Philosophie der Gier? - was wäre das!

  • Ich bin neugierig, was in euren Augen eine Philosophie der Gier wäre und ob es die gibtz.

    Abseits des Strebens nach Produktionsmaximierung und möglichst gleicher Verteilung hin zur ständigen Maximierung des garantierten Mindestkonsum,

    gibt es ja auch noch darwinistische und anarchistische bis rein kapitalistische Modelle, die zu betrachten bleiben,

    auch so manches satanistische Modell dürfte es weiterhin geben.


    Ich finde das Sublimotion bleibt als teuerstes Restaurant der Welt ein gutes Beispiel, aber Link bleibt im Spoiler, inklusive Triggerwarnung:


    Kämpfe selbst im Leid/ Kämpfe für die Zeit/ In der du bist befreit/ Und erkennst Schönheit/ In der Wirklichkeit/ Die du erstritten/ :blumen:
    "Bewerte jede Information nüchtern um zu erreichen, was dir verwehrt oder genommen wurde"

  • Aus meiner Sicht ist aus dem Zusammenhang gerissene Gier, schwer zur Disposition zu stellen. Zur Opulenz als Phänomen kapitalistischen Gesellschaften, die an ihrer eigenen Produktmaximierung zu ertrinken erscheint, was noch am ehesten dem nahekommt, was du wohl ansprichst:




    Oder um es kurz mit den Worten von Pispers zusammenzufassen: Haben Sie noch nie im Supermarkt gestanden und sich gefragt: Wer kauft den ganzen Scheiß?


    Kurzum es ist einem kapitalistischen System immanent und wird auch auf einer politischen Ebene gefördert und gefordert. Denn das Grundmodell ist ein unrealistischen humanus oeconomicus, der nur seinen eigenen Vorteil maximiert. Außerdem ist ein Wachstumsimperativ essentiell, was auch durch mehr Konsum gegengerechnet werden muss. Das Menschen nicht so funktionieren, wurde in vielen Experimenten bestätigt bspw. in Diktatorspielen.

    It is like an endless movie that has no happy end (nano - Hysteria)

    We can't undo the scars, all up and down our hearts can't forget how it felt when it all fell apart and we talk a big game like we wanna get well in our prison made of pain only fooling ourselves (Icon for Hire - Get Well II)

  • Terano Ich denke es gibt 3 Formen leicht auf reine Gier zu reduzierende Systeme

    • Materialistischer Kapitalismus ohne Streben materiellen Lohn maximal durch religiöse, psychische und soziale Ersatzformen zu minimieren
    • Planwirtschaft mit dem Ziel Produktion so rasch wie möglich immer weiter zu maximieren um ein atheistisches Konsummenschbild zu bedienen indem garantiert ein steigendes Mindestmaß an Gier erfüllt wird und größere Träume institutionelles Aufsteigen in Hierarchien und Posten erfordern
    • Anarchistisch darwinistische Besitzlosigkeit in der alles allen gehört, da so die grausamsten der Gierigen, welche am geschicktesten andere Mitglieder der Gruppe mobilisieren, sich am meisten nehmen werden dem Rest strafend halten sich zu wehren

    Das Gegenteil von Gier bleibt dann jedes System, das anstrebt materiellen Lohn möglichst durch religiösen, psychischen und sozialen Lohn zu ersetzen, weswegen für mich das extremste Beispiel von Materialismus der modernisierte Stalinismus bleibt in dem ein monströses, egoistisches Menschenbild (Maslov + Paslov) den Stalinismus nötig hält, welcher die diese Natur gezielt bedient und zugleich Maximierung im schnellsten Tempo verspricht. Das ist leider das einzige System der Geschichte, das mir einfällt, welches ideologisch und psychologisch Produktionsmaximierung für Gier zum gesunden Menschenverstand erklärte, dagegen erscheint mir noch Hershey-Kapitalismus antimaterialistischer im Ansinnen alternativ lohnend zu halten materiellen Lohn gering zu halten, was sich natürlich auch an der Wahlurne zeigt, wenn mal wieder unzählige Arbeiter betört werden die 3 anderen Lohnformen zu adeln.

