Danke für das Lob @Trevor :)
Der Todeswunsch von so jemanden, ohne ernsthafte Krankheiten, ist schlicht und einfach zu respektieren. Das bedarf keinerlei Diskussionen.
Man ist so schon laufend von Anderen abhängig, unter deren Kontrolle! Dann muss man es sich auch noch gefallen lassen, sich das Sterben wollen verbieten zu lassen, von irgendwelchen inkompetenten Pfeifenköpfen, die einen als psychisch krank deklarieren? Ja, spinn ich denn komplett, oder was. So etwas nennt man, mündige Bürger, die bei vollkommen klarem Verstand sind, Zwangs zu Bevormunden. Jemand meint besser über alles Bescheid zu wissen, als der Betroffene selber. Was für ein Witz.Deine Aussage würde ich trotz allem mit Vorsicht genießen, denn ja! ich stimme dir zum großen Teil definitiv zu.
Jemandem das Sterben zu verbieten ist - um es hart auszudrücken - ein Witz.
Allerdings hat der Staat und die Regierung eine Art "Schutzauftrag" gegenüber den Bürgern. Deswegen gibt es ja auch die Polizei, das Militär, medizinische Versorgung usw.
Keiner wird mir widersprechen, wenn ich sage, dass diese Einrichtungen durchaus ihren Sinn haben - Dinge wie Mord und Gewalt, Raub etc. sollen ja nicht um sich greifen und die Menschen, die hier leben, sollen das ja auch gern tun. Sicherheit ist ein Grundbedürfnis der Menschheit (vgl. Bedürfnispyramide nach Maslow) und der Staat sorgt dafür, dass dieses Bedürfnis erfüllt wird.
Der Staat sorgt aber nicht nur für die Sicherheit der Allgemeinheit, nein, er kümmert sich durch unser System auch um den Einzelnen. Jeder der einen begründeten Antrag auf eine Psychotherapie bei seiner Krankenkasse einreicht, wird diesen früher oder später bewilligt bekommen. Es gibt haufenweise Hilfsangebote für Beschwerden aller Art - und ein großer Teil kann über die Krankenkasse abgerechnet werden. Ich halte fest: Wer Hilfe sucht, der wird auch Hilfe finden.
Nun kann es aber dennoch passieren, das Menschen trotz Therapie, trotz Medikation, trotz Hilfe jeglicher Art einen Suizidversuch unternehmen. Genau für diesen Fall gibt es die Pflicht der Hilfeleistung.
Beobachtet beispielsweise jemand einen Autounfall ist er verpflichtet Hilfe zu rufen und selbst soweit es ihm möglich ist, ohne sich akuter Gefahr auszusetzen, zu helfen. Tut er das nicht, macht er sich strafbar. Gleiches gilt zum Beispiel für einen Passanten, der einen anderen auf einer Brücke entdeckt, der im Begriff ist sich hinunter zu stürzen.
Ich finde dieses Gesetz wichtig und gut. Ohne wenn und aber.
Wo genau liegt jetzt also die Zwickmühle mit dem Suizid?
Ich glaube (und das ist jetzt wirklich nur meine persönliche Meinung zu diesem Thema!) die Definition von einem "gesunden und in seiner Entscheidung völlig freien" Menschen ist etwas, das wahnsinnig schwer ist.
Denn: Wer definiert denn den Begriff "normal" oder "gesund"? Dass das irgendjemand machen muss ist klar, aber wo setzt man die Grenze zwischen krank und gesund?
Die muss es ja irgendwie geben, sonst gäbe es ja beispielsweise keine Indikatoren für Borderline, von denen man fest fünf von neun haben muss, um die Diagnose nach dem ICD-10 (Aufschlüsselungssystem der WHO für medizinische Diagnosen) zu bekommen.
Ich möchte dich hier noch einmal zitieren Trevor:
Zitat von TrevorWill ich bei vollkommener Gesundheit, freiwillig aus dem Leben scheiden, brauche ich niemanden der mir da dumm reinquatscht, und schon gar niemanden der meint es mir verbieten zu müssen, warum auch immer. Mein Wille, meine Entscheidung, geht fremde Personen schlichtweg einen Scheißdreck an. Das ist eine ganz einfache Sache.
Angenommen du bist bei vollkommener Gesundheit, nach allgemein geltender Definition und es wäre genau so, wie du es in deiner Aussage beschreibst. Dir wäre es erlaubt ohne weiteres zu sagen "Ich möchte sterben, denn das ist mein Wunsch und mein freier Wille."
Das würde also ohne weiteres möglich sein und keiner würde es infrage stellen. Für dich in genau diesem Augenblick klingt das vielleicht gerecht - doch mir drängt sich folgende Frage auf:
Bereits eine leichte depressive Verstimmung reicht aus, um als "psychisch krank" zu gelten. Egal welche Symptome man nun einhergehend hat, sie wären völlig irrelevant.
Man hat mit dem Eintrag in seiner Krankenakte das Recht auf Suizid damit verwirkt. Punkt.
Jetzt stelle ich mir vor wie es wäre, wenn eine Person beispielsweise an Krebs erkrankt ist und unter dem Einfluss starker Opiate steht, um die Schmerzen erträglich zu machen. Allein die Diagnose Krebs ist ja schon eine Krankheit, dennoch befürworten viele Menschen die Legalisierung aktiver Sterbehilfe für unheilbar erkrankte Menschen. Dazu zählen u. a. Patienten mit Krebs im Endstadium. Unabhängig davon ob diese Patienten nun bewusstseinverändernde Medikamente bekommen, hätten sie aufgrund deiner Überlegung ebenfalls ihr Recht auf Suizid verloren.
Verstehst du worauf ich hinaus will?
Ich denke eine einheitliche und feste Grenze im Punkt Suizid oder Sterbehilfe zu ziehen, ist utopisch.
Vielmehr bin ich der Meinung dieses "Recht auf das Sterben" auf Antrag des Einzelnen zu überprüfen und gemeinsam den Austausch zwischen Betroffenen und Helfern zu fördern. Im Klartext heißt das, dass die aktive Sterbehilfe - unabhängig welchen Grund dem Antrag des Betroffenen zugrunde liegt! - nach eingehender Prüfung der Umstände und eindringlicher Kommunikation beider Parteien stattgegeben werden kann.
Darunter würden im Idealfall Präzedenzfälle wie die von 95-jährigen Menschen fallen, die seit einem Jahr künstlich am Leben erhalten werden, obwohl die Patientenverfügung anderweitig bestimmt wurde. Oder einem Krebskranken, der in absehbarer Zeit sterben wird, aber lieber einen "würdevollen" Tod bevorzugt. Oder eben auch die beispielsweise psychotische 45-jährige ungebundene Frau, die für sich beschlossen hat mit dieser Krankheit nicht mehr weiter leben zu wollen.
Das Leben ist ein sehr wertvolles Geschenk, egal wie unfair und schwierig es manchmal ist.
Ich finde jeder sollte das Recht darauf haben sein Leben so zu gestalten wie es ihm lieb ist - solange die Freiheit des Anderen dadurch nicht eingeschränkt wird.
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