Wie steht ihr zum Thema Abtreibung?

  • Ein vermutlich sehr heikles Thema, welches ich bewusst unter Zwischenmenschliche Beziehungen und nicht unter Politik eröffne. Ich finde bei dieser Diskussion den zwischenmenschlichen Aspekt deutlich wichtiger als den politischen.


    Wie denkt ihr persönlich über das Thema? Findet ihr Abtreibungen in Ordnung, sollten sie nur in bestimmten Situationen durchgeführt werden oder gehören sie in euren Augen vielleicht sogar verboten?
    Ich freue mich sehr auf eine sachliche Diskussion und bin gespannt auf eure Meinungen!

    "You can’t set yourself on fire to keep others warm."

  • Nicht in Ordnung finde ich, wenn man absichtlich unvorsichtig ist oder das Thema Verhütung nicht ernst nimmt. Nach dem Motto werde ich Schwanger kann ich es ja noch beseitigen lassen..
    Ansonsten denke ich das jede Frau das Recht haben sollte diese Entscheidung selbst zu treffen.
    Ob man letztendlich mit dieser Entscheidung leben kann ist die Frage.


    Ob es moralisch okay ist ein Kind nicht heranwachsen zu lassen, weil es gerade einfach nicht so gut ins Leben passt ist fraglich. Aber auch das muss jeder mit sich ausmachen können. Ich denke wenn man ohne einen bestimmten, wichtigen Grund abtreibt wird einen das irgendwann einholen.


    Diese Entscheidung zu treffen ist für die meisten aber sehr schwer und nach diesem Schritt sind viele nicht gerade glücklich. Diese Frauen sollte man unterstützen und Ihnen nicht das gefuehl geben was furchtbares gemacht zu haben.

  • Ich denke Abtreibung ist etwas sehr persönliches und hat immer einen trifftigen Grund. Zwar halte ich jegliches Leben grundsätzlich für schützenswert, würde aber niemals eine Abtreibung verurteilen, ohne die Hintergründe zu kennen. Ich habe größtes Verständnis für Abtreibungen, wenn die Mutter z.B. sehr jung ist oder - noch schlimmer - die Schwangerschaft aus einer Vergewaltigung entstand. Aber auch psychische oder physische Erkrankungen können ein ausreichender Grund sein.

    When you can't find the words to say,
    it's hard to make it through another day.
    And it makes me want to cry,
    and throw my hands up to the sky.
    -Adrian Smith-

  • Jedes Leben ist schützenswert. Das unterschreibe ich so bedingungslos.
    Aber: Ist ein Leben geschützt, wenn es von einer überforderten oder kranken Mutter großgezogen wird? Ist es geschützt, wenn es eigentlich gar nicht gewollt ist? Wird es geschützt und bedingungslos geliebt, wenn es durch eine Vergewaltigung entstand? Das sind die Fragen, die ich mir stellen würde, wäre ich in einer solchen Situation. Kann ich für das Kind sorgen, es bedinungslos lieben und schützen? Bin ich gesund genug, um Sorge zu tragen und die Nerven zu bewahren, auch wenn es mich zum 50. Mal fragt, warum es keinen Keks kriegt oder ich die Vase im Wohnzimmer zum 10. Mal ersetzen muss? Bin ich bereit mein Leben bedingungslos auf das Kind auszulegen, ohne es später mal zu bereuen?
    Wenn ich auch nur eine Frage davon mit Nein beantworten müsste, wäre für mich eine Abtreibung notwendig.


    Es klingt schrecklich... aber dem entstehenden Leben ist kein Gefallen damit getan, wenn es geprügelt, niedergemacht und nicht geliebt wird, nur weil man eingetrichtert bekommen hat, dass Abtreibungen böse sind.
    Erst heute sah ich eine Mutter, die ihr Kind verbal in Grund und Boden stampfte bis es weinte, nur weil es beim Einkaufen etwas ungefragt in den Einkaufswagen tat. Ich finde solche Verhaltensweisen und deren Folgen tausend Mal schlimmer als eine Abtreibung.


    Mutter zu sein bedeutet unendlich viel Verantwortung und Kraft. Es ist keine Schande sich selbst einzugestehen, dass man (noch) nicht bereit dazu ist.

    "You can’t set yourself on fire to keep others warm."

  • Schwierig...


    Bis vor einigen Wochen hätte ich nur ja zu einer Abtreibung gesagt, wenn das Leben und die Gesundheit von Mutter oder Kind auf dem Spiel stehen würden.
    Aber, ich stand jetzt selber vor der Befürchtung schwanger zu sein. Es war pure Leichtsinnigkeit die mich in diese Situation gebracht hat. Und grade jetzt eröffnen sich mir Möglichkeiten im Berufsleben, von denen ich ein Leben lang nur zu träumen wagte! Obendrein hätte ich allein vor der Aufgabe gestanden, da der Erzeuger der Meinung ist, das ihn das alles nichts angeht. Und ganz ehrlich, Aufgrund meiner Depris hätte ich mir das z.Z. kaum bis gar nicht zugetraut! Eine Abtreibung im herkömmlichen Sinne wäre nicht in Frage gekommen. Allerdings hätte ich mir von Frauenarzt eine entsprechende Pille für den Abbruch (nur bis zur 9. SSW erlaubt) geben lassen.