    Der schlimmste bleibt der britische Kapitalismus jener Zeiten in denen arme Frauen für Hungerlohn an Schwefel- und Phosphorkesseln verschlissen wurden und Erbarmen zu nennen hatten, wenn dabei ein Produkt namens Lucifer heraus kam und massenhaft verkauft wurde, weil Armut immerhin zu bestrafen sei damit Arme noch solche Arbeit in den höllischsten Fabriken Großbritanniens annehmen, genau so wie die verhungernden Iren, welchen man kein Essen geben wollte außer sie waren noch fähig zu überleben bis sie einen Platz im Arbeitshaus hatten, während Unmengen irisches Korn nach England verschifft wurden.


    Weswegen anarchistisch darwinistische Besitzlosigkeit daneben geht, muss man nicht mal erklären, dafür reicht eine Gruppe Kinder zu beobachten und zu schauen, was heraus käme, wenn man diese Besitzlosigkeit leben lassen würde, das endet immer wieder in ähnlichen Höllen und psychischen Höllen.

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  • Ich glaube, dass diese Darstellung mehrere Ebenen vermischt.


    Gier ist bis zu einem gewissen Grad eine Eigenschaft, die alle Menschen besitzen. Und es ist natürlich auch erstmal lebenserhaltend, lebenserhaltende Güter haben zu wollen. Das ist das grundlegende Gefühl, nur wird manipuliert, was als notwendig erachtet wird. Daher kann ich der Darstellung, dass Gier mit bestimmten ideologisierten Wirtschaftsformen verbunden sei, nicht folgen.


    Ich weiß jetzt nicht, was genau anarchistisch-darwinistische Besitzlosigkeit sein soll, aber ich kann zur Frage von herrschaftsarmen bis -losen Gesellschaften und ihre erstaunlich positiven Effekte auf den Menschen nur die Studie von James C. Scott (Eine Tiefengeschichte der frühesten Staaten) empfehlen, die ausführt, dass in frühesten Zeiten Menschen außerhalb von Staaten, gesünder und wahrscheinlich besser da egalitärer lebten und deswegen auch versuchten diesen zu entkommen. Zu den Argument mit den Kindern, möchte ich das schamlos von "Im Grunde Gut" von Rutger Bregman aufgeführte Beispiel des "wahren Herrn der Fliegen" aufführen (https://www.theguardian.com/bo…shipwrecked-for-15-months). Im Gegensatz zu dem überbordenden menschengehässigen Buchs "Herr der Fliegen" zeigt diese Geschichte im Realen, dass sich keine Hölle öffnet, wenn Menschen sich ja selbst Kinder sich selber organisieren müssen. Weitere Beispiele können die Studien der Steppenvölker oder anderen Gebilden wie "das Recht als Hort der Anarchie" verweisen, wobei ich letzteres Buch bisher nur aus Rezensionen kenne, die mich aber auch recht hoffnungsvoll machen.^^

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  • Terano Ich denke wir müssen da nicht zusammen kommen, wie Steppenvölker oft mit benachbarten Völkern umgingen sobald Hunger drohte oder Gier anstieg, mag ich nicht mal beschreiben... Hauptsache mir versucht nie wieder wer das übelste Inuit-Ehemodell als human statt Männer-Exzess zu vermitteln, ich habe die Erfahrung gemacht, dass Optimisten die meisten Türen für die grausameren Psychen einer Gruppe öffnen und kann mir einig Freundinnen aus entsprechenden Arbeitsbereichen die Hand schütteln, dass da eine Menge den Bach runter gegangen ^^

    Besitzlose Gruppen funktionieren allerdings immer wieder über Jahrhunderte bis Jahrtausende recht gut, wenn schützende Hemmungen gestärkt werden und Geben statt Gier geadelt, da gibt es allerdings vor allem hochreligiöse Gruppen die stur seit Jahrtausenden recht ähnlich leben und niemals ganz untergegangen sind :D

