicht mal das Gute erkennen können. Die Aussage an sich finde ich auch weit hergeholt, aber ich bin mir sicher, dass es solche Leute gibt, wo dies tatsächlich zutrifft. Wo kann das sein? ...vermutlich dort, wo Gefühle massiv verletzt worden sind, so massiv, dass nichts mehr da ist außer der Hass und der Betroffene zu einem Werkzeug wird, zu einem Werkzeug seines Hasses - er wird der Hass und dies verschmelzt zu seiner Identität - es wird Realität und in seiner Wirkung die Wahrheit. ...und dann wird tatsächlich alles rot...blutrot.

    Truly, if there is evil in this world, it lies within the heart of mankind.
    Edward D. Morrison

  • Ich finde die Aussage,dass Misanthropen keine guten Menschen seien nicht fair.Du urteilst da über viele Menschen deren Umstände und Vorgeschichte du nicht kennst.

    Aber genau das tun doch auch Misantrophen oder nicht?

    Brain in Pain

  • @Mylenix
    Wenn sich jemand anderen gegenüber verschliesst oder distanziert müssen wir das nicht auch tun.
    Wenn jemand verletzt ist haut man ja auch nicht auf die Wunde....oder?
    Ein Misanthrop ist höchstwahrscheinlich verletzt worden,im Stich gelassen.

    Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe die wir hinterlassen wenn wir gehen.


    Albert Schweitzer

  • Ich finde die Aussage,dass Misanthropen keine guten Menschen seien nicht fair.Du urteilst da über viele Menschen deren Umstände und Vorgeschichte du nicht kennst.

    Aber genau das tun doch auch Misantrophen oder nicht?

    Nein.


    Ich zitiere mal etwas aus dem Artikel oben:

    Manchmal bin ich angeekelt von der Gier einiger Menschen, von ihrem Egoismus, ihrer Kurzsichtigkeit, ihrem Konsumwahn. Ich messe sie alle an einem Ideal, gleichzeitig wissend, dass ich exakt genauso bin - fehlerbehaftet. Deswegen hasse ich keinen Menschen, ich verabscheue aber die Abgründe der menschlichen Natur.

    Zumindest meine misanthropisch Ader kommt maßgeblich daher, dass die Menschen ja eben nicht fair und nicht gerecht sind, sondern in erster Linie im Leben egoistische Ziele verfolgen. Viele können das ja für sich wunderbar ausblenden, aber das findet ja täglich in all unseren Leben statt.


    Sobald man beispielsweise irgendwo im Supermarkt etwas kauft, kann man sich sicher sein, dass eine ganze Reihe Menschen sehr unfair dafür behandelt wurden. Ob es die Gemüsebauer in Spanien sind, die in Holzhütten schlafen oder Milchkühe, die unter Schmerzen wegen der große Euter leiden ... und das ist der Grund, warum ich die Gesellschaft und überhaupt die Art zu wirtschaften hasse.


    Und irgendwie finden es ja auch alle okay. Klar, das Leid findet woanders statt, damit wir in Saus und Braus leben. Für meine persönliche Egozentrik spielt das keine Rolle - mir gehts gut und wie es anderen geht kann mir ja egal sein. Und so denken dann viele. Leider. Und wenn etwas schlecht ist, dann das!

  • Gibt zu dem Thema ja auch einen sehr passenden Spruch: Aus den Augen, aus dem Sinn. Klar weiß jeder, dass der europäische Luxus auf den Toden unzähliger Leute aufbaut, Unterdrückung, Armut, Krankheit...nur die USA sind noch ekelerregender.

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    Edward D. Morrison

  • Natürlich werden Menschen auf der Welt unfair behandelt, natürlich passiert viel Mist, ich hasse natürlich auch diese Ungerechtigkeit von Menschen, aber ich würde nie sagen, dass alle Menschen so sind und behandelt werden, nicht einmal der Großteil, man denkt es wäre der Großteil wenn man sich nur für das negative interessiert, wozu auch den Fokus darauf werfen was gut läuft auf dieser Welt? Ich verstehe ja was gemeint sind, aber unter Misantrophie verstehe ich nunmal den völligen Hass gegen alle Menschen (wenn man sich selbst einschließt würde ich es schon eher verstehen), selbst wenn sie völlig unschuldig sind, sonst könnte sich ja jeder als Misantroph betrachten, weil ich das schon als normal empfinde, dass der Mensch erzeugtes Leid und Schmerz hasst und ablehnt. Aber ich denke ohne das eine kann das Andere nicht existieren, wenn man nicht sieht was in den Augen desjenigen falsch und unfair ist, hat man gar keinen Sinn dafür wies richtig und fair ist, gar keine Vorstellung davon.

