Corona und der Umgang mit uns Mitarbeitern im Einzelhandel.

  • Hach, was wurde seitens der Arbeitgeber und Handelsketten getönt. "Natürlich schätzen wir sehr, was unsere Mitarbeiter gerade leisten! Geradezu unmenschliches! Das muss belohnt werden!"


    Natürlich wurde all das medienwirksam inszeniert. "Wir werden 20 Millionen Euro an unsere Angestellten ausschütten.", hieß es beispielsweise bei der REWE.


    "Bis zu 1500€ zusätzlich!" hieß es in diversen Berichten.


    Aber wie so oft sehen Realität und Wirklichkeit dann doch etwas anders aus.


    Lidl Deutschland bspw schüttet hierzulande bis zu 250€/Mitarbeiter aus. In Frankreich sind es 1000€/Kopf. Real überreicht jedem Mitarbeiter einen Gutschein in Höhe von 100€. Und REWE? Tja. Wir kriegen bis zu 400€ Guthaben auf unsere Mitarbeiterkarte. Anders: 400€ für Marktleiter, 200€ für Vollzeitkräfte, Teilzeitangestellte bekommen anteilig weniger und Minijobber 50€. Und 50% aller Beschäftigten im Einzelhandel gehen komplett leer aus.



    Eine tolle Geste. :) Da fühlt man sich gleich verarscht. Oh, sorry. Wertgeschätzt natürlich!


    Noch als FunFact: Der Bund der Einzelhändler hat explizit darum gebeten, dass die Bonuszahlungen steuerfrei ausgezahlt werden können, damit das Geld so zur Verfügung steht. Dem wurde auch stattgegeben. Trotzdem bekommen wir das Geld nur auf die Mitarbeiterkarte.


    Wird ja immer besser: "Metro Deutschland hat ebenfalls bereits im März in einem Rundschreiben an die Mitarbeiter*innen eine Warengutschrift im Wert von 100 Euro angekündigt. Diese Warengutschriften werden mit den Einkäufen in den Märkten ab April verrechnet. Beispielsweise bei einem Kauf im April für insgesamt 80 Euro, werden dann 80 Euro mit der Gehaltsabrechnung im Mai ausgezahlt. Wenn im Mai für weitere 20 Euro eingekauft wird, werden diese mit der Juni-Gehaltsabrechnung ausgezahlt."


    Bis zu 1500€ Bonus.

    "Ich bin ein wirklicher Mensch, aus Fleisch und Knochen, aus Nerven und Flüssigkeit – und man könnte vielleicht sogar sagen, dass ich Verstand habe. Aber trotzdem bin ich unsichtbar – weil man mich einfach nicht sehen will. Wer sich mir nähert, sieht nur meine Umgebung, sich selbst oder die Produkte seiner Phantasie – ja, alles sieht er, alles, nur mich nicht." - Ralph Ellison.

    2 Mal editiert, zuletzt von Remedy91 ()

  • Willst du etwa sagen, dass Klatschen in den ersten ein bis zwei Wochen von den Balkonen reicht nicht als Anerkennung für Mitarbeiter im Einzelhandel?


    Das sollte doch reichen, dafür dass die Mitarbeiter jeden Tag Kontakt mit unzähligen Personen hatten und haben und damit sich selbst und Familie etc. gefährden, während viele andere sich und andere zu Hause schützen konnten (und sich darüber auch noch beschweren)
    Dafür, dass Sie weiterhin freundlich zu völlig verrückten Kunden, die sich um Klopapier kloppen, geblieben sind.
    Dafür, dass Sie jetzt teilweise mehrere Stunden am Stück einen Mundschutz tragen um Kunden zu schützen um dann auf dem Nachhause Weg in der Bahn neben Menschen stehen, die keinen Mundschutz tragen, weil diese das für 10 Minuten Bahn fahren für unzumutbar halten, und damit andere gefährden.
    Dafür, dass Sie sich während ihrer Arbeit von Kunden vorwerfen lassen müssen, dass sie hinter einer Plexiglasscheibe den Mundschutz ablegen um einen Schluck Wasser zu trinken?
    Dafür, dass diese Mitarbeiter zu jeder Zeit dafür gesorgt haben, dass wir alle nicht in Panik verfallen müssen, weil wir vermutlich am nächsten Tag alle verhungern. usw. usw.