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  • ch denke wir müssen da nicht zusammen kommen, wie Steppenvölker oft mit benachbarten Völkern umgingen sobald Hunger drohte oder Gier anstieg

    Ich kenne nur das Beispiel des chinesischen Reiches und da bleibt schon die Frage, wer denn wessen Territorium immer wieder invadierte und dann sagte: Ich bin jetzt hier. Wenn dann diese Gruppen auf unfruchtbare Länder zurückgeworfen waren, nicht mehr die Sammel- und Weidegründe erreichen konnten, die tradiert waren, und deswegen Hunger litten, wunderte man sich, dass sie zurückkamen und zumindest Nahrung forderten. Dabei war das Bevölkerungswachstum nicht einmal in diesen Gebieten zu verzeichnen, weswegen es meist eine recht stabile Bevölkerung war, die in die Verzweiflung getrieben wurden. Um es mit olle Brecht zu sagen: Erst kommt das Fressen, dann die Moral.


    Ich weiß nicht, was das Inuit-Ehemodell ist, da ich keine Studie dazu gelesen habe, das mit Steppenvölkern zu tun hat oder sonst so.


    Hochreligiöse Gruppen sind meist selber hierarchisch und implizit herrschaftlich strukturiert. Das Jamestown-Massaker oder Omu Shinrikyo zeigt, was Religion sogar Hochreligion ohne regulierende Gesellschaft anrichten kann.

    Natürlich gibt es das Phänomen des sozial-religiösen Tabus, der Ahnenverehrung und des damit verbundenden Kinships und des sozial-religiösen Spiels die sehr erprobt für herrschaftslose Gesellschaften sind. Ich würde das allerdings als vieles benennen aber nicht als Hochreligion, mehr noch im üblichen Diskurs werden diese Phänomene sogar eher den "primitiven Religionen" zugerechnet.

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  • Hm... ob Ungarn oder Inuit, Mongolen oder Wüstenvölker, Iberer oder Hunnen, teilweise jüdische Chasaren oder, hm,... also allerlei Völker rühmen sich und rühmten sich innerhalb, besonders oft Steppenvölker, die gesamte Geschichte ist voller Beispiele davon, dass Steppenvölker und weitere Extremzonenvölker eine besondere Anpassung an die in Extremzonen üblichen Notzeiten entwickelten:

    Plündert nicht hier, Söhne, eventuell auch Töchter, so oder sterben viele,

    dann zieht mal schön dahin wo ihr wenigstens keinen von uns umbringt

    und vielleicht Güter, Land und Frauen erobert oder verleidet uns zu ärgern!


    Ich werde immer positive Menschenbilder mittragen, aber niemals optimistische,

    denn im Zweifel morden Menschen in Not lieber beim Nachbarvolk als in der Familie,

    das wird auch immer so bleiben, ein wenig wie im Stalinismus,

    der aus Konkurrenznot in seiner Disfunktionalität unzählige Kulturen auslöschte,

    all zu oft auch genozidal in Todesmärschen und Höllenlagern auslöschte,

    die an sich 10x besser funktionierten, weil sie statt materiellen Lohn eher Psyche, Soziales und Religion bedienten.


    Das größte Übel bleiben Atheisten, die unbedingt bestimmte Dinge noch zu Lebzeiten sehen wollen,

    und dafür die Produktion und den Materialüberschuss um jeden Preis so schnell wie möglich dahin bewegen müssen, das ergibt nur Holodomor und Co, sowie in allen 3 schlechtesten Gesellschaftsformen den schlechteste Weg.