    Brain in Pain

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  • Natürlich werden Menschen auf der Welt unfair behandelt, natürlich passiert viel Mist, ich hasse natürlich auch diese Ungerechtigkeit von Menschen, aber ich würde nie sagen, dass alle Menschen so sind und behandelt werden, nicht einmal der Großteil, man denkt es wäre der Großteil wenn man sich nur für das negative interessiert, wozu auch den Fokus darauf werfen was gut läuft auf dieser Welt? Ich verstehe ja was gemeint sind, aber unter Misantrophie verstehe ich nunmal den völligen Hass gegen alle Menschen (wenn man sich selbst einschließt würde ich es schon eher verstehen), selbst wenn sie völlig unschuldig sind, sonst könnte sich ja jeder als Misantroph betrachten, weil ich das schon als normal empfinde, dass der Mensch erzeugtes Leid und Schmerz hasst und ablehnt. Aber ich denke ohne das eine kann das Andere nicht existieren, wenn man nicht sieht was in den Augen desjenigen falsch und unfair ist, hat man gar keinen Sinn dafür wies richtig und fair ist, gar keine Vorstellung davon.

    Erachte ich als eine extrem kurzsichtige Einstellung. Die Ungerechtigkeit, die immer nur direkt und unmittelbar stattfindet, vermittelt einen durchaus korrekten Eindruck. Die Menschen haben es aber geradezu perfektioniert Ungerechtigkeit so zu verlagern, dass man selbst davon nicht mehr direkt betroffen ist. Das ist doch das größte Problem überhaupt.


    Isst Du Fleisch? Fährst Du ein Auto? Konsumierst Du Elektronik-Produkte oder trägst Du Kleidung? Ich kann Dir zu jedem dieser Dinge belegen, dass am Ende dieser Konsumketten jemand hängt, dessen Existenz sehr, sehr leidvoll ist. Gerade auch die Tiere, die täglich auf unseren Tellern landen. Wir verursachen damit unendlich viel Leid.


    Oder die Näherinnen, die für wenige Cents unsere Kleidung nähen. Schaue mal in die Etiketten - da kommt alles aus Entwicklungsländern, die den Menschen nur Hungerlöhne zahlen. Darum sind die Konzerne doch da. Näherinnen gäbe es auch hier bei uns. Wenn Shirts am Ende 15€ kosten, geht das nur, wenn Menschen am anderen Ende der Welt ungerecht behandelt werden.


    Ohne Schuld zu leben ist nahezu unmöglich. Jeder von uns verursacht durch seine Lebensweise Leid an anderen Stellen dieser Welt. Jeden Tag. Die Wenigsten nehmen das aber wahr. Und haben damit auch kein Bewusstsein für Ökologie. Und jetzt zeige mir mal den Menschen, der frei davon ist - der durchweg von sich behaupten kann: ich habe nie etwas Unrechtes getan.

  • Ein sehr interessanter Artikel, den ich mir vor langer Zeit schon einmal durch gelesen habe.


    Nun, ich persönlich würde mich in diesem Sinne auch eher in die Gattung des Misanthropen einordnen, auch wenn ich mich in den aufgelisteten sieben Punkten in diesem Artikel nur teilweise wieder finde, da meine empfundene Misanthropie einen rein gesellschaftskritischen, traditionellen Ursprung verkörpert (also ich gesellschaftliche Normen und Dogmen schon seit langer Zeit stark kritisiere und auch in Frage stelle). Trotzdessen würde ich mich jedoch anteilig mit dem Punkt 3 als auch mit dem Punkt 7 identifizieren (auch wenn ich mich ehrlich gesagt nicht zu 100% als "humanistisch" bezeichnen würde, ohne dabei selbst in eine gewisse Ambivalenz zu geraten).