    Ich habe mich in der letzten Zeit nicht mehr so viel mit diesen Dingen beschäftigt, weil ich es nicht ertragen kann und es mir nicht gut gut.
    Es ist ja leider nicht nur im Einzelhandel so.
    Im Gesundheitswesen sieht das ja ganz ähnlich aus. Anfänglich war die Rede von Bonuszahlungen. Dann wollte die aber gar keiner zahlen. Nun bekommen scheinbar zumindest Mitarbeiter der Altenpflege eine Bonuszahlung, für die Krankenpflege muss das Klatschen reichen. Für Menschen, die man zum Teil ohne oder mit völlig ungeeignetem Schutzmaterial zu infektiösen Patienten schickt. Die haben sich den Beruf ja selbst ausgesucht, dann sollen sie jetzt nicht meckern und sich eben anstecken. Ist doch super, dann können die immer noch mit Covid betroffenen arbeiten, die können sie ja nicht mehr anstecken.
    Danke RKI auch für diese und andere grandiose Art der Wertschätzung.


    Und systemtrelevant ist dann auch schnell wieder vergessen. Ist es ja jetzt schon.
    Leider betrifft das immer die Berufe, die wirklich relevant sind und in denen sich die Mitarbeiter wahrscheinlich über Bonuszahlungen tatsächlich freuen würden, weil es aufgrund des sonst eher geringen Einkommens viel Geld ist.


    Hauptsache Millionen in die Lufthansa stecken.
    Ich denke es ist auch viel wichtiger in den Urlaub fliegen zu können, wie täglich Nahrungsmittel und andere Dinge zu Verfügung zu haben. (ja klar, Luftverkehr ist auch nicht nur für den Urlaub da) Dann kann man ja einfach verreisen, wenn in den Supermärkten nichts mehr zu finden ist wenn die Mitarbeiter im Einzelhandel mal die Nase voll hätten und die Läden nicht mehr am laufen halten.



    Das zeigt halt doch relativ eindeutig, was für wirklich wichtig und relevant gehalten wird. Der Einzelhandel scheint es nicht zu sein. Und auch andere, meiner Meinung nach wichtige, Bereiche scheinen es nicht zu sein.

    "Sometimes I remember the darkness of my past
    Bringing back these memories I wish I didn't have
    Sometimes I think of letting go and never looking back
    And never moving forward so there'd never be a past
    "
    (Linkin Park - Easier to run)

  • Da ich auch im Einzelhandel tätig bin, ist der Thread hier für mich durchaus Interessant.


    Grundsätzlich interessiert es mich wenig, dass der Bonus das Kurzarbeitergeld kaum ausgleicht.
    Und was soll's, dass ich durch Kurzarbeit ordentlich Minusstunden aufgebaut habe, die ich wieder abarbeiten muss.


    Von den Kunden fange ich erst gar nicht an, mit den ich debattieren muss.
    Dass der Mundschutz Pflicht ist u.s.w
    Diese Dinge im einzelnen, verwundern oder verunsichern mich kaum.


    Es ist einfach, dieses "Jeder denkt für sich" und eben nicht "Gemeinsam schaffen wir das."
    Was mich jetzt die Welt mit ganz anderen Augen sehen lässt.


    Wir hatten es echt nicht leicht auf Arbeit und haben stark unterbesetzt,
    den Normalen Betrieb an laufen gehalten.
    Die Umsätze sind Konstant geblieben und das ist auch gut.
    Aber durch den ganzen Stress, kam halt auch Mal negative Kritik von Kunden (nicht unbedingt gerechtfertigt)
    Und da mussten wir reden und antwort für stehen.


    Es ist so unglaublich wie in so einer Situation, einfach alles komplett entgleist.
    Damit meine ich Menschlich, es sind ca 25 % der Menschen halbwegs vernünftig gewesen. Egal ob Mitarbeiter oder Kunden. Davon waren Ca. 10 % Vorbildlich.
    Der Rest war einfach unterkante Oberlippe.


    Mir macht in so einer Situation echt nicht das Virus sorgen(oder was auch immer das auch sein soll)...

    ...

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