    Herz will belohnt bleiben, daher ist immer günstig antimaterialistische Haltung über Psyche, soziales und Religion zu belohnen, denn dann kippt die Waage leichter dahin dies lohnend zu finden, am schlechteste bleibt ein Biomodell als vernünftiges Glück zu definieren, welches zwangsläufig über materiellen Konsum erfüllt werden muss und höchstens über materielle Reflexlehre... ach, ich bleibe dabei, dass nichts je den Materialismus der UDSSR ausgestochen hat, denn da wollten ständig alte Atheisten noch unbedingt was erleben und dafür Staatsbillionen und mehr verballern, man denke nur an die Hungerrationen, welche phasenweise in Polen zur Verfügung standen und wie immer wieder überall realer Mangel herrschte, obwohl das BIP durchaus astronomisch war, das passiert halt, wenn Pyramiden gebaut werden, aber unbedingt zu Lebzeiten fertig werden müssen.

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  • Das größte Übel bleiben Atheisten, die unbedingt bestimmte Dinge noch zu Lebzeiten sehen wollen,

    Ufff, ich teile durchaus Kritik an der UDSSR, aber der obige Satz löst doch etwas eine allergische Reaktion aus. Wenn Atheisten das Problem sind, dann was ist mit: Kreuzzügen, Dschihads, Steinigungen, Verbrennungen, Raub von Reichtümern durch die Kirchen der Welt, Missionierungszügen mit dem Schwert, christlich begründete Sklaverei (womit nicht geleugnet werden soll, dass es auch andere gab), dem KKK, aber ja auch die tatsächlich originalen Pyramiden, die immerhin auch religiöses Symbol waren, usw. usf. Aus meiner Sicht macht es keinen Unterschied, ob der Mensch mit dem gekrönten Haupt nun religiös ist oder nicht. Es sind genug Verbrechen im Namen des Staates, egal ob nun dediziert religionslos oder religiös begangen worden.

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  • Ich biete mal Altenpflege als Vergleich an:

    Es ist völlig egal ob für atheistische oder theistische Ziele gemordet wird,

    aber arbeite mal in der Altenpflege oder habe Freunde im Betreuungsbereich.


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  • Kannst du dir nicht vorstellen, dass die verbreiteten, abscheulichen Auswirkungen von Atheismus bei Betreuten in der Altenpflege und Pflege psychisch Kranker sich nicht als Faktor auf Staatssysteme übertragen lassen?

    Ich denke, dass du gerade von deinen persönlichen Erfahrungen (ja auch wenn ergänzt durch Erzählungen deiner Freundinnen) versuchst auf das Allgemeine zu extrapolieren ohne dafür eine Grundlage zu haben. Am Ende geht es darauf zu: Ich persönlich kenne viele menschlich miese Atheisten, daher sind alle Atheisten unmoralisch (korrigiere mich bei dem Adjektiv gerne, wenn ich dich da missverstehe).


    Ich könnte jetzt in der Frage der Staatlichkeit auch auf den Iran, Saudi-Arabien, Vatikanstadt oder Andorra, argumentativ die USA zur Zeit, verweisen, um nur offensichtliche Beispiele zu erwähnen, warum auch religiöse Staaten, unmoralische Aktionen durchführen können.

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  • Terano Können wir nicht bei Thema bleiben? Du hast doch sicher weitere Gier-Philosophien neben dem produktionsmaterialistischen Stalinismus und darwinistisch anarchistischer Besitzlosigkeit im Kopf, die du einbringen magst, es bleibt zwar so, dass immer lohnt, wenn als Ideal Gier nach Materiellen gedämpft wird und das mit den anderen möglichen Lohnformen lohnend gehalten wird, aber prinzipiell reicht, wenn das sozial und psychisch belohnt wird, religiös ist ja höchstens Bonus indem Menschen sich auf Reichtum im Nachleben sowie religiösen Leben freuen und davon zehren, aber das muss nicht sein.


    Mir würde noch Marc Aurel einfallen, der viel von Tugenden redete und letztlich überall Schlupflöcher einbaute um allerlei Materialismus zu integrieren. Bestimmt kennst du Marc Aurel!

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