    Rein grundsätzlich hasse ich es, wie die Menschheit allgemein so konstruiert ist; Alles muss nur bis auf die nötigste, vorgegebene "Norm" reduziert werden. Wir leben größtenteils in einer recht normopathischen und verblendeten Gesellschaft, welche nicht dazu fähig ist, aus den verschiedensten Perspektiven heraus nach zu denken und zu analysieren - geschweige denn, sich von einem bestehenden Schubladendenken etwas unabhängiger zu machen. Die Gesellschaft legt fest, was "gut" und was "böse" ist ...wir als Mehrheit geben vor, was als "normal" und was als "verrückt" oder "krank" durch geht. Ständig wird irgendwo irgendetwas betont, was unser klarer Leitfaden sein soll (ob jetzt nun Religion, Politik oder bestimmte Subkulturen etc.). Oftmals bin ich auch d.h der Meinung, dass sich der Mensch als vollständiges und autonomes Individuum nicht immer ganz auskostet oder entwickelt, und viele seiner ursprünglichen Potenziale unterdrückt, nur um dann irgendein anerkanntes "Bild" zu verkörpern. Genauso werden dann auch andersdenkende Menschen, welche für die Mehrheit eben nicht ganz so ersichtlich und konkret zu zuordnen sind, leider oftmals unterschätzt, unterdrückt oder als "orientierungslos" bezeichnet. ...Wer einfach in kein vorgegebenes Maß passt, geltet als seltsam und unnabahr, weil es leider nun einmal so ist, dass ein gewisser Großteil der Gesellschaft alles Unbekannte ablehnt, verdrängt oder eben schlicht tabuisiert, um sich damit dann einfach nicht mehr beschäftigen zu müssen. Der Teufel ist da z.B. ein sehr gutes Indiz im Aspekt der Religion, da er ein Modell an "Sünden" verkörpert, welche als moralisch verwerflich hervor gerufen werden; er wird praktischerweise zum sogenannten "Vorzeigekind" einer gewissen Präsenz deklariert, welche man selbst nicht sein soll - werden jegliche, moralische Auffassungen widersprochen, wird man dann eben im Rahmen bestimmter Glaubensrichtungen als "schlecht", "bösartig" oder sogar "bessessen" abgetan (...) Und so ist es auch leider in unserer Gesellschaft, welche einer universellen und idealisierten Norm frönen muss, welche bestimmte Merkmale vorgibt, nach denen man leben muss, um von einem Großteil dann überhaupt anerkannt und akzeptiert zu werden. Der reine Ursprung des Menschen hat sich m.E. nach in all diesen ganzen, vorgegebenen Strukturen der Gesellschaft verloren ...jeder möchte nur noch dem anderen überlegen und vollkommen sein, und dabei irgendetwas "verkörpern", was man vielleicht ursprünglich gar nicht ist (und falls doch, dann eben vielleicht nur anteilig), was einen mit der Zeit einfach emotional abhängig macht.


    Ich distanziere mich so dem von dieser Gesellschaft und diesem System, in welchem wir leben, weil sich diese krampfhafte Normopathie und vorgegebene Struktur, welches unser vielseitiges Sein bestimmen soll (zumindest wenn man nicht als "komisch" angesehen und deshalb ausgegrenzt werden möchte) für mich wie ein endloses, graues Gefängnis anfühlt, in welchem man nicht einfach das sein kann, was man letztendlich wirklich ist (und so wird leider auch viel Heuchelei und Täuschung heraus profoziert; wir müssen lügen, um uns nicht zu outen ...und uns sogar manchmal eine falsche Facette aneignen, welche uns vor Mobbing und Ausgrenzung schützen soll). Um es einmal voll und ganz auf den Punkt zu bringen, so stellt die Gesellschaft eine einengende Tradition und Struktur für mich dar, welches leider viel wahres Potenzial unterdrückt und reduzieren muss, nur um dann eben nicht den uns "vorgegebenen Rahmen zu sprengen".


    Ich empfinde d.h den Menschen in seiner Praxis als ein Wesen, welches sich bereits voll und ganz kastrieren musste, um dem System und blind zu gehorchen. Ich denke, würde sich diese Welt etwas weniger von irgendwelchen vorrangigen Traditionen, Strukturen, Religionen, Normen oder was auch immer abhängig machen, es auch zu weitaus weniger Unterdrückungen des eigenen Potenzials kommen würde. Denn wer nicht unmittelbar dazu gezwungen ist, sich nach irgendwelchen Erwartungen entsprechend "an zu passen", der ist dann auch meistens auf dem guten Weg zum wahren, vollkommenen Selbst (aus meiner Sicht).


    Zu guter letzt hat es Arthur Schopenhauer so ziemlich auf den Punkt gebracht: "Nur wenn man allein ist, ist man frei: Zwang ist der unzertrennliche Gefährte jeder Gesellschaft, und jede fordert Opfer, die umso schwerer fallen, je bedeutender die eigene Individualität ist."


    Dies ist mitunter der Grundbaustein meiner einmal vor Jahren angeeigneten Misanthropie. (Auch wenn noch weitaus mehr Gründe dazu gekommen sind, aber das wird mir dann jetzt auch zu überflüssig...).

    3 Mal editiert, zuletzt von Sindrokaine ()

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