    Ergo: Ich urteile nicht mehr über Frauen, die eine Abtreibung vornehmen lassen! Erst wenn ich die Hintergründe kenne, dann bilde ich mir meine Meinung.

    "Die schwierigste Aufgabe, die jeder Mensch zu bewältigen hat, ist die, nie aufzugeben."
    Ernst Ferstl

  • Was mich so stört ist, dass eine Abtreiung generell als böse dargestellt wird, sodass kaum jemand der die Erfahrung gemacht hat darüber redet. Ich habe mich mal intensiv mit der Thematik beschäftigt und viel im Internet gelesen. Dort waren Frauen, die Erfahrungsberichte von ihrer Abtreibung veröffentlicht haben und regelrechte Shitstorms als Reaktion bekamen.
    Ich muss sagen, bei diesem Thema sind mir unsere holländischen Nachbarn
    wesentlich lieber als das, was zumeist in Deutschland verbreitet wird. Dort wird das Thema viel offener und lockerer behandelt. Frauen müssen weniger Angst haben darüber zu sprechen und bekommen auch wirklich gute Unterstützung.


    Meiner Meinung nach sollte das jeder für sich selbst entscheiden, solange vorher eine ausführliche Aufklärung stattfand. Ob und wie man das schließlich verarbeiten kann, weiß natürlich vorher niemand. Aber auch die eigene Einstellung kann sich in der entsprechenden Situation drastisch ändern. Ich hab schon erlebt wie sich "Abtreibung ist Mord" plötzlich in "Ich kann das nicht, es muss weg" umschwenkte, weil auf einmal eine ungewollte Schwangerschaft vorlag.

  • Möchte vorwegnehmen, dass ich weder der Meinung bin, es gibt eine "gute" Antwort oder "richtige" Lösung zu dem Thema. Und zweitens, dass ich selber hin- und herpendle. Es sind eher ein Haufen Fragen, die je nach Situation vielleicht beantwortet werden können, in die eine oder andere Richtung.


    Zitat

    Jedes Leben ist schützenswert. Das unterschreibe ich so bedingungslos.

    Sehe ich nicht so. Mücken, Zecken, Pestbakterien usw. können von mir aus getrost aussterben. Auch Stalin&Hitler hätte es nie geben müssen. Bitte jetzt nicht mit den Augen rollen; ich führe das nur an um zu zeigen, dass in meinen Augen das alles relativ ist.


    Wo fängt Leben an? Oder schützenswertes Leben? Ist eine befruchtete Eizelle "Leben"? Und wenn ja, ist sie schützenswert? Wann fangen die sich teilenden und differenzierenden Zellhaufen an, ein Mensch zu werden? Gibt es da eine Grenze? Falls nein, dann ist die einzige Konsequenz: jede Abtreibung ist Mord. Punkt.


    Falls es eine Grenze gibt, wann wird sie überschritten? Meiner Meinung nach ist eine befruchtete Eizelle kein schützenswertes Leben. Klingt vielleicht krass. Eine Zelle kann nicht fühlen, denken, Schmerz empfinden, trauern. Oder? Ich werde es nie wissen, man wird es nie wissen, aber ich gehe einfach davon aus. Mehr nicht. Allerdings ist das, was nach ein paar Schwangerschaftswochen immer noch abgetrieben werden darf, sehr viel menschlicher. Man kann das schlagende Herz erkennen, den Kopf, usw. Ist das immernoch kein schützenswertes Leben, oder doch schon Mord? Keine Ahnung. Meinem Gefühl nach will ich besser nicht darüber nachdenken, ob es ok ist, dass in diesem Stadium abgetrieben werden darf...


    Zitat

    wenn das Leben und die Gesundheit von Mutter oder Kind auf dem Spiel stehen würden


    Zitat

    wenn es durch eine Vergewaltigung entstand


    Würde ich für mich beides als Gründe ansehen, dass eine Abtreibung vertretbar wäre. Allerdings habe ich Menschen kennengelernt, die durch eine Vergewaltigung "entstanden" sind. Diese waren heilfroh, am Leben zu sein, Leben zu dürfen; und sie genießen ihr Leben.


    Das alles berührt den Bereich: wann dürfen wir töten? Und dürfen wir darüber überhaupt entscheiden, ob etwas lebenswert ist? Wer sind wir, dass wir richten dürfen? Und selbst wenn man eine Antwort auf diese Fragen finden würde, wäre die praktische Umsetzung, bei allem, was über ein "resolutes nein" hinausgeht, immer fehlerhaft und moralisch fragwürdig. Für mich geht es auf jeden Fall über ein resolutes nein hinaus, weshalb ich keine Antworten mit Allgemeingültigkeit noch nicht mal für mich formulieren kann.


    Ich weiß nur zwei Sachen: ich kenne Leute, die froh sind, am Leben zu sein (wie oben beschrieben). Und ich kenne Leute, die es nicht stören würde nie geboren oder abgetrieben worden zu sein (mich z.B.); für die Existenz eine Strafe ist und Zeugung ein Verbechen. Das blöde ist nur, dass man die betroffene befruchtete Eizelle nicht fragen kann; sie bleibt uns die Antwort schuldig und wir tappen weiter im Dunkeln.

    Gegenwart: Jener Teil der Ewigkeit, der den Bereich der Enttäuschung von jenem der Hoffnung scheidet.

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